DAK-Studie: „Mediensucht 2020“
Im Herbst 2019 wurden Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern im Auftrag der Krankenkasse „DAK-Gesundheit“ zu ihrem Game- und Social-Media-Konsum befragt. Ziel war es, das elterliche Rollenvorbild und Kontrollverhalten sowie die Mediennutzung der Kinder und die durch sie erlebte elterliche Kontrolle zu erforschen. Im Kontext der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 folgte eine Wiederholung der Befragung, deren Ergebnisse Ende Juli 2020 vorgestellt wurden.
Die DAK-Gesundheit gab aufgrund der Corona-Pandemie eine forsa-Umfrage zum Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen in Auftrag. An dieser nahmen 824 Elternteile und ein jeweils zugehöriges Kind im Alter von zehn bis 18 Jahren teil. Ziel war es, das Medienverhalten sowie die Medienerziehung innerhalb des mit der Corona-Pandemie einhergehenden Lockdowns zu erforschen. Die ProbandInnen, welche zuletzt im September 2019 befragt wurden, sollten sich nun in ihren Angaben auf den April 2020 beziehen.
Social Media: Nutzungsverhalten bei Eltern und Kindern
Kinder
Im Vergleich zum Herbst 2019 gaben die Kinder- und Jugendlichen an, im April 2020 häufiger soziale Medien zu nutzen. So steigerte sich die durchschnittliche Nutzungsdauer unter der Woche um mehr als eine Stunde auf fast dreieinhalb Stunden pro Tag. Am Wochenende stieg die sie ebenfalls um mehr als eine Stunde auf durchschnittlich vier Stunden am Tag. Das Alter und der voraussichtliche Schulabschluss der Kinder hatten dabei einen nicht unerheblichen Einfluss. So stieg die Nutzungsdauer mit dem Alter der Kinder, jedoch auch je niedriger der zu erwartende Schulabschluss ist.
Neben dem Medienkonsum der Kinder und Jugendlichen wurde ihre Motivation erforscht, soziale Medien zu nutzen. So gaben 89 Prozent der befragten Kinder an, durch die Nutzung soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Fast ebenso viele Kinder (86 %) gaben an, ihre Langeweile mit der Mediennutzung zu bekämpfen. Weniger, doch noch immer 38 Prozent, wollten durch die Mediennutzung ihre Sorgen vergessen, 36 Prozent der Realität entfliehen. Hierbei ist auffällig, dass Kinder getrennter Elternteile diese Antwort deutlich häufiger gaben als die, welche mit beiden Elternteilen in einem Haushalt wohnen.
Neben der Emotionsbewältigung stellten die sozialen Medien für 37 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Informationsquelle zu den neuesten Nachrichten bezüglich Corona dar.
Eltern
Auch die Eltern wurden zu ihrem Social-Media-Verhalten befragt. Im Rahmen dessen gaben 72 Prozent der Eltern an, an jedem Tag der Woche soziale Medien genutzt zu haben. Laut der Studie deckt sich die Nutzungsintensität der Eltern demnach mit den Angaben der Kinder und Jugendlichen. Auch bei ihnen ist die Dauer der Nutzung unter der Woche, aber auch am Wochenende, gestiegen. Je jünger die Eltern sind, desto länger war ihre Nutzungsdauer.
Die Motive der Eltern, soziale Medien zu nutzen, haben sich laut Studie im Vergleich zum Vorjahr nicht nennenswert verändert. Unter 40-jährige Elternteile gaben häufiger als ältere an, durch die Nutzung sozialer Medien Langeweile zu bekämpfen und der Realität zu entfliehen zu wollen.
Digitale Spiele: Spielverhalten von Eltern und Kindern
Kinder
Die Nutzung von digitalen Spielen bei den Kindern und Jugendlichen stieg laut der Studie der DAK während der Corona-Zeit von 4,5 Tagen auf 5,1 Tage. So gaben im April 2020 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen an, an sieben Tagen die Woche digitale Spiele genutzt zu haben. Auch hier stieg die Dauer der Nutzung im Vergleich zum Vorjahr um etwa eine Stunde. An einem normalen Schultag nutzten laut ihrer Angaben deutlich mehr 13- bis 18-Jährige digitale Spiele als Zehn- bis Zwölfjährige. Signifikant ist laut der Studie der DAK der Unterschied zwischen den Geschlechtern. So verbrachten Jungen im Durchschnitt eine Stunde mehr Zeit mit digitalen Spielen als Mädchen.
Der Studie nach bewältigten auch hier 89 Prozent der Kinder und Jugendlichen ihre Langeweile, in dem sie digitale Spiele spielten. 55 Prozent nutzten digitale Spiele, ebenso wie soziale Medien, um in Kontakt mit ihren FreundInnen zu bleiben. Nahezu ein Drittel der Kinder und Jugendlichen wollten beim Spielen der Realität zu entfliehen oder Stress abbauen.
Aus der Studie ist ersichtlich, dass das Motiv der Langenweile bei Jungen mit steigendem Alter zunehmend in den Hintergrund rückt. Die Mehrheit der Jungen zwischen 13 und 18 Jahren spielt aus emotionalen Gründen wie Stress und Sorgen, aber auch um soziale Kontakte aufrecht zu erhalten.
Auch Mädchen spielen mit steigendem Alter weniger aus dem Motiv der Langeweile. Auffällig ist hier, dass besonders die jüngeren zwischen zehn und zwölf Jahren in der Befragung angaben, ihre Sorgen beim Spielen vergessen zu wollen.
Für den Themenbereich digitale Spiele wurde ebenfalls der zu erwartende Schulabschluss der Kinder sowie der Bildungsabschluss der Eltern mit in die Befragung einbezogen. Demnach würden laut Studie Kinder aus einem Elternhaus mit höherem akademischem Abschluss weniger Zeit vor dem Bildschirm verbringen, als Kinder deren Eltern einen mittleren oder niedrigen Abschluss haben.
Eltern
Wie auch bei der Nutzung von Social Media wurde die Beziehung der Eltern auch mit der Emotionsbewältigung durch das Spielen von digitalen Spielen in Kontext gesetzt. So geben Kinder aus einem Haushalt, in dem die Eltern getrennt leben, deutlich häufiger an, ihren Stress durch das Spielen abzubauen oder der Realität entfliehen zu wollen, als Kinder, die aus einem Elternhaus kommen, in dem beide Eltern zusammenleben.
Doch ob zusammenlebend oder getrennt – auch die Nutzungsintensität von digitalen Spielen bei den Eltern steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 40 Minuten. Eltern, die angaben digitale Spiele mindestens einmal wöchentlich zu nutzen, verbrachten an einem Wochentag mehr als eineinhalb Stunden vor dem Display. Laut Studie gaben besonders über 40-Jährige an, digitale Spiele täglich zu nutzen. Außerdem spielten Männer, Elternteile mit einem Hauptschulabschluss sowie alleinstehende Elternteile, überdurchschnittlich lange.
Ein Drittel der Eltern nutzten digitale Spiele laut der Studie der DAK vorwiegend zur Bekämpfung von Langerweile. Etwa die Hälfte gab jedoch auch an, digitale Spiele zum Abbau von Stress zu nutzen. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl an Eltern, die digitale Spiele außerdem zum Vergessen von Sorgen oder dem Entfliehen vor der Realität nutzten. Darunter besonders die jüngeren Eltern unter 40 Jahren, aber auch alleinstehende Elternteile.
Medienregeln
Eltern
Eltern und Kinder wurden abschließend unabhängig voneinander befragt, wie sehr bestimmte Medienregeln auf ihre Erziehung zutreffen. Darunter zum Beispiel medienfreie Zeiten, die konsequente Umsetzung, Regeln zur inhaltlichen Nutzung, zur zeitlichen und örtlichen Nutzung. Die Angaben der Eltern unterscheiden sich laut Studie nicht wesentlich von denen des Vorjahres.
Auffällig ist, dass besonders 40- bis 49-jährige Eltern medienfreie Zeiten geschaffen haben. Dahingehend sind jüngere Eltern bedachter hinsichtlich der Regelung zur inhaltlichen, zeitlichen und örtlichen Nutzung, aber auch zur Art der Nutzung. Die Konsequenz der Eltern betreffend, geben laut Studie Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss eher an, konsequent in der Umsetzung ihrer Regeln zu sein, als Eltern mit einem geringeren Bildungsabschluss. Keine Auswirkungen habe hingegen das Verhältnis zwischen den Eltern. So setzen alleinstehende wie zusammenlebende Elternteile die Medienregeln in der Familie gleichermaßen um.
Kinder
Auch die Kinder wurden nach den Medienregeln der Familie gefragt. Sie sollten angeben, ob ihre Eltern wüssten, was sie mit digitalen Medien machen, ob es Medienregeln hinsichtlich der zeitlichen Nutzung gibt und ob ihre Eltern kontrollieren würden, was sie mit den digitalen Medien machen. Im Vergleich zum Herbst 2019 unterscheiden sich die Ergebnisse nicht wesentlich. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen gaben an, ihre Eltern wüssten, was sie an ihren Laptops und Smartphones machen würden. Nahezu die Hälfte gab an, von den Eltern kontrolliert zu werden. 67 Prozent der Kinder gaben an, zeitliche Regelungen von Medien zu haben und 51 Prozent werden von den Eltern auch bei der Nutzungsdauer kontrolliert. Dies gaben Jungen häufiger an als Mädchen, vor allem im Alter zwischen zehn und 15 Jahren.
Auch bei der Einschätzung der Kinder und Jugendlichen gab es keine Abweichung zwischen zusammenlebenden und alleinstehenden Elternteilen.