Sexualaufklärung: Am besten „häppchenweise“ und noch vor der Pubertät
Forschungsergebnisse unterstreichen die Rolle, die Eltern bei der Entwicklung eines positiven Verhältnisses zur Sexualität und eines gesunden Sexualverhaltens spielen. In Deutschland fungiert bei der Sexualaufklärung laut der letzten Befragung der BZgA zur Jugendsexualität insbesondere die Mutter als Vertrauensperson. Idealerweise erhalten Kinder noch vor Eintritt in die Pubertät immer wieder Gesprächsgelegenheiten mit ihren Eltern zu diesem Thema. Schule, Gleichaltrige und Internet gewinnen dann zunehmend an Bedeutung.
„Wenn ein Kind alt genug ist, um eine Frage zu stellen, ist es alt genug für eine ehrliche Antwort, bei der keine Störche Babys zur Welt bringen. Es ist besser, häufiger und kürzer darüber zu sprechen, als einen langen Vortrag zu halten. Anlass kann beispielsweise eine Filmszene sein oder eine Freundin der Familie, die schwanger wird“, rät Dr. Monika Niehaus, Kinder- und Jugendärztin und Mitglied des Expertengremiums vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), in Anlehnung an die Ergebnisse einer aktuellen Befragung von Eltern und Jugendlichen in Irland.
Sowohl Eltern als auch Jugendliche berichten demnach, dass es einfacher sei, wenn diese Gespräche früh beginnen und wenn Eltern darüber ebenso beiläufig reden würden, wie sie es bei anderen alltäglichen Dingen tun. Viele Jugendliche, die gerne Informationen über Sexualität und Verhütung von ihren Eltern erhalten würden, gaben an, dass sie dies aber dennoch vermieden, weil sie Angst vor einer „Moralpredigt“ hätten. „Damit ein Teenager das Gefühl hat, sich anvertrauen zu können, ist es manchmal besser, erst einmal zuzuhören und herauszubekommen, warum die Frage bzw. die Fragen für ihn wichtig sind. Dann sollten Eltern so gut wie möglich zu antworten und versuchen, auf Belehrungen zu verzichten. So erleben Heranwachsende, dass sie mit einem Problem zu ihren Eltern kommen können, ohne gleich verurteilt zu werden. Wo Eltern überfragt sind oder nicht mehr weiterwissen, kann der Jugendarzt helfen. Fragen über Sexualität und Verhütung, aber auch Probleme mit der Familie und dem sozialen Umfeld kann der Teenager im Rahmen der J1 mit ihm besprechen“, empfiehlt Dr. Niehaus.
Viele Eltern befürchten, dass Teenager im Internet evtl. bereits vieles über Sex gesehen haben. Doch geht es auch darum, dass Heranwachsende verlässliche Quellen nutzen. Väter und Mütter können zusammen mit ihren Jugendlichen Wissenswertes in Erfahrung bringen, indem sie zusammen online recherchieren, wenn knifflige Fragen auftauchen.
Die europäische Erfahrung zeigt, dass eine umfassende Sexualerziehung nicht zu früheren Sexualkontakten führt. Jugendliche machen tendenziell im Vergleich zu früher sogar eher später erste sexuelle Erfahrungen und nur noch ein geringer Prozentsatz denkt nicht an Verhütung.
Quellen: Reproductive Health, The Conversation, Bundesgesundheitsbl., The European Journal of Contraception & Reproductive Health Care