Jetzt verstehen wir uns! – 10 goldene Regeln für die Kommunikation in der Familie

Rita Steininger
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Kommunikation ist der Schlüssel zu jeder guten Beziehung – das gilt insbesondere für ein harmonisches Miteinander in der Familie. Wichtige Gesprächsregeln können helfen, die Kommunikation in der Familie gezielt zu verbessern, nicht nur die zwischen Eltern und Kindern, sondern auch zwischen den Eltern.

Machen Sie als Mutter oder Vater öfter die Erfahrung, dass Ihre Worte beim Kind oder beim Partner nicht richtig ankommen? Oder dass in einem anfangs friedlichen (Familien-) Gespräch plötzlich schlechte Stimmung aufkommt? Dann wäre es vielleicht gut, einmal über das eigene Kommunikationsverhalten nachzudenken: Wie gehe ich mit den Menschen um, die mir am nächsten stehen? Verhalte ich mich konstruktiv und gelingt es mir, im Gespräch den richtigen Ton zu treffen?

Erfolgreiche Kommunikation ist gewiss kein Kinderspiel, sondern eine Kunst, die erlernt und geübt sein will. Hier erfahren Sie, auf welche Regeln es bei Gesprächen innerhalb der Familie besonders ankommt. Näheres zum Thema finden Sie darüber hinaus im Buch Eltern lösen Konflikte. So gelingt Kommunikation in und außerhalb der Familie (siehe Literaturhinweis am Ende des Artikels).

  1. Mit dem Kind ins Gespräch kommen
    Kinder sind in ihrer Gesprächsbereitschaft genauso unterschiedlich wie Erwachsene. Die einen plaudern munter über alles, was ihnen durch den Kopf geht. Den anderen fällt es schwer, aus sich herauszugehen und ihren Eltern zu sagen, was sie gerade beschäftigt. Da sind auch typische Ermunterungen im Stil von „Jetzt erzähl doch mal!“ nicht sehr förderlich – im Gegenteil, sie blockieren den Gesprächseinstieg nur. Anstatt Ihr Kind zum Reden zu drängen, sollten Sie besser Aufnahmebereitschaft signalisieren, vor allem durch Ihre Körpersprache: Manchmal genügen schon ein aufmerksamer Blick und ein Kopfnicken, um dem Kind Mut zu machen. Oft hilft auch ein sogenannter „Türöffner“, ein Gespräch in Gang zu bringen, zum Beispiel ein einleitender Satz wie „Lass dir ruhig Zeit, ich höre zu.“
     
  2. Aktiv zuhören
    Fängt das Kind von einem Erlebnis zu erzählen an, sollten Sie nicht nur gut zuhören, sondern ihm zwischendurch auch rückmelden, wie Sie seine Ausführungen verstanden haben. Fassen Sie Ihr Feedback möglichst in eigenen Worten zusammen und gehen Sie auch auf die Gefühle des Kindes ein. Wenn Ihr Nachwuchs beispielsweise von einem Streit mit einem Freund berichtet, könnten Sie ihm antworten: „Da seid ihr wohl heftig aneinander geraten. Und das macht dich traurig.“ Damit bekunden Sie Ihrem Kind nicht nur Ihre Anteilnahme, sondern ermutigen es auch zum Weitersprechen, weil es sich mit seinen Gefühlen verstanden weiß. Auch in den Gesprächen mit Ihrem Partner kann dieses so genannte „aktive Zuhören“ sehr hilfreich sein.
     
  3. Keine fertigen Lösungen anbieten
    Allerdings fällt das aktive Zuhören vielen Eltern schwer. Sie sind es zu sehr gewohnt, Ratschläge zu erteilen und fertige Lösungen anzubieten. Mit solchen Reaktionsweisen drängen sie das Kind (oder den Partner) jedoch in die Defensive und behindern es (ihn) in seinem Bestreben, eine eigene Lösung zu finden. Halten Sie deshalb Ihre Meinung zurück, wenn Ihr Gesprächspartner ein Problem anspricht. Lassen Sie ihn stattdessen zu Ende reden. Damit geben Sie ihm die Chance, im Lauf des Erzählens eigene Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
     
  4. Sich stimmig verhalten
    Oft machen Eltern die Erfahrung, dass ihre Kinder einfach nicht auf sie hören wollen. Das liegt meistens daran, dass sie sich nicht stimmig verhalten: Ihr Tonfall, ihre Mimik und ihr Verhalten stimmen nicht mit dem überein, was sie sagen. Lächeln Sie also nicht, wenn Sie Ihrem Sprössling etwas im Ernst vermitteln wollen – sonst widersprechen Sie sich selbst. Wenn Ihr Kind beispielsweise wütend ist und Sie es mit lächelnder Miene und sanfter Stimme ermahnen: „Aua, hör bitte auf, nach mir zu schlagen!“, dürfen Sie nicht damit rechnen, dass das Kind auf Ihre Bitte eingeht. Denn mit Ihrer Mimik und Ihrem Tonfall signalisieren Sie ihm: „Ich meine es ja gar nicht so!“
     
  5. Blick- und Körperkontakt herstellen
    Um Ihrem Kind deutlich zu machen, dass Sie es ernst meinen, sollten Sie Ihre Aussagen nicht nur stimmig zum Ausdruck bringen, sondern Ihr Kind dabei auch anschauen und anfassen. Gehen Sie als Erstes auf Augenhöhe mit Ihrem Kind. Nehmen Sie Blickkontakt auf und fassen Sie Ihr Kind bei den Händen oder an den Schultern. Damit signalisieren Sie ihm: „Ich befasse mich jetzt nur mit dir, mit nichts und niemandem sonst.“ Das verleiht Ihrer Botschaft die nötige Deutlichkeit und Festigkeit.
     
  6. Statt Fragen klare Aussagen formulieren
    Wenn Sie Ihrem Kind etwas vorschlagen wollen, tun Sie es möglichst nicht in Form von Fragen wie dieser: „Möchtest du mit mir ‚Elfer raus’ oder ‚Mensch-ärgere-dich-nicht’ spielen oder lieber nach draußen gehen?“ Vor allem kleinere Kinder sind mit mehreren Wahlmöglichkeiten oft überfordert. Die Folge ist, dass sie sich nicht entscheiden können, ihre Meinung ständig ändern und die Eltern mit ihren Launen tyrannisieren. Reduzieren Sie deshalb Ihr Angebot auf zwei oder sogar nur eine einzige Möglichkeit und formulieren Sie statt einer Frage lieber eine klare Aussage: „Ich möchte mit dir gern ‚Elfer raus’ spielen.“
     
  7. Ich-Botschaften senden
    Bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Partner oder dem Kind neigen viele Menschen dazu, vorwiegend Du-Botschaften zu formulieren. Das Ungute daran ist, dass in Du-Sätzen oft Vorwürfe und Herabsetzungen zum Ausdruck kommen, die den Gesprächspartner sehr verletzen können. Ich-Botschaften dagegen bringen Gefühle und Wünsche zum Ausdruck und sind insofern wesentlich effektiver. Vergleichen Sie selbst, welche Formulierung wohl besser ankommt: „Du alter Faulpelz, tu endlich was!“ oder „Ich brauche dringend deine Hilfe!“.
     
  8. Über das eigene Gesprächsverhalten reden
    Auseinandersetzungen kommen natürlich in den besten Familien vor. Selbst bei bester Absicht passiert es hin und wieder, dass ein Gespräch außer Kontrolle gerät. Tritt ein solches Ereignis ein, sollten Sie das Gespräch fürs Erste abbrechen und warten, bis sich die Erregung auf beiden Seiten gelegt hat. Danach nehmen Sie das Gespräch wieder auf. Doch schneiden Sie nicht wieder das strittige Thema an, sondern sprechen Sie darüber, wie Sie vorher im Streit miteinander umgegangen sind. Legen Sie dabei Ihre Gefühle und Motive offen: Warum habe ich mich so verhalten? Was wollte ich damit bezwecken? In welcher Verfassung war ich? Das schafft Verständnis füreinander und hilft, den Konflikt auf vernünftige Weise zu lösen.
     
  9. Äußerungen nicht einseitig interpretieren
    In Gesprächen (vor allem zwischen Erwachsenen) passiert es nicht selten, dass eine Bemerkung ganz anders aufgefasst wird, als sie eigentlich gemeint war. Wie die Kommunikationspsychologie herausgefunden hat, liegt das daran, dass sich im Grunde jede beliebige Äußerung auf verschiedene Weisen deuten lässt. Wenn Ihr Partner beispielsweise zu Ihnen sagt: „Unser Kind war heute richtig unverschämt zu mir!“, so bezieht sich diese Äußerung zunächst natürlich auf die Tatsache, dass sich das Kind schlecht benommen hat. Die Bemerkung lässt jedoch noch weitere Interpretationen zu, etwa diese: „Du kümmerst dich zu wenig darum, dem Kind ein ordentliches Benehmen beizubringen.“ Oder diese: „Ich bin heute nicht in der Verfassung, die Ungezogenheit unseres Kindes zu ertragen.“ Oder diese: „Du solltest das Kind für sein schlechtes Benehmen zurechtweisen!“ So entstehen leicht Missverständnisse, wenn man sich nicht auf derselben Bedeutungsebene begegnet. Um unnötigen Ärger zu vermeiden, sollten Sie die Äußerungen Ihres Gesprächspartners daher nicht einseitig interpretieren (sie beispielsweise nur als Vorwurf werten), sondern stets daran denken, dass es noch andere Deutungsmöglichkeiten gibt.
     
  10. Regelmäßige Gespräche in der Familienrunde führen
    Kinder sollten von klein auf die Erfahrung machen, dass sie als Gesprächspartner ernst genommen werden. In diesem Sinne hat der Psychologe Rudolf Dreikurs vor Jahrzehnten das Konzept des „Familienrats“ entwickelt: Zu einem festgelegten Zeitpunkt der Woche kommt die ganze Familie zusammen und berät über Themen, die alle Familienmitglieder betreffen, etwa über eine bevorstehende Urlaubsreise oder die Aufgabenverteilung im Haushalt. Ein wichtiges Merkmal des Familienrats ist, dass alle Teilnehmer gleichberechtigt sind. Entscheidungen sind nur dann gültig, wenn sie einstimmig getroffen wurden. Der Familienrat ist damit ein wertvolles Instrument, mit dem schon Kinder lernen können, Verantwortung zu übernehmen und im Gespräch an einer einvernehmlichen Lösung mitzuarbeiten.

Das Buch zum Thema

Rita Steininger (2006): Eltern lösen Konflikte. So gelingt Kommunikation in und außerhalb der Familie, Klett-Cotta.

Dieses Buch stellt bewährte Kommunikationsmodelle und -methoden vor, mit denen Eltern ihr Gesprächsverhalten effektiv verbessern können. Kleine Tests und Übungsbeispiele erleichtern die praktische Umsetzung.

Literatur

  • Dreikurs, Rudolf; Shirley Gould; Raymond J. Corsini (2003): Familienrat. Klett-Cotta.
  • Gordon, Thomas (1989): Familienkonferenz. Heyne.
  • Satir, Virginia (2002): Selbstwert und Kommunikation. Klett-Cotta.
  • Schulz von Thun, Friedemann (1981): Miteinander reden. Störungen und Klärungen. Rowohlt.
  • Watzlawick, Paul; Janet H. Beavin; Don D. Jackson (2000): Menschliche Kommunikation. Huber.

Weiter Beiträge der Autorin hier in unserem Familienhandbuch

Autorin

Rita Steininger arbeitet als freie Lektorin und Sachbuch-Autorin mit den Schwerpunkten Gesundheit, Erziehung und Entwicklungsförderung. Sie ist Mutter von zwei Söhnen.

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Erstellt am 2. Juli 2007, zuletzt geändert am 6. November 2013
 

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