Fernunterricht: Haben Schulen dazugelernt?
Verglichen mit den ersten Schulschließungen im März 2020 haben Lehrkräfte beim Einsatz digitaler Formate und Tools erkennbar dazugelernt. Bei der technischen Ausstattung der Schulen ist Deutschland hingegen kaum vorangekommen. Das zeigt die Folgebefragung von Lehrkräften für das Deutsche Schulbarometer Spezial, deren Ergebnisse auf dem Deutschen Schulportal veröffentlicht wurden. Die repräsentative Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung GmbH in Kooperation mit der ZEIT bietet die erste umfangreiche Längsschnitterhebung zur Situation an den Schulen während der Corona-Pandemie.
So gaben jetzt 62 Prozent der Befragten an, digitale Möglichkeiten zur Vermittlung und Aneignung neuer Lerninhalte zu nutzen, zum Beispiel für die Erstellung eigener Erklärvideos. Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr machten dies nur 36 Prozent. Fast die Hälfte der Lehrkräfte (46 Prozent) setzt digitale Tools nun auch vermehrt im Präsenzunterricht ein. Zwar arbeitet die große Mehrheit der Schulen (73 Prozent) inzwischen mit digitalen Lern- und Arbeitsplattformen, doch mit Blick auf die digitale Ausstattung ihrer Schulen sagen immer noch 61 Prozent der Lehrkräfte, dass sie weniger gut oder schlecht auf den Fernunterricht vorbereitet seien. Dieser Wert ist im Vergleich zum April (66 Prozent) nur unwesentlich gesunken.
Lehrkräfte registrieren erhebliche Lernrückstände
Viele Lehrkräfte stellen bereits heute erhebliche Lernrückstände bei ihren Schülerinnen und Schülern fest, vor allem an den Förderschulen. Hier bestätigt jede zweite Lehrkraft (54 Prozent) bei mehr als der Hälfte der Schülerschaft messbare Defizite. „Vor allem benachteiligte Schülerinnen und Schüler brauchen jetzt Unterstützung“, sagt Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung. Überfällig sei neben dem individuellen Engagement der Lehrkräfte auch eine systematische Schul- und Unterrichtsentwicklung, da viele Schulen noch keine verbindlichen Konzepte für den Fern- und Wechselunterricht erarbeitet haben.
Sonderausgabe des Deutschen Schulpreises zeigt Leuchttürme in der Krise
„Viele Lehrkräfte und Schulen sind in den vergangenen Monaten über sich hinausgewachsen“, sagt Wolf. „Auch die zahlreichen Bewerbungen für die Sonderausgabe des Deutschen Schulpreises zeigen, dass Schulen diese herausfordernde Zeit als Chance genutzt haben und zahlreiche Ideen entstanden sind, die das Potential haben das Lehren und Lernen langfristig zu verändern.“
Für den Deutschen Schulpreis 20/21 Spezial wurden zukunftsweisende Konzepte gesucht, die Schulen im Umgang mit der Corona-Krise entwickelt haben. 121 Schulen haben es Ende Dezember in die Vorauswahl des renommierten Wettbewerbs geschafft. Ein 60-köpfiges Expertengremium hat die Schulen aus knapp 400 Bewerbungen ausgewählt.
Zum Deutschen Schulbarometer Spezial
Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und in Kooperation mit der ZEIT hat das Meinungsforschungsinstitut forsa im Dezember 2020, kurz vor den erneuten Schulschließungen, eine repräsentative Umfrage unter 1.015 Lehrerinnen und Lehrern an allgemeinbildenden Schulen durchgeführt. Gefragt wurde, wie gut Lehrkräfte jetzt auf den Fernunterricht vorbereitet sind, wie es mit der digitalen Ausstattung und dem digital gestützten Unterricht an der Schule aussieht und wie sie die Situation an der Schule erleben. Zusammen mit der ersten Befragung Anfang April bietet das Deutsche Schulbarometer Spezial ein umfassendes Bild der Situation von Schulen und Lehrkräften in der Corona-Pandemie.
Die Robert Bosch Stiftung vergibt seit 2006 gemeinsam mit der Heidehof Stiftung den Deutschen Schulpreis, den anspruchsvollsten Preis für gute Schulen in Deutschland. Um das Wissen aus der exzellenten Schulpraxis zu heben, aufzubereiten und auch weiterzuentwickeln haben die Stiftungen 2015 die Deutsche Schulakademie gegründet. Die Onlineplattform „Das Deutsche Schulportal“ ist ein Fachmedium für alle, die sich für Schul- und Unterrichtsentwicklung interessieren.