Der Geburtsverlauf

Ines Albrecht-Engel und Manfred Albrecht

Die wichtigste Voraussetzung für einen guten Geburtsverlauf sind eine Umgebung, in der sich eine gebärende Frau wohlfühlen kann, sowie eine unterstützende Begleitung und Betreuung während der Geburt. Der Körper jeder Frau ist optimal auf eine Geburt vorbereitet und schüttet während der Geburt die jeweils geburtsfördernden Hormone aus. Wie empfindlich und leicht störbar diese Ausschüttung der Hormone ist, können Sie im Kapitel “Die natürliche Geburt” nachlesen.

Der Ablauf einer Geburt

Der Ablauf einer Geburt wird zwar im Folgenden beschrieben, doch sollten Sie wissen, dass jede Geburt unterschiedlich verläuft. Das Wichtigste ist, sich auf den Geburtsverlauf einzulassen – egal wie schnell oder langsam, wie intensiv und schmerzhaft er ist. Auch wenn Ihre Vorstellung einer normalen Geburt ohne Medikamente und Eingriffe nicht eintritt, seien Sie nicht enttäuscht; oft ist ein Kaiserschnitt notwendig oder eine lokale Betäubung während der Geburt, die PDA. Es gibt viele Möglichkeiten, wenn es nicht so gut läuft, damit Ihnen und Ihrem Kind geholfen werden kann.

Geburtsbeginn: Lösen des Schleimpfropfs

Vor dem Muttermund ist ein schützender Schleimpfropf. Dieser löst sich meist vor Geburtsbeginn und geht als blutiger Schleim ab. Doch ist dies kein sicheres Anzeichen für einen Geburtsbeginn, denn der Schleimpfropf kann sich auch Tage oder gar Wochen vor der eigentlichen Geburt lösen, ohne dass etwas passiert.

Blasensprung

Ein Blasensprung ist ein sicheres Zeichen. Denn wenn die Fruchtblase “gesprungen” ist, soll die Geburt innerhalb von 24-48 Stunden abgeschlossen sein, da sonst die Infektionsgefahr (durch aufsteigende Keime in die Gebärmutter) zu groß ist.

Bei einem Blasensprung vor dem Geburtstermin sollten Sie auf jeden Fall liegend in die Klinik transportiert werden – auch um den Geburtstermin herum, wenn Sie nicht wissen, ob der Kopf des Kindes schon tief im Becken liegt.

In der Klinik wird man dann sehen, ob die Wehen von selbst einsetzen oder ob sie etwas “angeschubst” werden müssen.

Wehen

Ob es wirklich “richtige” Geburtswehen sind, werden Sie erst wissen, wenn Sie den Unterschied zu Ihren bisherigen Schwangerschafts- und Vorwehen deutlich wahrnehmen. Fahren Sie dann zu Ihrem ausgewählten Geburtsort, wenn sich die Abstände zwischen Ihren Wehen verkürzen und die Wehen immer intensiver werden. Fahren Sie auch, wenn Sie unsicher sind, ob alles so in Ordnung ist. Es macht nichts, wenn Sie mal umsonst in die Klinik fahren oder Ihre Hebamme rufen.

Eröffnungsphase

Die längste Phase der Geburt ist die Eröffnung des Muttermundes von 0 auf 10 Zentimeter. Das dauert meist viele Stunden. Anfangs können die Wehen noch leicht sein, mit zunehmender Eröffnung steigern sie sich. Das ist gut so. Denn die Gebärmuttermuskulatur muss den Muttermund auf- und hochziehen – das läuft verständlicherweise nicht unbemerkt.

Atmen Sie mit den Wehen mit, versuchen Sie nie, dagegen zu atmen oder sich gegen die Wehen zu wehren. Sie und Ihr Kind brauchen die intensiven Wehen zur Geburt. Lassen Sie sich auf die intensiven Gefühle, auch auf den Schmerz ein. Wenn Sie sich “wehren” , wird es nicht einfacher. Lassen Sie Ihren Körper die Arbeit tun und unterstützen Sie ihn mit frischem Sauerstoff (gleichmäßiger ruhiger Atmung) und dem Loslassen Ihrer Muskeln und Ihrer Gedanken, ob es so richtig oder falsch ist. Ihr Körper weiß, was er machen muss – bremsen Sie ihn nicht aus.

Ihr Partner kann Ihnen helfen, wenn es schwierig wird, im Atemrhythmus zu bleiben, indem er mit Ihnen atmet, Ihnen im Atemrhythmus den Rücken oder die Beine ausstreicht, mit einer Druckmassage Ihr Kreuzbein massiert (alles, was Sie in der Geburtsvorbereitung gemeinsam gemacht haben!).

Das Wichtigste ist also, sich auf den Geburtsvorgang einzulassen. Fördern können Sie die Eröffnung des Muttermundes, indem Sie sich bewegen (in den Wehenpausen) und aufrechte Positionen einnehmen während der Wehen. Ihr Partner muss Sie gut stützen.

Übergangsphase

Das Ende der Eröffnungsphase nennt man Übergangsphase – wenn der Muttermund noch nicht ganz offen ist, Sie schon Pressdrang haben und schieben wollen, aber noch nicht dürfen. Diese Phase ist für viele Frauen schwierig. Hier hilft nur guter Zuspruch Ihres Partners und Ihrer Hebamme: atmen und loslassen, aber auch schimpfen und stöhnen oder schreien. Medikamente, die Sie jetzt vielleicht wollen – auch wenn es vorher sehr gut ohne ging – bekommen Sie jetzt wahrscheinlich nicht mehr. Es lohnt sich nicht; die Geburt wird gleich beginnen.

Austreibungsphase

Die eigentliche Geburt des Kindes hat den unschönen Namen Austreibungsphase. Dabei wird das Kind durch den Geburtskanal geschoben. Auch das erledigt Ihr Körper, aber der Drang mitzuschieben wird so groß sein, dass Sie gern mithelfen (Ihr Kind hilft übrigens auch mit).

Ihrem Kind und Ihnen wird die Geburt erleichtert, wenn Sie jetzt in einer aufrechten Position sind und einen runden Rücken machen. Schieben Sie Ihr Kind mit dem Atem, auch mit Schreien, hinaus. Die Hebamme sagt Ihnen, wenn Sie zum Schutz des Dammes und des kindlichen Köpfchens nicht mehr mit aller Kraft schieben dürfen, dann “veratmen” Sie die Wehen – und lassen Ihr Kind langsam zur Welt kommen.

Nachgeburtsphase

Nach der Geburt Ihres Kindes ist Ihnen nur Ihr Kind wichtig – und diese ersten Minuten, in denen Sie Ihr Baby endlich sehen und bewundern können, sind kostbar: In diesen Momenten entsteht eine neue große Liebe. Lassen Sie sich nicht stören. Genießen Sie diese unvergesslichen Minuten. Auch Ihr Baby (falls es nicht medizinisch versorgt werden muss, wenn es ihm mal nicht so gut geht) braucht jetzt nur Sie, den Kontakt mit Ihrer warmen Haut, Ihre Stimme, Ihre Berührungen.

Aber die Geburt ist noch nicht beendet, solange die Plazenta noch nicht geboren ist. Daher wird die Hebamme sich nach einiger Zeit um die Nachgeburt kümmern. Auch ein eventueller Dammriss oder -schnitt wird jetzt versorgt. Untersuchungen Ihres Babys haben meist Zeit.

Das Wichtigste in Ihrem zukünftigen Leben liegt jetzt in Ihrem Arm. Alles um Sie herum sollte Sie nicht stören – es ist nicht so bedeutsam, wie Ihr erstes, intensives Zusammensein zu dritt (oder zweit), wie ein guter Start in das Familienleben und wie Ihre wachsende neue Liebe für Ihr Baby.

Literatur

  • Ines Albrecht-Engel. Geburtsvorbereitung. rororo. 1993
  • Ines Albrecht-Engel, Dr. Manfred Albrecht. Kaiserschnitt-Geburt. rororo. 1995 (nur noch über die Autoren zum Preis von 5 EUR + Porto zu beziehen: Ines Albrecht-Engel, Burckhardtstr. 32, 34346 Hann. Münden, Email: Albrecht-Engel@t-online.de )
  • Ines Albrecht-Engel, Dr. Manfred Albrecht. Schwangerschaft und Geburt. Gräfe und Unzer. 1999 (5. Auflage 2001)
  • Ines Albrecht-Engel, Dr. Manfred Albrecht. Geburt vorbereiten und bewusst erleben. Gräfe und Unzer. 2002
  • Viresha Julia Bloemecke. Alles rund ums Wochenbett. Kösel Verlag. 2002
  • Hermann Bullinger. Wenn Männer Väter werden. Rowohlt Taschenbuch Verlag. 1983
  • Elisabeth Geisel. Tränen nach der Geburt. Kösel-Verlag. 1997
  • Michel Odent. Geburt und Stillen. Beck Verlag. 2000
  • Thea Vogel. Ganzheitliche Rückbildungsgymnastik. Walter Verlag. 1999
     

Videos

Die folgenden Videos können Sie über die Autor/in beziehen (Adresse s. unten):

  • Äußere Wendung bei Beckenendlage. Zwei erfolgreiche äußere Wendungen des Babys aus Beckenendlage in Schädellage werden gezeigt. 21 Minuten. VHS PAL. 35,- EUR
  • Kaiserschnitt-Geburt. Version A: Vorbereitung und Durchführung einer Kaiserschnitt-Geburt in PDA. Familie im OP. 23 Min. VHS PAL. 1999, 40,- EUR einschl. Buch “Kaiserschnitt”
  • Kaiserschnitt-Geburt. Version A + B: Zusätzlich ist hier der Ablauf und die Technik der Operation “Kaiserschnitt aus Beckenendlage” zu sehen. 35 Min. VHS PAL. 48,- EUR einschl. Buch “Kaiserschnitt-Geburt”
  • Kaiserschnitt-Geburt. Version C: Die Misgav-Ladach-Methode. 12 Min. VHS PAL, 2000. 40,- EUR einschl. Buch
  • Kaiserschnitt-Geburt. Version D: Alle drei Versionen. 47 Min. VHS PAL. 2000. 80,- EUR, einschl. Buch

Weiter Beiträge der Autoren hier in unserem Familienhandbuch

Autorin/Autor

Ines Albrecht-Engel, Bundesvorsitzende der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung – Familienbildung und Frauengesundheit – e.V.

Dr. med. Manfred Albrecht, Gynäkol. Chefarzt am Ev. Vereinskrankenhaus Hann. Münden
Adresse

Ines Albrecht-Engel
Dr. med. Manfred Albrecht
Burckhardtstr. 32
34346 Hann. Münden

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Erstellt am 9. Juli 2003, zuletzt geändert am 29. März 2010