Corona-Aufholpaket: Wie werden die Maßnahmen zum Aktionsprogramm umgesetzt?
Um Kinder und Jugendliche auf dem Weg zurück in ein unbeschwertes Aufwachsen zu begleiten und sie beim Aufholen von Lernrückständen zu unterstützen, investiert die Bundesregierung zwei Milliarden Euro. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschreibt nun, wie die Mittel eingesetzt und welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Kinder, Jugendliche und ihre Familien blicken auf eine harte Zeit zurück: Kitas, Schulen, Sportvereine und vieles mehr waren über ein Jahr oftmals ganz oder teilweise geschlossen. Dadurch haben die Kinder und Jugendlichen nicht nur viel Lernstoff versäumt, sondern konnten häufig nicht ihre Freunde persönlich treffen, Sport treiben, anderen Freizeitaktivitäten nachgehen und mussten oftmals zurückstecken.
Das BMFSFJ will, dass alle Kinder und Jugendlichen schnell wieder aufholen und Versäumtes nachholen können. Das gilt nicht nur für den Lernstoff, sondern auch für ihr soziales Leben: Sie sollen Zeit haben für Freunde, Sport und Freizeit und die Unterstützung bekommen, die sie und ihre Familien jetzt brauchen.
Deshalb hat die Bundesregierung das Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche (PDF) in Höhe von zwei Milliarden Euro für die Jahre 2021 und 2022 beschlossen. In diesem Rahmen schafft das BBMFSFJ mit rund einer Milliarde Euro Angebote, die schnell bei Kindern, Jugendlichen und Familien ankommen. Im Bereich der frühkindlichen Bildung, zusätzliche Sport-, Freizeit- und Ferienaktivitäten sowie Unterstützung für Kinder und Jugendliche im Alltag. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt Schülerinnen und Schüler mit einer Milliarde Euro dabei, Lernrückstände mit zusätzlichen Förderangeboten aufzuholen.
Ein Teil der Maßnahmen wird durch die Bundesländer umgesetzt. Zur Finanzierung überlässt der Bund den Ländern einen zusätzlichen Anteil an der Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1,29 Mrd. Euro. Die Länder verpflichten sich im Gegenzug, die vereinbarten Maßnahmen umzusetzen und über die Mittelverwendung Bericht zu erstatten. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde bereits unterzeichnet.
Frühkindliche Bildung fördern
Viele Kinder konnten seit Beginn der Corona-Pandemie nur unregelmäßig Angebote der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung nutzen. Damit die Pandemie nicht lange nachwirkt und sich Ungleichheiten nicht manifestieren, werden unterstützende Angebote ausgebaut.
1. Sprach-Kitas
Mit dem Bundesprogramm Sprach-Kitas - Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist fördert das Bundesfamilienministerium sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung. Es richtet sich vor allem an Einrichtungen, die von einem überdurchschnittlichen Anteil von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf besucht werden und die sich zumeist an sozialen Brennpunkten befinden. Das Bundesprogramm wird bis Ende 2022 um 100 Millionen Euro aufgestockt.
Umsetzung
Es werden bis zu 1000 neue zusätzliche Fachkräfte für sprachliche Bildung in Kitas gefördert. Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen können ihre Interessenbekundung online einreichen. Das zweistufige Antragsverfahren läuft seit dem 07. Juni 2021. Damit können die neuen Fachkräfte pünktlich zum Start des neuen Kitajahres beginnen.
Bestehende und neue Sprach-Kitas erhalten einen Aufholzuschuss für Lernmaterialien, zusätzliche pädagogische Angebote oder personelle Unterstützung durch Kita-Helfer sowie einen Digitalisierungszuschuss für die Unterstützung beim Einsatz digitaler Medien in der Bildung. Das Antragsverfahren beginnt im Sommer 2021. Informationen dazu werden rechtzeitig auf der Website Frühe Chancen eingestellt.
2. Bundesstiftung Frühe Hilfen
Die Bundesstiftung Frühe Hilfen fördert Unterstützungsangebote für belastete Familien mit Kindern bis drei Jahre wie zum Beispiel Familienpaten und Lotsinnen, digitale Beratungsangebote, mobile Frühe Hilfen, Elterncafés oder längerfristige Begleitung von Familien beispielsweise durch Familienhebammen, die Familien ein Jahr lang im Alltag unterstützen. Diese Angebote werden mit 50 Millionen Euro ausgebaut.
Umsetzung
Die Bundesländer können ab Anfang Juli 2021 bei der Bundesstiftung Frühe Hilfen zusätzliche Mittel beantragen und die ersten Angebote umsetzen.
Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote ermöglichen
Durch die Corona-Pandemie hatten junge Menschen weniger Möglichkeiten, zusammen zu kommen, Sport zu treiben, sich miteinander auszutauschen oder gemeinsam etwas zu erleben: Denn lange Zeit waren weder Freizeitaktivitäten, noch Sport, Musik oder Angebote der Jugendbildung möglich. Und Familien sind an ihre Belastungsgrenze gestoßen und brauchen Hilfe und Erholungsangebote, um wieder Kraft zu tanken.
1. Aufstockung des Kinder- und Jugendplans des Bundes
Es wird beispielsweise zusätzliche Angebote im Bereich des Sports durch die Deutsche Sportjugend, bei der musikalischen und künstlerischen Bildung durch die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, den Verband deutscher Musikschulen und den Bundesverband der Jugendkunstschulen geben. Auch Jugendverbände wie die Pfadfinder, die Jugendfeuerwehr oder die Naturfreunde genauso wie die Jugendbildungsstätten werden bei zusätzlichen Angeboten unterstützt.
Umsetzung
Freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe können ab Juli Anträge über ihre bundeszentralen Verbände oder die Zentralstellen des Kinder- und Jugendplanes des Bundes (KJP) an das Bundesjugendministerium stellen. Die ersten Angebote sollen bereits in den Sommerferien ab Juli starten.
2. Familienferienstätten
Familien mit kleineren Einkommen und Familien mit Angehörigen mit einer Behinderung sollen kostengünstig Urlaub in Familienerholungseinrichtungen machen können. Dazu zählen gemeinnützige Familienferienstätten und andere für die Familienerholung geeignete gemeinnützige Einrichtungen. Die Familien sollen dort in diesem und im nächsten Jahr für eine Woche Urlaub nur etwa zehn Prozent der Kosten für Unterkunft und Verpflegung zahlen.
Umsetzung
Die Einrichtungen können ab dem Sommer Anträge bei einer zentralen Stelle einreichen, um die erwarteten Vergünstigungen für die Familien ersetzt zu bekommen. Sie werden rechtzeitig über das Antragsverfahren informiert. Familien können ab Frühherbst den vergünstigten Urlaub bei den Familienerholungseinrichtungen buchen.
3. Kinder- und Jugendfreizeiten in den Ländern
Der Bund stellt den Ländern 70 Millionen Euro zur Verfügung, um zusätzliche Kinder- und Jugendfreizeiten, außerschulische Jugendarbeit und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe umzusetzen. Die Länder erhalten die zusätzlichen Mittel über eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, das am 10. Juni 2021 im Bundestag beschlossen wurde. Dazu wurden Bund-Länder-Vereinbarungen abgeschlossen. Die Länder wollen die Mittel beispielsweise für günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten, Angebote auf pädagogisch betreuten Spielplätzen, Bewegungsprogramme auf Sportplätzen, den internationalen Jugendaustausch und vieles mehr einsetzen.
Umsetzung
Die Länder setzen die Mittel ab den Sommerferien 2021 ein. Informationen über den Stand der Umsetzung sind über die Länder erhältlich.
4. Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Auf bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt gestützte Organisationen und Vereine sollen Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien für mehr soziales Miteinander und Engagement, Bewegung, Gesundheit und Bildung machen können. Dafür werden der Stiftung für Engagement und Ehrenamt 30 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.
Umsetzung
Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt plant, ein Förderprogramm aufzulegen. Auf bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt gestützte Organisationen und Vereine sollen im Sommer Anträge bei der Stiftung stellen können, um Förderung für ihre Angebote zu erhalten.
5. Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus
Das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander - Füreinander fördert bundesweit rund 530 Mehrgenerationenhäuser. Es wird im Rahmen des Aufholpakets um zehn Millionen Euro aufgestockt. Mit zusätzlichen Mitteln können die Mehrgenerationenhäuser ihre Angebote für Kinder, Jugendliche und deren Eltern ausbauen. Dabei stimmen sie sich mit ihrer Kommune und Kooperationspartnern vor Ort wie Schulen, Freizeiteinrichtungen, Sportvereinen und Beratungsstellen ab.
Umsetzung
Mehrgenerationenhäuser können sich bewerben und erhalten - im Falle einer Bewilligung - zusätzliche Fördermittel in Höhe von 15.000 Euro in 2021 und 20.000 Euro in 2022, um die beschriebenen Angebote zusätzlich durchführen zu können. Die Mittel können für Sach- und Personalkosten eingesetzt werden. Das Antragsverfahren wird im Sommer und erste Aktivitäten vor Ort werden im Spätsommer 2021 starten. Alle Mehrgenerationenhäuser erhalten hierzu in Kürze nähere Informationen.
6. Kinderfreizeitbonus
Den Kinderfreizeitbonus von 100 Euro je Kind erhalten minderjährige Kinder und Jugendliche aus bedürftigen Familien und Familien mit kleinen Einkommen, die im August 2021 Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG, BVG, Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. Er kann individuell für Ferien-, Sport- und Freizeitaktivitäten eingesetzt werden.
Umsetzung
Der Kinderfreizeitbonus wird in der Regel automatisch ohne Antrag ausgezahlt. Lediglich Familien, die nur Wohngeld und keinen Kinderzuschlag beziehen, und Familien mit Sozialhilfe stellen dafür einen formlosen Antrag bei der Familienkasse. Der Kinderfreizeitbonus wird ab August 2021 und getrennt von der jeweiligen Leistung (zum Beispiel SGB II) ausgezahlt.
7. Vereinfachte Lernförderung
Die Lernförderung für Kinder und Jugendliche aus dem Bildungs- und Teilhabepaket soll leichter zugänglich werden.
Umsetzung
Der gesonderte Antrag für Lernförderung entfällt ab sofort bis zum Ende des Jahres 2023.
Aktion Zukunft - Kinder und Jugendliche im Alltag und in der Schule begleiten und unterstützen
Die sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen sollen gestärkt werden. Dabei helfen Mentorinnen und Mentoren, die junge Menschen in Sommercamps und an Schulen unterstützen. Darüber hinaus sollen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, Studierende und Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen sowie Freiwilligendienstleistende zum Einsatz kommen.
1. Deutsche Kinder- und Jugendstiftung
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung erhält 100 Millionen Euro, um einen Zukunftsfonds für außerunterrichtliche Projekte und Angebote zur Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen vor Ort aufzusetzen. Die Angebote richten sich bundesweit an Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen und umfassen zum Beispiel Coaching und Begleitung durch Mentorinnen und Mentoren, Gemeinschaftserleben und Mitgestaltung für junge Menschen, zusätzliche Angebote in Kitas sowie Gesundheit, Sport und Bewegung im Rahmen von Sportvereinen.
Umsetzung
Für ihre Angebote können unter anderem Träger der Kinder- und Jugendhilfe, außerschulische Bildungsakteure und zivilgesellschaftliche Organisationen Mittel aus dem Zukunftsfonds beantragen. Das Antragsverfahren startet im September. Erste Aktivitäten sollen im Herbst umgesetzt werden. Außerdem ist ein Zukunftsforum Aufholen nach Corona mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren geplant.
2. Engagement von Bundesfreiwilligendienstleistenden
Um Kinder und Jugendliche vor Ort besser zu unterstützen, können Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ab sofort einfacher und schneller Unterstützung durch Bundesfreiwilligendienstleistende erhalten.
Umsetzung
Wenn eine Schule oder eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe einen Bundesfreiwilligendienstleistenden bei sich einsetzen möchte, kann sie jetzt einfacher und schneller einen Antrag dafür stellen. Das Zulassungsverfahren des Bundesfreiwilligendienstes wurde stark vereinfacht, sodass Anträge sofort und zügig bearbeitet werden können.
3. Zusätzliche Sozialarbeit und Freiwillige an Schulen sowie in der Kinder- und Jugendhilfe
Damit Kinder und Jugendliche in den Schulen individuelle Unterstützung erhalten, bieten die Länder vielfältige Aktivitäten an, die vor Ort mit Hilfe der kommunalen und freien Träger der Schul- und Jugendsozialarbeit und Freiwilligendienstleistenden umgesetzt werden. Beispiele dafür sind mobile Jugendhilfe-Teams, intensivere Beratung am Übergang von einer Schulform in die nächste, mehr psychosoziale Beratung an Schulen, Coaching von Eltern und Kindern bei Krisen zu Hause oder der Einsatz von Freiwilligen über die Freiwilligendienste der Länder.
Umsetzung
Der Bund stellt den Ländern 220 Millionen Euro über eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes für zusätzliche Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende an Schulen zur Verfügung. Dazu wurden Bund-Länder-Vereinbarungen abgeschlossen, in denen die Länder darlegen, wofür sie das Geld ausgeben wollen. Informationen über die Höhe der Mittel für Schulsozialarbeit sind bei den Ländern erhältlich.