Religiöse Symbole als Zimmerschmuck

Dr. Angela M. T. Reinders
Reindersangela

 

 

 

Farben prägen den Jahreskreis auch des kirchlichen Jahres und ihrer Liturgie. Symbole weisen über sich hinaus und sind weit mehr als nur Deko. Wie setzt man Bild- und Farbensprache so ein, dass sie eine religiöse Erziehung unterstützen? Sehgewohnheiten können Kinder im Glauben prägen

Kinder wie Erwachsene werden durch Zeichen und Symbole tiefer geprägt als durch Wissensinhalte, die man ihnen in einem Unterricht vermittelt. Deshalb haben sich auch in den Religionen Zeichen und Symbole entwickelt, mit denen die Beziehung zu Gott erlebbar und erkennbar wird.

Früher waren in den meisten katholischen Haushalten ein Kreuz, Heiligenbilder oder Weihwasserkessel selbstverständlicher Bestandteil der Einrichtung. Damit war es alltägliche Erfahrung, das Leben auf Gott auszurichten.

Sind solche Zeichen veraltet? Welche Möglichkeiten gibt es, in den Wohnungen christliche Symbole erfahrbar werden zu lassen? Welche Farben, Anlässe, Rhythmen bieten sich an?

Vor kurzem half ich meinen mittlerweile alten Eltern dabei, die Küchenwände frei zu räumen; ein Elektroanschluss musste repariert werden. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich, als ich auf einen Stuhl kletterte, um ein Kruzifix über der Küchentüre herunterzunehmen. Es muss da gehangen haben, seit ich selbst Kind war, und wurde wohl nur zum Anstreichen heruntergenommen. Hätte man mich gefragt, ob in der Küche meines Elternhauses ein Kreuz hing, ich hätte die Frage vielleicht verneint: Es war mir dort nie bewusst aufgefallen. Unbedingt bejahen allerdings würde ich, dass ich zu Hause im Glauben groß wurde, dass Gott immer da ist, so wie auch meine Eltern „immer für mich da“ waren.

Glauben bezeugen

Es ist biblisch, die Botschaft Jesu „von den Dächern zu rufen“ (Mt 10,27) und „Rechenschaft über die eigene Hoffnung“ zu geben. Zu dieser Rechenschaft gehört auch das Zeugnis „unter dem Dach“. In jedem Haushalt, den man betritt, erfährt man schnell etwas darüber, was den Menschen, die darin leben, Orientierung gibt. In christlichen Häusern spiegelt es die Atmosphäre des Familienlebens, wenn die Räume auf den religiösen Traggrund hinweisen und das religiöse Jahr nachempfinden – das evangelisch ähnlich ausgestaltet ist wie katholisch.

Den Konsumzwang unterwandern

„Man kann doch auf die Dauer nicht leben von Kühlschränken, Politik, Finanzen und Kreuzworträtseln. Man kann es einfach nicht. Man kann doch nicht leben ohne Dichtung, ohne Farbe, ohne Liebe“, sagte der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry.

Was die Wahl des Kühlschranks und die der Kreuzworträtselzeitschrift angeht, so lässt sich in der Tat keine tragfähige Lebensphilosophie darauf bauen. Die Farbklänge der Geschichte Gottes mit den Menschen und die Liebe Gottes und der Menschen zueinander sind es, die ein Mensch religiös „bewohnen“ will.

Zudem gibt es – trotz aller christlich angestrebten Unabhängigkeit von Besitz – auch für Christinnen und Christen die Möglichkeit, sich sinnvoll an Dinge zu binden. Die Gesellschaft ist heute von Mobilität geprägt. Man darf nach dem Diktat einer so gestalten Gesellschaft sein Herz an nichts hängen, an keinen Ort und kein Ding – denn morgen schon kann man anderswo arbeiten und dazu mit dem ganzen Haushalt umziehen müssen, morgen schon kann etwas anderes Trend sein als der ganze Kram, den man gestern erst gekauft hat.

Dagegen verhindert eine Bindung an Dinge, die einem wert sind, weil sie Erinnerungen bergen oder ein Band zu demjenigen knüpfen, der sie geschenkt hat, das saisonweise Auswechseln des kompletten Schrankinhalts. Das Konfirmationskreuz, geerbt von Tante Lilli, mag in keiner Weise dem Mainstream entsprechen und hat dennoch unschätzbaren Wert. Die Kerze, die Onkel Heinrich am Mont St Michel kaufte und dort in der Kirche weihen ließ, ist verstaubt und die Farbe völlig daneben – kein Mitglied der Familie könnte sie „entsorgen“, ohne damit einen Teil von sich selbst aufzugeben. Menschen mit solchen Bindungen sind für die Kassen von Interieur-Kaufhäusern kaum etwas wert – aber für die Gesellschaft, in der sie leben, umso mehr.

Ein Dekokalender, der dem kirchlichen Jahr folgt, erteilt dem Dekodiktat des Einzelhandels eine Absage. Im September ist eben nicht Weihnachten, im Februar eben nicht Ostern. Wer sich von den Vorgaben des Marktes nicht beeindrucken lässt – und diese Unbeeinflussbarkeit auch, schwer genug, beim gemeinsamen Einkauf mit den Kindern an den Nikolaus- und Schokohasenregalen vorbei durchsetzt -, pflegt eine „Kultur der Gleichzeitigkeit“. Sie vermittelt den Kindern, dass sie sich nicht so schnell außer Puste jagen lassen müssen: Sie müssen nicht Hase und Igel gegen die Zeit spielen, sie dürfen ihrem Lebensrhythmus folgen und sich an den Rhythmus anschmiegen, den der gelebte Glaube der ganzen Familie ruhig vorgibt.

Gestaltungsideen rund um das Kreuz

Besonders in süddeutschen Bauernhäusern hat an herausragender Stelle der so genannte „Herrgottswinkel“ Tradition. Meist über dem Esstisch der Wohnung hängt das Kreuz mit dem Christuskorpus, bisweilen auch mit Heiligenbildern umrahmt. Solche Heiligenbilder erinnern an das Vorbild und den Schutz durch einen Familien- oder Namenspatron, der in der Familientradition besonders geehrt wird.

Kreuze hängen in vielen christlichen Wohnungen über der Eingangstür. Eine Familie kann sogar aus Holz, Ton oder in Mosaiktechnik ein eigenes Familienkreuz gestalten. Es ist ein sinnvoller Brauch, zur Geburt bzw. zur Taufe, wenigstens zu Kommunion oder Konfirmation ein Kreuz zu schenken. Das ganz persönliche Kinderkreuz findet dann seinen Platz im Kinderzimmer und kann entsprechend der Jahreszeit „mitleben“: Am Palmsonntag werden in der Kirche „Palmzweige“ geweiht, die daran erinnern, wie Jesus in Jerusalem einzog und die Kinder der Stadt ihm mit Palmwedeln zuwinkten. Im Sommer wird das Kreuz gern zusätzlich mit frischen Blumen geschmückt. In der katholischen Liturgie wird das Kreuz am fünften Sonntag der Passionszeit vor Ostern verhüllt; sind die Kinder älter und erfahren beispielsweise im Kommunionunterricht etwas dazu, kann man diesen Brauch zu Hause nachvollziehen.

Weitere Gestaltungsideen für den religiösen Zimmerschmuck ergeben sich aus den liturgischen Farben des Kirchenjahres und aus den Festanlässen.

Farben des Kirchenjahres

Farbe

Hauptzeit im Familienleben das Jahr hindurch

Bedeutung

evangelisch

katholisch

violett

Adventszeit, Passionszeit vor Ostern

Dunkelheit, Stille, Buße, Umkehr

Adventszeit, Passionszeit vor Ostern, Bußtag (November)

Adventszeit, Passionszeit vor Ostern, Sakrament der Buße/Beichte

weiß Frühjahr, auch Weihnachten

Reinheit, Licht, Freude

alle Christunsfeste, Weihnachten bis Epiphanie (6. Januar), Gründonnerstag, Ostern bis Himmelfahrt, Geburt Johannes des Täufers (24. Juni), Michaelis (29. September),

Ewigkeitssonntag (Sonntag vor dem Ersten Advent des neuen Kirchenjahres),

Taufe

dem Ersten Advent des neuen Kirchenjahres), Marien- und Heiligenfeste,Taufe

rot Sommer, auch Weihnachten Blut, Feuer, Liebe

Pfingstfest, Reformationstag (31. Oktober), Apostelfeste,

Märtyrerfeste,

Kirchweih- und Missionsfeste,

Konfirmation

Pfingstfest, Palm-
sonntag, Karfreitag

Apostelfeste, Märtyrerfeste,

Firmung

grün Frühsommer Leben, Wachstum, Hoffnung Sonntage nach Epiphanias (ab 6. Januar), letzte drei Sonntage der Vorfasten-Zeit (drei Sonntage vor Aschermittwoch), Trinitatiszeit bis zum vorletzten Sonntag im Kirchenjahr zweiter bis vorletzter Sonntag im Jahreskreis (zwei Wochen vor dem Ersten Advent des neuen Kirchenjahres, sozusagen der Kirchenjahresalltag)

 

 

 Die „Paramentik“ ist die Kunst, diese Farben in Textilien für den Gebrauch in der Liturgie, der gottesdienstlichen Feier, umzusetzen. Von dieser Kunst kann man sich für zu Hause einiges abgucken. Auch in anderen Materialien (Blumen, Papier, Kerzen, bemalte Steine etc.) lassen sich die Farben aufnehmen, die ein Fest oder einen Anlass im Jahreskreis prägen.

Ein religiöser Dekokalender

Erster Advent

Mit diesem Datum, nicht etwa schon mit dem ersten Printenpäckchen im September, beginnt der weihnachtliche Festkreis. Der Adventskranz wird auf einem Tisch aufgestellt, an dem sich die Familie zum gemeinsamen Singen versammeln kann. Es gibt die originellsten (und teuersten!) Lösungen für einen Adventskranz – in einem Haushalt mit Kindern muss eine hypergestylte Anschaffung gar nicht sein: Je kleiner die Kinder sind, umso lieber mögen sie einen ganz gewöhnlichen, runden Tannenkranz mit Kerzen am liebsten in kräftigem Rot. Von einem deutschsprachigen Verlag, der Fensterbild- Adventskalender herausgibt, stammt die Anregung, passend dazu einen „Kiesel-Weg“ auf Weihnachten zu auszulegen.

24. Dezember

Die Christnacht ist das Weihnachtsdatum. Erst an diesem Tag ist ein Tannenbaum der „echte“ Genuss, ob nun heimlich oder gemeinsam mit den Kindern geschmückt. Seien Sie sparsam mit Elchanhängern, greifen Sie eher in Lichtern (Hinweis auf Christus selbst), Glaskugeln (Zeichen der Vollkommenheit, aber auch der Zerbrechlichkeit des Lebens) und schmückendem Beiwerk auf festnahe Symbole am Baum zurück. Süßigkeiten erzählen vom großen Geschenk, das Gott mit Jesus Christus der Welt gemacht hat und aus dem sich das Leben von nun an speist.Die Krippe wird aufgebaut. Die drei Könige stehen auf dem Krippentisch, aber noch entfernt von der Krippe. Von jetzt an bewegen sie sich bis zum 6. Januar auf die Krippe zu, jeden Tag ein kleines Stück.

6. Januar

In der westlichen christlichen Liturgie ist es das Datum der „Erscheinung des Herrn“ oder auch „Heilige Drei Könige“, die heute bei der Krippe – auch bei der zu Hause – eintreffen

2. Februar

In der katholischen Liturgie „Darstellung des Herrn“, Maria und Josef tragen ihr Baby vor Gott in den Tempel. Traditionellerweise ist dieser Tag, auch „Mariä Lichtmess“ genannt, das Ende der Weihnachtszeit und Termin, den Weihnachtsbaum abzuräumen. Es ist zugegeben nicht die reine Freude, einen trockenen Baum im Zimmer stehen zu haben, der schon nadelt, ohne dass das Krabbelkind noch an den unteren Zweigen rupft – räumen Sie Ihren Baum also ruhig schon früher weg, aber lassen Sie sich wenigstens bis hierhin keinen Osterhasen aufschwatzen.

Aschermittwoch

Die Luftschlangen von der Karnevals- oder Faschingszeit werden allesamt rigoros weggeräumt. Partyeier sind im Angebot, aber sollten bis Ostern „verlorene Eier“ sein und erst dann den Weg auf den Küchentisch finden. Kargheit und Stille überwiegen. Von einem niederländischen Verlag stammt der Tipp, in dieser Zeit einen Passionsweg zu gestalten, einen großen Stein an der Oberseite schwarz und an der Unterseite golden zu bemalen. Steine weisen auf den Leidensweg Jesu hin. Am Ostermorgen wird der große Stein umgedreht, nun liegt die goldene Seite oben und verweist auf die Auferstehung und das Leben. Ein Nachmittag kann dafür vorbehalten sein, dass die Familie gemeinsam die Osterkerze gestaltet.

Ostern

Die Dekoration darf jetzt „in die Vollen“: Viel frisches Grün, Blumen, Hasen, Osternester mit Eiern und Schokolade … Da viele „weltliche“ Symbole in das christliche Fest eingeflossen sind, ist hier der Fantasie kaum eine Grenze gesetzt.

15. Mai

„Kalte Sophie“, letzter der Namenstage der Heiligen, die als „Eisheilige“ bezeichnet werden. Nach diesem Termin ist kein Nachtfrost mehr zu erwarten und die bepflanzten Blumenkästen werden auf Fensterbank und Balkon gestellt.

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15. August

Nach katholischer Liturgie, zum Teil auch in evangelisch geprägten Regionen, wird der Tag der Aufnahme Mariens in den Himmel gefeiert. Die Legende vom Tod Mariens
erzählt, dass im ihrem Grab nur noch duftende Kräuter lagen, als die Apostel es am Tag nach ihrem Tod öffneten. Ihr Leib war in den Himmel aufgenommen worden. Auch im Haus der Familie kann ein frisches Bündel selbst gepflückter Kräuter (Wermut, Kamille, Schafgarbe, Tausendgüldenkraut, Johanniskraut, Pfefferminze, Holunder, Königskerze und Getreide) darauf hinweisen, dass die ganze Welt bei Gott aufgehoben ist.

EndeSeptember/ Anfang Oktober

Zum Erntedankfest gestaltet man einen besonderen Platz, z. B. den Raum um das Familienkreuz, mit Herbstblättern, Früchten (Kastanien, Mais …, Getreidehalme), die die Familie im Wald gesammelt hat, und, für Geübte, mit Heutieren.

November

Durch besondere Erinnerungsstücke, die in diesem Monat im Haus einen herausgehobenen Platz erhalten, wird das Totengedenken in diesem Monat unterstützt, das die Familie z. B. auch durch den Besuch am Grab ausdrückt.

Links zum Thema

Hier finden Sie mehr zu religiösem Brauchtum in christlicher Perspektive und zum kirchlichen Festjahr

Literatur

  • Herrmann Garritzmann/Leopold Haerst/Heinrich Heming u. a., Durch das Jahr – durch das Leben. Hausbuch der christlichen Familie, Kösel Verlag, München 2000
  • Markus Tomberg, Hallo Mini. Infos für Ministrantinnen und Ministranten, Herder Verlag, Freiburg/Basel/Wien 2002 mit Linkliste, in der es viel Wissenswertes rund um den Jahreskreis zu entdecken gibt
  • Angela Reinders, Kinder brauchen Gott. Wie man Kindern Vertrauen in das Leben schenkt, Pattloch Verlag, München 2001
  • Angela Reinders, Das Kirchenjahr (Themenhefte Gemeinde 6/2004), Bergmoser + Höller Verlag, Aachen

Autorin

Dr. Angela M. T. Reinders, Jahrgang 1965, Dipl.-Theologin, Redakteurin beim Bergmoser + Höller Verlag AG, Aachen

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Erstellt am 19. November 2002, zuletzt geändert am 11. Dezember 2014

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