Alkohol: Eltern sollten Jugendliche mit klaren Regeln schützen

Alkohol kann bei Heranwachsenden die Gehirnentwicklung beeinträchtigen und zudem das „Suchtgedächtnis“ früh verfestigen. Deshalb sollten Eltern frühzeitig mit ihren Kindern über die Risiken des Alkohols sprechen und klare Regeln festsetzen.

„In den Teenagerjahren macht das Gehirn noch einmal eine rasante Entwicklung und Umstrukturierung durch. Wenn Jugendliche in dieser Phase häufiger Alkohol konsumieren, kann dies wichtige Bereich des Gehirns negativ beeinflussen, wie z.B. die Gehirnregionen, die für Entscheidungsfindung verantwortlich sind. Menschen, die bereits in jungen Jahren Alkohol trinken, haben ein höheres Risiko, später alkoholsüchtig zu werden. Kinder brauchen deshalb in Bezug auf Alkohol klare Grenzen“, erklärt Dr. Matthias Brockstedt, Suchtbeauftragter des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Jugendliche greifen weniger zu Alkohol, wenn Eltern ihnen nicht erlaubten, zuhause „Prozentiges“ zu trinken, und ihnen keinen Alkohol für Partys oder für andere gesellschaftliche Veranstaltungen mitgeben. Das elterliche Vorbild im verantwortlichen Umgang mit alkoholischen Getränken gegenüber ihren 13-/14-Jährigen Kindern ist nachweislich der entscheidende Faktor für deren späteren riskanten Alkoholkonsum.

„Heranwachsende sollten wissen, dass das Gehirn selbst bis zu einem Alter von 21 bis 25 Jahren noch nicht voll entwickelt ist und deshalb besonders empfindlich auf Alkohol reagiert. Denn Teenager, die mit Alkohol negative Vorstellungen verbinden, wie gesundheitliche Schäden, neigen weniger dazu, Alkohol zu trinken, als solche, die damit Positives, wie Entspannung und Freizeit, verknüpfen“, so Brockstedt. Dies sollten ihnen Eltern deshalb auch vorleben und Alkoholkonsum gegenüber Jugendlichen nicht positiv bewerten. Alkoholkonsum im Jugendalter kann sich zudem negativ auf die Schulleistungen auswirken. Neurokognitive Defizite in den Bereichen der Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung, des Gedächtnisses und der Verhaltenskontrolle treten Beobachtungen zufolge häufiger bei Jugendlichen auf, die Alkohol trinken, als bei Jugendlichen, die abstinent sind. Wer mit 12 Jahren oder jünger zum ersten Mal zum Alkohol greift, hat laut einer amerikanischen Langzeitstudie ein Risiko von 40,6% alkoholabhängig zu werden – im Vergleich zu Heranwachsenden, die mit 18 Jahren erste Erfahrungen mit Alkohol sammeln oder erst mit 21 Jahren; sie haben nur noch ein Risiko von 7,8% bzw. 4,8% für Alkoholsucht.

Familien sowie Kinder- und Jugendärzte können zusammenarbeiten, um Grenzen und Erwartungen für Jugendliche festzulegen, ihnen gesunde Bewältigungsstrategien zu zeigen und ihnen dabei zu helfen, sich gegen den negativen sozialen Druck von manchen Gleichaltrigen zu wehren. Die Jugendvorsorgeuntersuchungen J1 und J2 bieten dazu eine gute Gelegenheit.

Positives Beispiel Island

Island ist eines der besten Beispiele dafür, wie das Verhalten der Jugend geändert werden kann, indem ihr Lebensumfeld so gestaltet wird, dass sie ein geringeres Risiko für Substanzmissbrauch haben. In Island bestärkte die Politik möglichst viele Faktoren, die vor frühem Alkoholkonsum schützen: Förderung von Eltern bzw. Elternorganisationen und Berufsgruppen im Kampf gegen Drogen und Drogenkonsum, Schaffung schulischer Kampagnen, Unterstützung außerschulischer Aktivitäten sowie Sport u.a. durch finanzielle Hilfen („Freizeitkarten“ für Kinder und Jugendliche) usw. Der Zugang zu Alkohol wurde Jugendlichen erschwert (bis 20 Jahre kein Erwerb von Alkohol erlaubt) und Werbung verboten. 2018 war der Anteil der Heranwachsenden in Island, die sich im vergangenen Monat betrunken hatten, auf 5% gesunken. 1998 traf dies noch für 42% der Altersgruppe zu. In Deutschland gaben noch 13,6% der 12- bis 17-Jährigen bei einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) 2018 an, im letzten Monat einen Rausch gehabt zu haben.
Zwar nimmt in Europa insgesamt der Alkoholkonsum bei Jugendlichen ab, doch ist Island das einzige Land, das einen so deutlichen Erfolg erreichen konnte.

Brockstedt wünscht sich für Deutschland ein ebenso breit aufgestelltes Maßnahmenpaket von Bund, Ländern und Gemeinden. Das nachweislich wirksame Werbeverbot für Alkohol- und Tabakprodukte und der erschwerte Zugang zu alkoholischen Getränken über Jugendschutzgesetz und Steuern würde er gerne mit der/dem nach der Sommerpause neu zu berufenden Bundesdrogenbeauftragten in Angriff nehmen.

Quellen: Pediatrics (1, 2,), CNAPA, Health Promotion Practice, BZgA

Quelle

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
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