Familiennachmittag im Museum
Adelheid Fangrath
Kinder brauchen Freiräume, in denen sie ihre eigenen Vorstellungen entwickeln können. Wenn sie auf ihre eigenen Erfahrungen aufbauen können, finden sie ihren persönlichen, kindgerechten Zugang zur Wirklichkeit. Das Museum ist so ein Ort, in dem die Umwelt spielerisch erlebt werden kann. Hier können Kinder ihre eigenen Fragen stellen, die Neugierde wird angeregt und sie können Zusammenhänge in ihren Gedanken formulieren. Entdecken Sie gemeinsam mit Ihren Kindern die aufregende Welt, die Ihnen die vielen unterschiedlichen Museen zu Füßen legen.
Erlebniswelt Museum
Nicht immer haben Erwachsene gute Erinnerungen an Museumsbesuche mit der Familie. So ein Nachmittag konnte sich zäh und äußerst langweilig gestalten. Man durfte nicht rennen, laut sprechen und die Erklärungen der Exponate waren ermüdend. Inzwischen begreifen sich fast alle Museen nicht nur als ein Ort des Sammelns und Bewahrens sondern auch des Vermittelns. Dabei sind sich die Museumspädagogen der Konkurrenz durch die vielen Freizeitangebote für Kinder bewusst. Längst haben sie viele spannende Angebote für Kinder im Programm, die es zu entdecken gilt.
Betrachten Sie ein Museum nicht als einen Bildungsort, sondern lernen Sie und Ihre Familie einen Museumsbesuch als attraktives Freizeitangebot kennen. Gerade dieses gemeinsame Erleben fördert die Entwicklung Ihrer Kinder. Ein unterhaltsamer Nachmittag im Museum vermittelt nebenbei mehr Wissen als stures Pauken von Fakten und bleibt auch länger im Gedächtnis haften.
Entdecken Sie die vielfältige Museumslandschaft
Kinder sind von Natur aus neugierig. Sie wollen alles wissen und viele Dinge hinterfragen. Im Museum gibt es immer viel zu entdecken. Dabei haben sie viele unterschiedliche Sammelschwerpunkte. Bekannt sind vor allem Historische und Volkskundliche Museen. Hier gibt es viele anschauliche Ausstellungsstücke zu bewundern, die auch das Interesse der Kinder ansprechen. Besonders schön sind Dioramen, in denen historische Szenen in Miniaturgröße nachgestellt werden. Wahrscheinlich haben Sie die Heimatmuseen in Ihrer Umgebung selber schon oft besucht und fühlen sich hier zu Hause. Natürlich ist es ein Vorteil, wenn Sie Erinnerungen mit dem Museum verbinden. Sie können viele spannende Geschichten erzählen und bringen auch eigene Gefühle ein. So lernt Ihr Kind ganz nebenbei Ihre eigene Vergangenheit kennen und Sie vertiefen die Verbundenheit innerhalb der Familie.
Dagegen werden Sie sich in einem Kunstmuseum eher fremd fühlen, wenn Sie nicht gerade ein ausgesprochener Kunstkenner sind. Damit sich Kinder nicht langweilen, bedarf ein Besuch gewisser Vorbereitung. Sie müssen zwar kein Experte sein und die Kunstepochen aufsagen können, aber Sie sollten sich vorab über die ausgestellten Werke informieren und eine Vorauswahl treffen. Besonders reizvoll wirken Ausstellungen mit Moderner Kunst auf Kinder. Mit ihrer unbefangenen, offenen Sichtweise können sie die einzelnen Werke akzeptieren. Sie finden ihre eigenen Lösungen und brauchen keine weitschweifenden Erklärungen.
Wahrscheinlich geraten Sie auch in Naturwissenschaftlichen Museen bald an die Grenzen Ihres Wissens. Hier können Sie zusammen mit Ihren Kindern dazulernen, indem Sie gemeinsam die Texte lesen. Die besondere Attraktion dieser Museen sind gewöhnlich spannende Experimente, die die Besucher selber nachmachen können. Das ist für Kinder immer ein Vergnügen, und sie werden begeistert auf jeden Knopf drücken, um die entsprechende Aktion auszulösen.
Attraktion Freilichtmuseum
Eine der kinderfreundlichsten Museumsarten ist das Freilichtmuseum. Die großen Areale laden zum Laufen, Toben und Spielen ein. Nebenbei erfahren die Kinder in anschaulicher Weise, wie die Menschen früher gelebt haben. Und das Tollste, sie dürfen fast alles anfassen. Besonders reizvoll sind die Aktionstage. Es wird Brot gebacken und gegessen, Wolle gesponnen, Gefäße getöpfert und vieles mehr. Oft trägt das Personal historische Kleidung, die die Vergangenheit aufleben lässt. Und diesen ganzen Spaß erleben Sie in frischer Luft, so dass sich die Kinder austollen können und garantiert nicht quengeln.
Aktives Schauen
Ein Museum bietet längst mehr als kostbare Exponate. Fast überall können Sie an Führungen teilnehmen, manchmal sogar kostenlos. Dieses Angebot sollten Sie unbedingt nutzen. Das Wissen wird kompakt erzählt und Sie müssen nicht die Erklärungen lesen, was Kinder meistens rasch langweilt. Jede Führung wird außerdem mit bunten Geschichten lebhaft aufgelockert.
Eine Alternative zu Führungen sind markierte Pfade. Meistens sind diese auf Kinder zugeschnitten und werden von einer witzigen Fantasiefigur begleitet. Diese Kunstfigur erzählt den Kindern Wissenswertes und spannende Geschichten. Ähnlich sind auch Arbeitsblätter oder Führungsbögen aufgebaut. Auf spielerische Weise lernen die Kinder die wichtigsten Exponate des Museums kennen. Das Ganze ist wie ein lustiges Versteckspiel aufgebaut und ist ein Spaß für die ganze Familie. Fragen Sie an der Kasse nach Angeboten für Kinder. Je größer die Nachfrage, desto mehr wird auch in diesem Bereich investiert.
Spaß im Museum
Bereiten Sie Ihre Kinder auf den Besuch im Museum vor und sagen Sie Ihnen, was sie dort erwartet. Dann haben sie auch Lust mitzukommen. Denken Sie aber daran, Ihren Kindern gewisse Regeln mitzugeben. In vielen Museen ist es einfach nicht erlaubt, die Exponate anzufassen. Erklären Sie den Kindern, warum die Gegenstände so wertvoll sind. Auch ein altes, zerschlissenes Werkzeug ist wertvoll, weil es nur noch wenige davon gibt. Damit es noch viele Menschen anschauen können, darf man es nicht berühren.
Sie brauchen im Museum nicht flüstern, aber die Kinder sollten sich angemessen verhalten. Wenn sie anfangen, durch die Räume zu rennen, sollten Sie den Besuch beenden. Vielleicht hilft es, kurz zu unterbrechen und die Kinder im Hof austoben zu lassen.
Denken Sie daran, ein Museumsbesuch soll kein zwanghaftes Lernen beinhalten. Da Kinder noch gar nicht die große Übersicht interessiert, sollten Sie sie auch nicht zwingen, sich alles anzuschauen. Sie werden ohnehin erstaunt sein, wofür sich Ihre Kinder interessieren. Oft sind es kleine Details, die Ihnen absurd erscheinen. Manchmal ist es vorhersehbar, wie das Interesse der Jungen an Waffen. Gönnen Sie Ihren Kindern ihre eigenen Erlebniswelten und staunen Sie darüber, mit wie viel Fantasie sie Neues aufnehmen.
Lassen Sie den Kindern auch ihr Tempo selber bestimmen. Natürlich können Sie auf Spannendes hinweisen, aber stören Sie nicht zu sehr die Bahnen Ihres Nachwuchses. Damit Sie selber Freude an dem Nachmittag haben, sollten Sie sich Exponate anschauen, die Sie interessieren. Insgesamt ist weniger aber mehr. Wenn Ihre Kinder deutlich die Lust verlieren, sollten Sie den Museumsbesuch beenden.
Was ist das?
Kinder fragen ihren Eltern ein Loch in den Bauch. Das wird sich zum Glück auch im Museum so verhalten. Freuen Sie sich über die Neugierde Ihres Kindes. Niemand erwartet eine wissenschaftlich korrekte Erklärung von Ihnen. Meistens sind Kinder mit einer einfachen, kurzen Erklärung zufrieden. Wenn Sie die Antwort nicht wissen, sagen Sie das Ihrem Kind. Sie können gemeinsam den Text lesen und eine Antwort suchen. Oder Sie merken sich die Frage und schauen später im Lexikon nach. Ein besonders guter Tipp: Fragen Sie das Aufsichtspersonal. Keine Angst, die Leute freuen sich über jede Abwechslung und bestechen zumeist durch ein tolles Wissen.
Im Kunstmuseum kehren Sie die Frage nach der Bedeutung eines Werkes einfach um. Überlegen Sie gemeinsam, was zum Beispiel die merkwürdige Skulptur bedeuten könnte: Entdecken Sie zusammen mit Ihrem Kind die Materialien, Formen und Farben der Objekte. Denken Sie daran, Kinder brauchen keine langatmigen, vorgefertigten Erklärungen sondern nur Hilfen beim Schauen. Lassen Sie immer der spontanen Betrachtungsweise der Kinder genügend Raum.
Selber Machen
Runden Sie den Museumsbesuch ab und setzen Sie die Anregungen kreativ um. Kinder können ihre Erlebnisse besonders gut in Bildern verarbeiten. Vielleicht malt jeder aus der Familie ein Bild über den Museumsbesuch. Es ist spannend zu sehen, wofür sich jeder begeistert hat. Auch ein Besuch in der Kunsthalle kann künstlerisch nacherlebt werden. Basteln Sie gemeinsam eine abstrakte Skulptur aus verschiedenen Haushaltsmaterialien, oder Sie versuchen, einen Gegenstand wie Picasso in Formen zu zerlegen.
Inzwischen haben sich die Vorteile des Merchandisings auch in den Museen herumgesprochen. In ihren Shops bieten sie neben vielen teuren Schnickschnack auch spannende Bastelbögen oder Spiele an. Da schlägt nicht nur das Kinderherz höher, wenn es gilt, die kleinen Modelle nachzubauen. .
Damit der Museumsbesuch noch lange positiv in Erinnerung bleibt, sollten Sie gelegentlich darüber sprechen. Dies sollte spontan und fast nebenbei geschehen. Vielleicht erinnert sie eine Baustelle an ein altes, ausgestelltes Werkzeug…
Weitere Beiträge der Autorin hier in unserem Familienhandbuch
Autorin
Adelheid Fangrath M.A. ist Kunsthistorikerin und arbeitet als freie Autorin. Seit 2000 ist sie Mitherausgeberin des Mitmach- und Informationsmagazins für Familien und Kinder. Mit Begeisterung besuchen sie und ihr Sohn regelmäßig Museen und Ausstellungen.
Kontakt
Adelheid Fangrath
27607 Langen
Erstellt am 30. Mai 2005, zuletzt geändert am 30. Mai 2005