TikTok Now: Posten im Style von BeReal

Das Konzept der App BeReal ist total im Trend. Nun startet auch TikTok mit einer neuen Funktion: Mit TikTok Now kann ebenfalls nur einmal pro Tag gepostet werden. Dabei sollten Eltern und Kinder jedoch einige Risiken beachten.

Authentische Einblicke statt bearbeiteten und gestellten Fotos stoßen bei jungen MediennutzerInnen auf immer mehr Interesse. Seit einigen Monaten ist in Deutschland die Trend-App BeReal mit dieser Idee bei Heranwachsenden beliebt geworden. Nun stellen die Anbieter von TikTok eine sehr ähnliche Version vor.

TikTok Now fordert NutzerInnen jeden Tag zu einem zufälligen Zeitpunkt dazu auf, ein Foto von der Vorder- und Rückseite der Kamera zu machen, damit sie ihren Alltag einfangen und teilen können. Der Hauptunterschied zu BeReal ist, dass es auch möglich ist, ein bis zu zehnsekündiges Video aufzunehmen. Per Benachrichtigung mit Blitz-Emojis werden NutzerInnen darauf hingewiesen, dass es „Zeit für ein Now“ ist. Wer auf die Benachrichtigung tippt, hat drei Minuten für die Aufnahme Zeit. Fotos aus der Galerie können in der App nicht hochgeladen werden. Die veröffentlichen Fotos oder Videos bleiben bis zur nächsten „TikTok Now“-Aufforderung für die eigenen Kontakte sichtbar und werden mit der Uhrzeit des Hochladens markiert. Bei Aufnahmen, die nicht rechtzeitig geteilt wurden, ist zu lesen, wie viele Stunden sie „zu spät“ aufgenommen wurden. Die Beiträge können gelikt oder kommentiert werden. Einmal veröffentlicht ist es jedoch anders als bei BeReal nicht möglich, ein Now wieder zu löschen.

Schutz von Kindern und Jugendlichen

Die „TikTok Now“-Funktion ist in der regulären TikTok-App über einen Reiter neben der „For You“ Page zu finden, der auf das neue Feature verweist. Das weckt bei TikTok-Nutzer*innen Neugier. TikTok Now muss derzeit jedoch trotzdem als seperate Anwendung installiert werden. Wer die App herunterlädt, muss sich mit einem TikTok-Konto anmelden. Das Mindestalter von 13 Jahren gilt also auch für TikTok Now. Je nach Alter hat TikTok Now einige Datenschutzfunktionen: Zum einen müssen NutzerInnen 18 Jahre alt sein, um ihre TikTok-Now-Posts im Explore Feed zu teilen, wo auch Fremde den Beitrag sehen. Bei NutzerInnen zwischen 13 und 15 Jahren können nur ihre FreundInnen – also Personen, denen sie folgen und die hinen ebenfalls folgen – ihre Beiträge kommentieren. Ansonsten bietet die App nicht sehr viele gesonderte Einstellungen: Push-Benachrichtigungen können nicht extra für Likes und Kommentare ausgeschaltet werden, sondern nur generell deaktiviert sein, wodurch allerdings auch das Zeitfenster zum Posten verpasst wird.

Es kann sein, dass Kinder und Jugendliche bei der Anmeldung bei TikTok ein falsches Geburtsdatum angegeben haben, denn das wird von der Anwendung nicht überprüft. Umso wichtiger ist es also nun mit TikTik Now, dass Eltern mit ihren Kindern gute Sicherheits- und Privatsphäreeinstellungen treffen und ihr Konto so schützen.

Sicherheit und Risiken bei TikTok Now

Am besten machen sich Eltern ein Bild von TikTok Now und wägen ab, ob sie ihrem Nachwuchs die App erlauben. Wenn sie sich dafür entscheiden, sollten sie darüber sprechen, worauf beim Hochladen eines Nows alles geachtet werden muss. Denn TikTok Now hat einige Ecken und Kanten. Folgende Risiken sollten Eltern im Blick haben und im Gespräch mit ihrem Kind thematisieren:

Unbedachte Kontakte
Bei TikTok Now müssen Kontakte nicht erst hinzugefügt werden, sondern werden bereits vom TikTok-Konto übernommen. Wenn ein Kind einer Person folgt und diese Person dem Kind zurückfolgt, zählt dieser Kontakt automatisch zu den FreundInnen auf TikTok Now. Es ist nicht möglich, für TikTok Now gesondert auszuwählen, wer von den TikTok-Kontakten die eigenen Inhalte sehen oder nicht sehen darf. Werden Freund*innen bei TikTok Now entfernt, sind sie auch in der normalen App entfernt. Junge NutzerInnen müssen daher abwägen – und teilen ihre TikTok Nows eventuell mit einer größeren Gruppe an Personen, als ihnen eigentlich lieb ist. Die neue Funktion stellt also einen guten Anlass dar, die Abonent*innenliste einmal kritisch durchzugehen und zu überlegen, welche Personen die eigenen Aufnahmen bei TikTok Now zu sehen bekommen sollen.
Zum Schutz des Kindes ist es sinnvoll, dass sie abmachen, dass die Aufnahmen nur mit FreundInnen geteilt werden. Wird ein Now über die Discovery-Funktion veröffentlicht, sehen andere Personen in der Region die Aufnahme. Sie können den Beitrag zwar nicht liken oder kommentieren, allerdings machen Kinder sich unter Umständen auffindbar für Fremde oder ziehen so Aufmerksamkeit auf sich, die zu ungewollter Kontaktaufnahme auf TikTok führen kann.

Private Einblicke 
Während auf TikTok häufig aufwendig bearbeitete, kreative Videos hochgeladen werden, sollen NutzerInnen auf TikTok Now ohne viel Nachdenken posten. Dabei müssen Kinder und Jugendliche bedenken, dass keine Aufnahmen geteilt werden sollten, die nicht genau überprüft wurden. Denn besonders in den bis zu zehnsekündigen Videos ist viel Zeit für Einblicke, die privater sein können als beabsichtigt. Bilder und Videos können gescreenshotet, weiterverbreitet und für Mobbing verwendet werden. Auch Persönlichkeitsrechte Dritter müssen gewahrt werden: Bei TikTok Now sollten keine anderen Personen ohne ihr Einverständnis zu sehen sein. Bei TikTok Now muss besondere Vorsicht geboten sein, weil die Bilder und Videos nach dem Posten nicht gelöscht werden können und im Zweifelsfall 24 Stunden online bleiben.

Nutzungszeit
TikTok Now nimmt an sich nicht übermäßig viel Zeit in Anspruch, da nur einmal pro Tag gepostet werden kann. Allerdings erscheint die Push-Benachrichtigung zu unterschiedlichen Zeiten – mitunter auch in medienfreien Zeiten wie dem Familienabendessen. Das Posten holt Heranwachsende leicht aus ihrem Alltag: Ist das neue Feature erstmal komplett in die reguläre TikTok-App integriert, kann es schnell passieren, dass Kinder und Jugendliche aus Gewohnheit auf die „For You“-Page wechseln und dort länger verweilen, als geplant, oder andersherum.
Die Funktionsweise von TikTok Now kann außerdem bei den jungen NutzerInnen den Wunsch stärken, immer erreichbar zu sein, um das Zeitfenster zum Posten nicht zu verpassen, und das Smartphone nicht aus den Augen zu lassen. Indem Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und ihr eigenes Gerät bewusst auch mal zur Seite legen, können sie ihrem Nachwuchs einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien vermitteln.

Druck zur Selbstdarstellung
Anders als bei BeReal, wo NutzerInnen mit einem selbst erstellten Emoji auf die Bilder ihrer Kontakte reagieren können, werden bei TikTok Now Likes verteilt. Die Anzahl der „Gefällt mir“-Angaben kann genau wie auf den etablierten Netzwerken Druck aufbauen. Positive Reaktionen – etwa durch Kommentare oder Likes auf die eigenen Postings – dienen für viele Jugendliche als Maßstab für die eigene Beliebtheit. So können die Heranwachsenden leicht das Gefühl bekommen, sich selbst möglichst schmeichelhaft und ihren Alltag möglichst spannend darzustellen, um Bestätigung und Anerkennung zu erfahren.

Quelle:

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Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
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