Wie Eltern Kindern Wertschätzung für die Natur vermitteln

Philip Kullmann
Kullmann Foto

 

 

 

 

Den Kindern die Wertschätzung für die Natur zu vermitteln, ist heute wichtiger denn je. Denn nur wer die Grundlagen für das ökologisch sinnvolle Handeln kennt und den Nutzen versteht, ist dazu in der Lage, die natürlichen Lebensräume zu schützen und somit auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Darüber hinaus verbringen sehr viele Kinder und Jugendliche den größten Teil ihrer Freizeit nicht mehr draußen an der frischen Luft, sondern vor dem Bildschirm. Das Abtauchen in eine virtuelle Scheinwelt birgt jedoch die Gefahr der Naturentfremdung. Die Folgen sind fatal. Denn wer nicht schon in jungen Jahren lernt, sich selbst als einen Teil der Natur zu begreifen und die Notwendigkeit eines umweltgerechten Handelns erkennt, der wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Erwachsenenalter nicht tun. Daher sind vor allem die Eltern gefordert, ihren Kindern frühzeitig den Sinn eines natur- und umweltgerechten Lebensstils zu verdeutlichen.

Nachfolgend finden interessierte Eltern Anregungen, wie sie ihre Kinder dazu bringen, den Wert einer intakten Umwelt zu erkennen, zu schätzen und zu fördern.

Ausflüge bei jedem Wetter

Um das Bewusstsein für die persönliche Stellung im ökologischen Gefüge zu stärken, sind Naturerfahrungen sehr wichtig. Daher sind regelmäßige Ausflüge in die Natur sehr empfehlenswert – und zwar nicht nur bei Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen. Auch mit Gummistiefeln und Regenmantel macht eine Exkursion in den Wald oder auf die Wiese sehr viel Spaß. Manche Tiere kommen erst bei feuchtem Wetter aus ihren Verstecken heraus. Nur wer bei jeder Witterung ins Freie geht, kann die ganze Vielfalt der heimischen Tierwelt erfassen. Während sich bei Sonnenschein verschiedene Arten von Faltern und Schmetterlingen auf den blühenden Wiesen tummeln und Eidechsen durchs Gras huschen, stehen vor allem bei Nieselregen die Chancen gut, Fröschen und anderen Lurchen zu begegnen.

So wie jedes Wetter seinen Reiz hat, präsentiert sich die Natur auch den Jahreszeiten entsprechend sehr unterschiedlich. Im Herbst erstrahlt die Landschaft in vielen bunten Farben. Der Wind ist nun ideal zum Drachensteigen. Der Winter ist hingegen die beste Zeit für kleine Spurenleser. Denn im Schnee haben Füchse, Hasen und Rehe ihre persönliche Visitenkarte hinterlassen. Im Frühling zeigen sich die ersten Blumen, die Wiesen werden grün und die Zugvögel sind aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt. Es lohnt sich daher, das Fernglas auf den Ausflug mitzunehmen. Der Sommer ist dazu da, sich am und im Wasser zu erfrischen. Es ist diesbezüglich sinnvoll, hin und wieder bewusst auf den Besuch des Schwimmbads zu verzichten und stattdessen ein natürliches Badegewässer zu besuchen. Auch das Waten im knietiefen Bach bereitet den Kindern sehr viel Freude. Mit dem Kescher lassen sich Wasserschnecken und kleine Krebschen fangen.

Als Faustregel gilt, dass auch Stadtkinder mindestens eine Stunde am Tag ins Freie sollten, egal bei welcher Witterung. Wenn kein Wald in der Nähe ist, dann bietet ein Spaziergang durch den Stadtpark Abwechslung. Die regelmäßigen Ausflüge bei jedem Wetter fördern nicht nur das Naturbewusstsein, sondern stärken auch die Abwehrkräfte.

Hören, riechen, sehen und schmecken

Animieren Sie Ihre Kinder dazu, die Natur mit all ihren Sinnen zu erfahren. Wie unterscheiden sich die einzelnen Blumen am Duft? Verbinden Sie den Kindern die Augen und lassen Sie die Kleinen raten, was sie hören und riechen. Machen Sie den Geschmackstest. Wie schmeckt eine Walderdbeere, wie ein Gerstenkorn, wie sauer ist eine Schlehenfrucht? Betrachten Sie die Dinge im Detail. Falten Sie die Blütenblätter auseinander, zählen Sie die Rispen an einem Grashalm, wie viele Beine hat eine Spinne, wie viele ein Käfer? Im Handel gibt es speziell für Kinder Becherlupen, die der Aufbewahrung und Vergrößerung von Insekten und kleinen Krabbeltieren dienen. Die Kinder lernen im Selbstversuch sehr viel schneller. Die Erkenntnisse, die auf einer persönlichen Erfahrung beruhen, bleiben in der Regel dauerhaft im Gedächtnis haften.

Kreativ arbeiten mit Naturmaterialien

Kinder basteln für ihr Leben gerne. Das Herstellen eigener Dinge sorgt für Erfolgserlebnisse und fördert das Selbstbewusstsein. Besonders viel Spaß macht das Basteln, wenn man die hierfür benötigten Materialien selbst gesammelt hat. Vor allem im Herbst hat die Natur den Tisch für kreative Menschen reich gedeckt. Auf dem Boden liegen nicht nur schöne bunte Blätter der unterschiedlichsten Formen und Farben, sondern auch Bucheckern, Kastanien und Eicheln. Wer möchte, kann auch Hagebutten für seine Bastelarbeiten verwenden. Die Möglichkeiten diesbezüglich sind sehr vielfältig, vom klassischen Kastanienmännchen bis hin zur aufwändig gestalteten Herbstdekoration lässt sich aus den Naturmaterialien fast alles herstellen. Auch eine Kette aus Buchensamen und leeren Schneckenhäusern ist sehr attraktiv. Ein Muss ist außerdem die Herstellung eines Kürbisgeistes im Oktober. Kleine Mädchen freuen sich im Frühling und Sommer über einen Haarkranz aus bunten Blüten. Jungen und natürlich auch Mädchen ab einem Alter von etwa acht Jahren dürfen auch schon mit einem speziellen Messer Figuren in weiches Holz schnitzen.
Wem es an einer geeigneten Bastelidee mangelt, der sollte sich während eines Spaziergangs von der Natur inspirieren lassen. Vielleicht hat ein Bussard eine schön gemusterte Feder verloren, die nun am Wegesrand liegt und darauf wartet, dass ein Kind sie mit nach Hause nimmt. An manchen Stellen wachsen auch Stechäpfel, die nun im Herbst trocken sind und sich mit etwas Fantasie zu hübschen Gestecken verarbeiten lassen.

Nahrung suchen in der Natur

Es ist eine sinnvolle Aufgabe für alle Eltern, die Kinder frühzeitig vom Wert einer naturgesunden Ernährung zu überzeugen. Die Kleinen müssen lernen, dass wir unser Essen und somit auch unser Leben und unsere Gesundheit der Natur verdanken. Abenteuerlustige Kinder finden es toll, sich einen Tag oder auch ein Wochenende lang nur von dem zu ernähren, was die Natur zur Verfügung stellt. Im Juni und Juli wachsen im Wald reichlich Beeren, auf den Feldern Kirschen, und die ersten Äpfel und Zwetschgen sind auch schon reif.

Drücken Sie jedem Kind ein Becherchen in die Hand und sammeln Sie Blaubeeren, Walderdbeeren, Brombeeren und Himbeeren. Erkundigen Sie sich, wo es die Möglichkeit zum Obstpflücken gibt. Wenn es feucht und noch ausreichend warm ist, sprießen im Wald außerdem die Pilze aus dem Boden. Mit Eiern und Zwiebeln geröstet und mit Petersilie garniert, schmecken die Pilze ausgezeichnet. Achten Sie aber darauf, nur Pilze zu sammeln, die sie auch wirklich kennen.

Darüber hinaus sollten die Kinder wissen, wo unsere Grundnahrungsmittel herkommen. Besuchen Sie daher mit Ihrer Familie einen Bauernhof, sehen Sie beim Melken zu, beobachten Sie die Hühner und kaufen Sie dort nach Möglichkeit auch Ihre Milch und Eier ein. Vielerorts besteht auch die Gelegenheit zum Besuch eines Erlebnisbauernhofs. Außerdem lohnt es sich, das örtliche Ferienprogramm und die Angebote der Volkshochschulen zu studieren. Manchmal beinhaltet der Veranstaltungskalender auch Bäckerei-, Molkerei- und Bauernhofbesichtigungen für Kinder.

Die Eltern müssen den Kindern ein Vorbild sein

Selbstverständlich können Eltern ihren Kindern nur dann den Wert der Natur vermitteln, wenn sie selbst umweltgerecht handeln und allem Leben mit Respekt begegnen. Das fängt im Haushalt an und endet beim verantwortungsvollen Umgang mit Tieren. Trennen Sie Ihren Abfall und erklären Sie den Kindern, weshalb Sie das tun. Benutzen Sie zum Waschen und Putzen nur umweltfreundliche Mittel, lassen Sie die Umverpackungen im Laden, ermuntern Sie ihre Kinder, das Licht auszuknipsen, wenn Sie dieses nicht mehr benötigen, und mit dem Leitungswasser sparsam umzugehen.

Darüber hinaus sollten Kinder den verantwortungsbewussten und respektvollen Umgang mit Tieren lernen. Die Kinder müssen wissen, dass Tiere Lebewesen sind, die Schmerz und Freude ebenso empfinden wie wir Menschen und einer regelmäßigen Fütterung und Pflege bedürfen. Kinder, die sich selbständig um ein eigenes Tier kümmern müssen, handeln auch als Erwachsene verantwortungsvoller. Wenn ausreichend Platz vorhanden ist und die Kinder alt genug sind, spricht an und für sich nichts gegen ein Heimtier.

Ausreichend Arbeitsmaterial zur Verfügung stellen

Eltern, die ihre Kinder naturbezogen erziehen möchten, sollten am Anschauungs- und Lehrmaterial nicht sparen. Im Handel gibt es sehr viele schöne Natur- und Tierbücher, die den Sachverhalt auf eine kindgerechte und daher leicht verständliche Weise erklären. Bei Ausflügen in der Natur sind auch Becherlupen, Kescher und Faunarien sehr sinnvoll. Mit einem speziellen Kindermikroskop lassen sich Wasserflöhe, Fischschuppen, Blütenblätter und winzige Krebse sehr gut beobachten.

Im Waldkindergarten die Natur lieben lernen

Eltern, die die Möglichkeit haben, ihre Kinder in einem Waldkindergarten betreuen zu lassen, sollten nicht lange zögern. Aus gutem Grund sind die freien Plätze sehr begehrt und in der Regel schon nach kürzester Zeit ausgebucht. Im Waldkindergarten verbringen die Kleinen den Vormittag überwiegend im Freien und spielen mit natürlichen Materialien. Bei schlechtem Wetter steht in den meisten Fällen ein Bauwagen zur Verfügung. Die Themen Natur und Umwelt finden in einem Waldkindergarten größere Beachtung als in einer herkömmlichen Kindertagesstätte.

Beteiligen Sie sich an Naturschutzprojekten

Wer einen eigenen Garten besitzt, kann viel dazu beitragen, die heimische Tierwelt zu unterstützen. Sie könnten zum Beispiel gemeinsam mit Ihren Kindern ein Insektenhotel oder eine Winterunterkunft für Igel bauen. Nistkästen sind eine sinnvolle Hilfe für Brutvögel, die sich im Winter außerdem über ein paar Meisenknödel sehr freuen. Stellen Sie im Sommer den Vögeln Wasser bereit und lassen Sie im Garten genügend Platz für Hecken und Sträucher.

Darüber hinaus haben Ihre Kinder sicherlich an einem Gartenteich ihre Freude. Dort können die Kinder Frösche, Fische und andere Wassertiere beobachten. Stadtmenschen, die keine Möglichkeit haben, die Natur in ihrem eigenen Garten zu erleben, können sich an verschiedenen Naturschutzprojekten beteiligen. Der Bund Naturschutz, der LBV und viele andere Vereine geben Ihnen hierzu gerne Auskunft.

Spielend die Natur erleben

Eine gute Idee, Kinder für die Natur zu begeistern, sind Spiele. Ein beliebtes Spiel ist zum Beispiel die Tastschachtel. Dafür benötigt man einen leeren Schuhkarton, in den Sie ein handgroßes Loch schneiden. Die Kinder müssen ertasten, welcher Gegenstand in der Schachtel liegt – vielleicht ein Stein, eine Kastanie, ein Blatt oder eine Hagebutte.
Verstecken spielen im Wald macht mit der passenden Verkleidung doppelt so viel Spaß. Denn mit einer Blätterkrone aus buntem Laub sind die Kinder bestens getarnt. Die Herstellung der Krone ist denkbar einfach. Ein Ring aus Papier bildet das Stirnband, das sich mit einem Gummizug am Kopf befestigen lässt. In das Papier schneidet man Löcher, in die dann die Blätter gesteckt werden.
Ein klassisches Spiel für draußen ist auch die Schnitzeljagd. Anhand bestimmter Markierungen, dabei kann es sich um Papierschnitzel, Pfeile oder andere Hinweise handeln, müssen die Kinder ein festgesetztes Ziel finden. Im Idealfall wartet dort eine kleine Überraschung auf die Abenteurer.

Auf Gruppenleiter-Wiki und Naturstrolche finden interessierte Eltern weitere Anregungen zur Natur- und Umwelterziehung.

Autor

Philip Kullmann, Naturliebhaber und selbst Vater von drei Kindern, ist Geschäftsführer von MeinGartenversand

 

Erstellt am 25. November 2011, zuletzt geändert am 24. November 2011
 

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
Logo: Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz