Die Hausgeburt
Vivian Weigert
Bis vor kurzem hatte die Geburt zu Hause einen schlechten Ruf: Sie galt als gefährlich und unvernünftig. Umfangreiche, neue wissenschaftliche Erhebungen beweisen aber, dass es heute für ein Baby im eigenen Zuhause genauso sicher ist, zur Welt zu kommen, wie in jedem Krankenhaus. Die alten Argumente gegen den gemütlichsten Geburtsort der Welt sind damit endgültig widerlegt.
Vor allem in den größeren Städten erlebte die Hausgeburt seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Renaissance. Es waren zunächst in erster Linie kritisch eingestellte, selbstbewusste Frauen oder auch Frauen mit schlechten Klinikerfahrungen, die sich darauf besannen, dass Babys auch sehr gut daheim zur Welt kommen können. Parallel dazu ist die Zahl freiberuflicher Hebammen stark angestiegen.
Die Hausgeburt – dank couragiertem Engagement, vermehrter Erfahrung und verbesserter Ausrüstung – ist auch bei unvorhergesehenen Komplikationen sehr viel sicherer geworden. In vielen Großstädten gibt es beispielsweise einen Neugeborenen-Notdienst. Diese “fahrenden Brutkästen” werden auch eingesetzt, wenn ein Baby von einer privaten Entbindungsklinik in eine Kinderklinik gebracht werden muss.
Die Vorteile der Hausgeburt
In der vertrauten Atmosphäre ihres Heims können viele Frauen besser entspannen und die Geburt ihres Babys als einen festlichen Höhepunkt in ihrem Leben erfahren. Mutter und Baby stehen ganz im Mittelpunkt – ihre Bedürfnisse und Wünsche müssen nicht dem Klinikbetrieb untergeordnet werden. Die Geburt findet im Kreis der Familie statt – Geschwister und nahe Freunde sind nicht ausgeschlossen – und der Vater ist von Anfang an voll in die Versorgung des Neugeborenen einbezogen.
Die Hebamme ist nicht fremd und steht während der ganzen Zeit der Geburt und auch in der ersten Zeit danach voll zur Verfügung. Oft bleibt der Kontakt über Monate erhalten (z.B. Stillberatung). Übrigens: Ebenso wie bei der Geburt in der Klinik übernimmt die Krankenkasse alle anfallenden Kosten (medizinische Betreuung, Pflegemittel, Haushaltshilfe) für die Geburt selbst und für die Wochenbettzeit.
Die Nachteile
Wer sich eine Hausgeburt wünscht, muss mit viel Kritik und wenig Verständnis rechnen, vor allem von frauenärztlicher Seite. Zumindest können veraltete Argumente gegen diesen Geburtsort heute jedoch mit stichfesten Statistiken widerlegt werden (siehe "Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe - QUAG e.V.). Außerdem: Teil-Anästhesie zur Schmerzbetäubung (PDA) ist zu Hause nicht möglich, Hausgeburtshebammen verfügen stattdessen über wirksame Alternativen.
Für wen ist die Hausgeburt geeignet?
Hausgeburten sind möglich für Frauen ohne vorhersehbare Geburtsrisiken wie z.B. schwangerschaftsbedingter Gesundheitsstörungen (EPH-Gestose, extrem niedriger Hb-Wert, Nierenschwäche), ungewöhnlicher Geburtslage (Querlage, ungünstige Art der Beckenendlage), zu tief liegender Plazenta (Placenta praevia) und anderer mit dem Arzt bzw. der Hebamme zu klärender Faktoren.
Die Hebamme
Die Hausgeburtshebamme Ihrer Wahl ist gut erreichbar. Sie steht Ihnen bereits während der Schwangerschaft für Vorsorgeuntersuchungen zur Verfügung, nimmt sich Zeit für alle Ihre Fragen, macht rechtzeitig vor der Geburt einen Besuch bei Ihnen daheim und gibt Ihnen Tipps für Ihre häuslichen Vorbereitungen. Auch während Ihrer Wochenbettzeit wird sie für Sie da sein. Sie finden eine Hebamme über das Branchenverzeichnis oder das Gesundheitsamt.
Mehr über Hausgeburt finden Sie auf den Websites des Deutschen Hebammenverbandes e.V. und der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe - QUAG e.V.
Literatur
Vivian Weigert, Dr. med. Wolf Lütje (2013): Das große Mama-Handbuch: Alles über Schwangerschaft, Geburt und die ersten 10 Monate mit Baby. Kösel-Verlag, München.
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Autorin
Vivian Weigert ist Gründungsmitglied der Münchner Beratungsstelle für Natürliche Geburt und Elternsein e.V., seit dem Jahr 2000 leitet sie dort die Eltern-Baby-Beratung. Außerdem ist sie als Baby-Osteopathin und Homöopathin in eigener Praxis tätig.
Kontakt
Vivian Weigert
Beratungsstelle für Natürliche Geburt und Elternsein e.V.
Erstellt am 15. Februar 2002, zuletzt geändert am 13. April 2015