„Kompetenter Umgang mit Medien muss gelernt werden“

Wie kann Medienerziehung als gemeinsame Aufgabe von Kita und Familie verstanden und umgesetzt werden? Wie gelingt der Dialog zwischen Fachkräften und Eltern und wie können Kinder von klein auf gut begleitet werden? Ein vierjähriges Forschungs- und Praxisprojekt von Stiftung Digitale Chancen und Stiftung Ravensburger Verlag zeigt Ansätze und Lösungen auf, die vor Bildungs- und Familienpolitikerinnen und -politikern sowie pädagogischen Fachkräften im Oktober in Berlin vorgestellt wurden.

Kinder beim Aufwachsen in einer digitalen Gesellschaft zu begleiten und von klein auf zu fördern, ist ein erklärtes Ziel des Koalitionsvertrags. Daran – und an die ganz aktuellen Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz – knüpft das Forschungs- und Praxisprojekt „Medienerziehung im Dialog von Kita und Familie“ an, dessen Ergebnisse am 10. und 11. Oktober in Berlin vorgestellt wurde. Zehn Kitas aus Berlin, Brandenburg und Niedersachsen wurden hierfür zwei Jahre lang begleitet. Die Projekterkenntnisse zeigen deutlich: Damit Medienerziehung als gemeinsame Aufgabe von Kindertagesbetreuung und Familie gelingen kann, müssen zunächst wichtige Voraussetzungen geschaffen werden. So ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Medienerziehung innerhalb des Kita-Teams sehr wichtig. Für den Dialog zwischen Fachkräften und Eltern eignen sich vor allem informelle Austauschformate, in denen Eltern ihre Sorgen und Erwartungen offen ansprechen können. Zudem sollte die Kita an die jeweilige Situation der Eltern anknüpfen und ein Verständnis für die unterschiedlichen Medienumgebungen entwickeln, in denen Kinder heute aufwachsen. „Der kompetente Umgang mit Medien ist eine wesentliche Voraussetzung für eine chancengerechte Gesellschaft“, ist Theresa Lienau überzeugt, die das Projekt für die Stiftung Digitale Chancen geleitet hat.

„Digital literacy“ – eine Kulturtechnik wie Schreiben, Lesen und Rechnen

Bei einer Veranstaltung vor Familien- und Bildungspolitikerinnen und -politikern am 11. Oktober in Berlin ordneten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Thema „frühkindliche Medienerziehung“ ein. So hob die Direktorin des Bayerischen Staatsinstituts für Frühpädagogik und Medienkompetenz, Prof’in Dr. Fabienne Becker-Stoll, hervor: „Kleinkinder wachsen in einer digitalen Welt auf. Deshalb muss der kompetente Umgang mit digitalen Medien gelernt werden.“ Der Bildungsauftrag von Kindertagesstätten beziehe sich auch auf „digital literacy“ – also die Fähigkeit, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Denn, so Becker-Stoll: „Nicht alle Kinder haben Eltern, die ihnen diese Kompetenzen vorleben und beibringen können.“

Thomas Rathgeb leitet die Abteilung Medienkompetenz, Jugendschutz und Forschung bei der Landesanstalt für Kommunikation. Er führte aus, wie wichtig die Ratgeberrolle der Kita beim Thema Medienerziehung ist: „Neben dem Austausch mit anderen Eltern informieren sich Haupterziehende an zweiter Stelle bei der Kita oder dem Kindergarten zu diesem Thema. Trotz der hohen Internetaffinität der Elterngeneration liegt der Dialog mit der Betreuungseinrichtung ihres Kindes noch vor dem Internet als Informationsquelle zum Thema Medien und Kinder.“

Projektergebnisse untermauert von Studie für die Kultusministerkonferenz

„Die Erziehungspartnerschaft zwischen Fachkräften und Eltern ist ein wichtiger Baustein, um einen geschützten Rahmen zu schaffen, in dem Kinder einen sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit Medien erlernen können. Herauszufinden, wie dieser Dialog aussehen kann, war uns ein großes Anliegen“, so Johannes Hauenstein, der Vorstand der Stiftung Ravensburger Verlag. Er verweist auf die Studienergebnisse der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, die im September 2022 zu einer „ernüchternden Zustandsbeschreibung“ kam. Und die in ihrem Gutachten „Digitalisierung im Bildungssystem“ zwei Kernforderungen stellt: „Frühe digitale Medienbildung in allen Bildungs- und Orientierungsplänen der Länder als Aufgabe von Kindertageseinrichtungen“ zu verankern, und „Kinder und Eltern als Adressat:innen digitaler Medienbildung“ zu betrachten. Johannes Hauenstein: „Als hätte die ständige Wissenschaftliche Kommission unser Projekt vor Augen gehabt! Beide zitierten Aussagen sind zentraler Bestandteil der Ergebnisse unseres Forschungs- und Praxisprojekts.“

Das Projekt: „Medienerziehung im Dialog von Kita und Familie“

Zehn Kitas aus Berlin, Brandenburg und Niedersachsen wurden für die Feldphase des Forschungs- und Praxisprojektes „Medienerziehung im Dialog von Kita und Familie“ zwei Jahre lang medienpädagogisch begleitet. Das vierjährige Projekt führte die Stiftung Digitale Chancen von 2018 bis 2022 in Kooperation mit der Stiftung Ravensburger Verlag durch, die es mit einem Budget von 500.000 Euro förderte. Ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Beirat unterstützte das Projekt. Die Abschlusspublikation ist am 10. Oktober 2022 im kopaed Verlag erscheinen.

Weitere Informationen

Quelle

Stiftung Ravensburger Verlage

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
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