Worauf es ankommt, um Kita-Fachkräfte zu gewinnen und zu halten
Die zweite Ergebnisauswertung „Building a High-Quality Early Childhood Education and Care Workforce“ der OECD fasst zusammen, wo es Verbesserungsbedarf gibt, wenn man hochqualifizierte Fachkräfte gewinnen und im Beruf halten möchte, die ihren Beruf gerne ausüben und fachlich auf dem Stand der Zeit sind.
Über 15.000 Fachkräfte und 3.000 Leitungskräfte in Kindertageseinrichtungen aus Deutschland, Chile, Dänemark, Island, Israel, Japan, Korea, Norwegen und der Türkei haben an der Befragung teilgenommen. Die Erhebungen in Deutschland wurden vom Internationalen Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC) am Deutschen Jugendinstitut (DJI) durchgeführt. Dem Bericht zufolge wünschen sich die Fachkräfte weit mehr als nur ein höheres Gehalt: Es geht ihnen auch darum, den Beruf intellektuell aufzuwerten, mehr Unterstützung zu erfahren, mehr Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen zu können und innerhalb von kollegialen Teamstrukturen ein hohes Maß professioneller Autonomie zu erfahren.
Sorgen der Fach- und Leitungskräfte
In allen teilnehmenden Ländern klagen viele Befragte über begrenzte Weiterentwicklungsmöglichkeiten sowie Personal- und Ressourcenmangel. Kommt dazu das Gefühl, nicht angemessen für die verantwortungsvolle Tätigkeit entlohnt zu werden (das sagen in Deutschland etwa zwei von drei Befragten), kann dies zu dem Entschluss führen, den Beruf aufzugeben. Unter den Fachkräften in Deutschland erklärt knapp jede/-r Dritte – 33 Prozent derer im Vorschulbereich (Ü3) und 27 Prozent derer im Kleinkindbereich (U3) –, unter Stress zu leiden, weil Kolleg(inn)en abwesend sind. Rund jede/-r Vierte – 25 Prozent im Ü3-Bereich, 22 Prozent im U3-Bereich – berichtet, dass gesundheitliche Probleme für sie der wahrscheinlichste Grund wären, ihren Job aufzugeben, was unter anderem auf ein mögliches Burnout-Risiko hinweist. Jede fünfte Leitungskraft sorgt sich wegen Personalmangels um die Qualität ihrer Betreuungseinrichtung.
Corona-Pandemie droht, die Situation zu verschärfen
„Jetzt, da in den meisten Ländern der finanzielle Druck durch die COVID-19-Pandemie zunimmt, könnten Investitionen in die frühe Bildung, Betreuung und Erziehung auf der Prioritätenliste zurückfallen“, so OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. „Die fragile finanzielle Lage dieses Sektors kann dabei abschreckend wirken – auf bestehendes Fachpersonal wie auch auf jene, die überlegen, den Beruf zu ergreifen. Das wäre eine Gefahr für die Fortschritte, die wir in den vergangenen Jahren bereits gemacht haben – und die eine wichtige Grundlage für die zukünftige Entwicklung unserer Kinder darstellen.“
„Wie wichtig Kitas sind, um wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben am Laufen zu halten, zeigt die aktuelle Pandemie“, sagt Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung am DJI. „Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mehr Geld zu investieren – einerseits um die pädagogischen Fachkräfte angemessen zu bezahlen und andererseits für dringend benötigtes zusätzliches Personal. Denn die dünne personelle Ausstattung belastet die Erzieherinnen und Erzieher in hohem Maße und wir können nicht in Kauf nehmen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen das Arbeitsfeld verlassen.“
Arbeitsbedingungen in der frühen Bildung weiter verbessern
„Für mehr Qualität in der frühen Bildung müssen wir unsere Kitas und Kindertagespflegeeinrichtungen gut aufstellen, denn sie sind die ersten Stationen in unserem Bildungssystem“, so Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Dafür benötigen wir dringend die Fachkräfte, die jeden Tag – und auch jetzt in der Corona-Pandemie – mit viel Einsatz und Kompetenz dafür arbeiten, Kinder zu fördern und auf ihrem Weg zu begleiten. Daher müssen wir die Wünsche und Sorgen der Fachkräfte ernst nehmen. Um die Arbeitsbedingungen in der frühen Bildung weiter zu verbessern, fördern wir mit dem Gute-KiTa-Gesetz in Höhe von 5,5 Milliarden Euro hochwertige Angebote in der frühen Bildung. Mit dem Bundesprogramm 'Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher' setzt das Bundesfamilienministerium zusätzliche wichtige Impulse."
Deutschland punktet bei der beruflichen Ausbildung
Positiv sticht Deutschland im Ländervergleich bei der beruflichen Ausbildung seiner Fachkräfte hervor. 97 Prozent derer im Ü3-Bereich und 96 Prozent im U3-Bereich sind speziell für die Arbeit mit Kindern ausgebildet. Bei den allermeisten hatte die Ausbildung einen praktischen Teil. Auch fühlen sich die Fachkräfte in Deutschland nach eigener Aussage besonders gut darauf vorbereitet, die Kinder in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung zu fördern. Etwa zwei Drittel der befragten Fachkräfte fühlen sich von ihrer Einrichtungsleitung ausreichend unterstützt – ein im Ländervergleich hoher Wert.
Die vollständige Studie sowie eine Ländernotiz für Deutschland (PDF, 900 KB) findet sich auf der OECD Webseite.
Quelle
OECD Berlin Centre, Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe