Antibiotika bei Kindern – Weniger ist mehr!

Kerstin Blum

Das Gesicht glüht, die Nase läuft, der Husten quält. Mehrere Erkältungen im Jahr, mit oder ohne Fieber, sind nichts Außergewöhnliches bei Kindern. Wenn auch noch das Ohr anfängt zu schmerzen und das Kind eine Nacht lang durchweint, ist für viele Eltern klar: So bald wie möglich zum Arzt, damit er etwas verschreibt, das schnell hilft. Der versteht das Drängen auf rasche Abhilfe oft so: Bitte ein Antibiotikum!

Tatsächlich erhielten im Jahr 2009 38 Prozent aller Kinder und Jugendlichen ein Antibiotikum. Bei den Drei- bis Sechsjährigen waren es sogar über 50 Prozent. Und dabei geht es in Deutschland ganz unterschiedlich zu. Während in manchen Gegenden nicht einmal 20 Prozent der Kinder Antibiotika erhalten, sind es in anderen fast drei Mal so viele. Wie hoch die Verordnungsrate in Ihrer Region ist, erfahren Sie auf Faktencheck-Antibiotika-Regional.

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Antibiotika helfen – aber nicht gegen alles!

Antibiotika töten Bakterien ab oder hemmen sie in ihrem Wachstum. Deswegen sind sie so wertvoll für den Einsatz gegen gefährliche bakterielle Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Keuchhusten oder Scharlach.

Antibiotika sind aber wirkungslos gegen Krankheiten, die von Viren verursacht werden. Sie wirken nicht gegen Husten, Schnupfen, Halsschmerzen oder Grippe, denn diese werden in 80 % der Fälle von Viren hervorgerufen. Auch Mittelohrentzündungen sind in den meisten Fällen virale Infekte und daher kein Anlass für eine sofortige Antibiotika-Therapie.

Auch wenn ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen, die ein Antibiotikum erhielten, es wegen einer Atemwegserkrankung bekamen: Die Leitlinien, in denen die medizinischen Fachgesellschaften die normalerweise richtige Behandlung beschreiben, raten von Antibiotika bei diesen Krankheiten ab. Nur selten kommt zu einer Virusinfektion noch eine bakterielle hinzu – erst dann kann ein Antibiotikum sinnvoll sein.

Unnötige Antibiotika-Einnahme: Ein Risiko für Ihr Kind und uns alle

Antibiotika können Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, und Durchfall hervorrufen, da sie auch nützliche Darmbakterien angreifen. Nach einer Antibiotika-Einnahme müssen sich diese erst allmählich wieder ansiedeln. Auch Hautausschläge und ein erhöhtes Allergierisiko werden als Folge von häufiger Antibiotika-Einnahme vermutet.

Hinzu kommt: Bakterielle Erreger gewöhnen sich an Antibiotika. Gängige Antibiotika wirken oft nicht mehr. Es muss auf spezialisierte Reserve-Antibiotika ausgewichen werden, die schweren Fällen vorbehalten sein sollten. Die Gefahr besteht, dass irgendwann keine wirksamen Antibiotika mehr zur Verfügung stehen.

Faktencheck Gesundheit bietet Tipps für Eltern

Gemeinsam mit dem Berufsverband für Kinder- und Jugendärzte hat Faktencheck Gesundheit Tipps zusammengestellt, wie Sie die Beschwerden Ihres Kindes bei Erkältung und Ohrenschmerzen auch ohne Antibiotika lindern können:

› Erkältung – was tun?
› Ohrenschmerzen – was tun?

Eine Checkliste mit Antibiotika-Pass hilft Ihnen herauszufinden, ob ein Antibiotikum notwendig ist und die Übersicht über Antibiotika-Verordnungen zu behalten. Alle Informationen finden sich auch in einem Eltern-Ratgeber.         Fcab Checkliste Cover

Quelle

Faktencheck Gesundheit „Antibiotika bei Kindern“
Herausgegeber: Initiative für gute Gesundheitsversorgung, Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Str. 256
33311 Gütersloh

Faktencheck-Antibiotika

Erstellt am 10. Mai 2012, zuletzt geändert am 10. Mai 2012

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
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