Stottern: Nach drei Monaten Behandlung sollte ein Erfolg eintreten

Bevor sich Eltern für eine Behandlung ihres stotternden Kindes entscheiden, sollten sie sich vom Kinder- und Jugendarzt beraten lassen. Viele unbestimmte Stottertherapien, Atemtherapien oder Hypnose-Methoden haben sich als nicht effektiv erwiesen.

„Es gibt aber je nach Alter bestimmte Therapien, deren Nutzen wissenschaftlich nachgewiesen ist. Experten konnten auch zeigen, dass eine Änderung des Therapiekonzepts sinnvoll ist, wenn nach etwa drei Monaten kein Erfolg eingetreten ist“, erklärt Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Mit der Behandlung sollte bei Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren – idealerweise vor Schulbeginn – begonnen werden, wenn das Stottern über 6 bis 12 Monate anhält. In einigen Fällen, z.B. wenn das Kind extrem dadurch belastet ist, kann auch früher begonnen werden. Auch für Kinder, die älter als 6 Jahre sind, gibt es bewährte Verfahren.

Beispiele dafür sind:

  •  Das „Lidcombe-Verfahren“ ist sehr gut für Kinder von 3 bis 6 Jahren geeignet und soll auch eingesetzt werden. Dafür sind speziell zertifizierte Therapeuten erforderlich. Sie binden Eltern in die Behandlung ein: Vater und Mutter sollen ihre Kinder u.a. durch Loben bestärken, wenn sie flüssig sprechen, und sie behutsam korrigieren, falls sie stottern.
  • Die RESTART-DCM (Demands and Capacities Modell) zeigt ebenso gute Erfolge bei Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren. Schwerpunkt dieser Methode liegt auf der Analyse von Situationen, die die Sprechflüssigkeit erleichtern und das Stottern auslösen. Eltern sollten dann bewusst sprechflüssigkeitsfördernde Bedingungen für das Kind fördern.
  • Für die sogenannte „Sprechrestrukturierung“, zu der das „Fluency shaping“ oder das „Camperdown-Programm“ gehört, gibt es ebenso wissenschaftliche Belege ihrer Wirksamkeit. Es kann stotternden Kindern ab 6 Jahren helfen mithilfe von verhaltenstherapeutischen Methoden neue Sprechmuster zu erlernen. Stotternde Heranwachsende sprechen anfangs stark verlangsamt und erhöhen dann die Sprechgeschwindigkeit. Die Sprechübungen werden in Alltagssituationen trainiert.
  • Die sogenannte „Stottermodifikation“ ist in jedem Alter einsetzbar, aber scheint nicht ganz so wirksam wie die Sprechrestrukturierung. Sie besteht u.a. aus bewusst ausgeführten Artikulationsbewegungen, dem Erlernen einer besseren Selbstwahrnehmung und einer verbesserten Toleranz gegenüber den Reaktionen von anderen, wenn Stottern auftritt.

Beide letztgenannten Methoden können auch miteinander kombiniert werden und eigenen sich ab etwa 12 Jahren, in manchen Fällen aber auch schon ab etwa 9 Jahren.

„Die Eltern für das Stottern verantwortlich zu machen ist falsch. Mittlerweile ist bekannt, dass es eine Veranlagung für das Stottern gibt. Deshalb tritt es auch gehäuft in Familien auf“, warnt Professor Nentwich vor falschen Schuldzuweisungen. Stottern beginnt meist im Alter von 2 bis 6 Jahren. Etwa 1% der Kinder und Jugendlichen sind davon betroffen. Bei vielen Kindern hört die Redeflussstörung im Verlauf von zwei Jahren von selbst auf.

Quelle: Monatsschr Kinderheilkd

Quelle

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. 

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