Kindlicher Spracherwerb in mehrsprachigen Familien

Angelika Grimm, Annette Schneider, Joachim Schwalbach, Ralf WehkeDbllogo

  • Vorteile mehrsprachiger Erziehung
  • Beratung und Unterstützung für Eltern

Dieser Beitrag greift häufig gestellte Elternfragen auf und versucht, Ihnen Hinweise zu geben, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können, mehr als eine Sprache zu lernen.

Welche Vorteile hat mehrsprachige Erziehung?

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung spricht mehrere Sprachen. Auch in Deutschland leben immer mehr Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Mehrsprachigkeit kann für die Kinder eine große Chance bedeuten und für die allgemeine sowie die berufliche Entwicklung ein Vorteil sein.

Kinder lernen mit einer zweiten Sprache auch eine zweite Kultur kennen. Unterstützen Sie deshalb als zweisprachige Familie beide Sprachen, damit ein wichtiger Teil der Herkunft Ihrer Familie erhalten bleibt.

In der Regel haben Kinder, die zwei- oder mehrsprachig aufwachsen, mit dem Erwerb der Sprachen keine Schwierigkeiten. Im Gegenteil: Unabhängig davon, welche Sprachen ein Kind im Vorschulalter erwirbt, kann sich dies vorteilhaft auf den Erwerb weiterer Sprachen auswirken.

Welche Sprache soll Ihr Kind sprechen?

Kinder lernen am besten mehrere Sprachen, wenn mit ihnen häufig in den verschiedenen Sprachen gesprochen wird. Wichtig ist auch, dass die Gesprächspartner gute Sprachvorbilder sind. Dies gilt auch für die Eltern.

  • Als Eltern sollten Sie in der Sprache mit Ihrem Kind sprechen, die Sie am besten beherrschen und in der Sie sich am sichersten fühlen (in vielen Fällen ist das die Muttersprache).
  • Dies gilt auch, wenn Sie als Mutter und Vater verschiedene Muttersprachen sprechen (beispielsweise Mutter Türkisch, Vater Russisch). Sie stärken damit die Fähigkeit Ihres Kindes, sowohl Russisch als auch Türkisch zu lernen, weil Ihr Kind in beiden Sprachen Sprachanregung erhält. Die deutsche Sprache kann und soll dort gelernt werden, wo das Kind entsprechende Sprachvorbilder trifft, beispielsweise im Kindergarten oder bei Freunden.
  • Für das gemeinsame Gespräch aller Familienangehörigen können Sie eine Familiensprache bestimmen.

Zwingen Sie Ihr Kind nicht, Deutsch zu sprechen, aber geben Sie ihm die Möglichkeit, Deutsch zu lernen. Kinder benutzen häufig die Sprache, die sie besser können oder die ihnen wichtiger ist. Welche Sprache das Kind bevorzugt, kann sich im Laufe der Sprachentwicklung verändern.

Wenn beide Eltern in der Familie ihre nicht-deutsche Muttersprache sprechen, hilft es Ihrem Kind, wenn es frühzeitig im Kindergarten oder mit Freunden aus der Nachbarschaft Deutsch lernt.

Auch wenn Ihr Kind zum Zeitpunkt des Kindergarteneintritts noch nicht Deutsch spricht, sprechen Sie weiterhin zu ihm in Ihrer Muttersprache. Sie unterstützen so den Spracherwerb in beiden Sprachen, weil gute Fähigkeiten in der Erstsprache eine vorteilhafte Basis für den Erwerb des Deutschen bilden.

Wie lernt Ihr Kind die verschiedenen Sprachen?

Eine Sprache zu lernen braucht Zeit. Gemeinsame Aktivitäten bieten dem Kind die Gelegenheit, Sprachen spielerisch und mit Spaß zu erlernen. Schauen Sie mit Ihrem Kind Bilderbücher an, lesen Sie ihm vor, erzählen Sie Geschichten, singen und spielen Sie gemeinsam, sprechen Sie über Erlebtes. Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Kind.

Zu Beginn kann es bei Ihrem Kind öfter zu Sprachmischungen kommen. Diese gehören zur normalen Entwicklung, sollten jedoch im Laufe der Zeit nachlassen.

Sie selbst sollten möglichst bei einer Sprache bleiben.

Fernsehen als Sprachangebot reicht nicht aus, weil Ihr Kind im gemeinsamen Kontakt und gegenseitigen Austausch sprechen und Sprachen lernt. Mit einem Fernseher kann man sich nicht unterhalten.

Ermöglichen Sie Ihrem Kind Kontakte zu Personen, die die weniger geübte Sprache sprechen, um auch diese lebendig zu halten (beispielsweise durch Besuche bei den Großeltern).

Wenn Sie selbst eine positive Einstellung zu allen für Ihr Kind wichtigen Sprachen haben, fällt es auch Ihrem Kind leichter, diese Sprachen zu lernen.

Wie können Sie Ihr Kind allgemein beim Spracherwerb unterstützen?

Ihr Kind lernt am besten, wenn Sprechen Spaß macht und nicht als anstrengend empfunden wird. Hilfreich ist es, in Alltagssituationen und beim Spielen mit ihm zu reden. Üben Sie nicht mit Ihrem Kind.

Wichtig ist, was Ihr Kind sagt, und nicht so sehr, wie es etwas sagt.

Nehmen Sie Ihr Kind ernst, indem Sie:

  • mit ihm spielen
  • ihm zuhören,
  • Ihr Kind aussprechen lassen,
  • in vollständigen, aber nicht zu komplizierten Sätzen wiederholen, was es gesagt hat. Sie zeigen Ihrem Kind damit, dass Sie es verstanden haben und bieten ihm so ein korrektes Sprachvorbild

Ungünstig ist es, mit dem Kind zu üben, es zu korrigieren oder es zum Nachsprechen aufzufordern.

Zusätzlich können Sie Ihr Kind beim Lernen der deutschen Sprache unterstützen, indem sie ihm vermitteln, dass sowohl die Muttersprache als auch Deutsch wichtig sind. Beispielsweise können Sie einen Sprachkurs besuchen, um selbst im Alltag mit anderen Deutsch zu sprechen und Ihrem Kind zu zeigen, dass mehrere Sprachen wichtig sind.

Sie sollten sich beraten lassen, wenn

  • Sie sich Sorgen um die Sprachentwicklung Ihres Kindes machen,
  • Sie unsicher im Umgang mit den verschiedenen Sprachen sind,
  • es im Kindergarten oder in der Schule Probleme mit den Sprachen gibt,
  • Ihr Kind sich über längere Zeit weigert, mit anderen Personen zu sprechen.

An wen können Sie sich wenden?

  • Sprach- und Hörberatungsstellen
  • Logopäden
  • Kinderärzte
  • Erziehungsberatungsstellen
  • Interkulturelle Einrichtungen

Weitere Sprachen

Dieser Text wurde als Faltblatt "Kindlicher Spracherwerb in mehrsprachigen Familien" vom Bundesverband für Logopädie herausgegeben und ist in folgenden Sprachen erhältlich

Quelle

Herausgeber: Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V., Augustinusstr. 11A, 50226 Frechen.
Text/Inhalt: A. Grimm, A. Schneider, J. Schwalbach, R. Wehke: Mitarbeiter der Sprachberatungsstelle Berlin-Reinickendorf, Teichstr. 65, 13407 Berlin

Stand: 1. Auflage Januar 2016

Das Faltblatt wird hier mit freundlicher Genehmigung übernommen.

eingestellt am 09. März 2016

 

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