Dreizügige Geld-Erziehung – Mit Taschengeld, Jobs und Erfahrungen gegen Schuldenfalle und Spekulationsverlust

Dr. Hermann Liebenow
Liebenow

In welche zukünftige Finanzwelt ein heutiges Kind hineinwächst, ist ungewiß. Aber wahrscheinlich gilt für Normalbürger noch lange, daß Geld erarbeitet wird. Ein solches Geldverständnis schützt vor Illusionen, sollte aber schon früh in drei Lernsträngen ausgebildet werden. Andernfalls drohen quälender Neid, schnelle Verschuldung und schlimme Fehlspekulationen.

Ziele der Gelderziehung

Die allermeisten Menschen müssen ihr Geld erarbeiten, sinnvoll damit umgehen, und unfaßliche Folgeerscheinungen bewältigen. Das kann und sollte schon im Kindesalter vorbereitend vermittelt und geübt werden, -wie die Kulturtechniken Singen und Kommunizieren, Schreiben und Rechnen, Ernähren und Sporteln, Autofahren und Computern. Wenn dann der einfache Geld-Umgang und das erste Geld-Verständnis im Jugendalter zu guten Wertentscheidungen und stabiler Willenskraft weiter ausgebildet werden, können junge Erwachsene den täglichen Geld-Umgang meistern, vernünftige Budgets halten und heikle Finanzangebote meiden.

Dreifache Geld-Kompetenz

Die Kompetenzen zum Umgang mit dem Geld entwickeln sich dreifach:

  • beim Kauf und Verkauf, zunächst mit dem Taschengeld
  • beim Erarbeiten von Arbeitslohn, zunehmend in Hausjobs
  • an Kreditzinsen und bei Kapitalspekulationen, auch schon mit Geld-Spielen und später mit Merksätzen und eigenen Übungs-Konten.

Alter (Jahre)

Taschengeld (Spanne)

4

Mitbringsel gelegentlich

5

fünf 10-Cents wöchentlich

6

1,0 Euro wöchentlich

7

2,0 Euro wöchentlich

8

5 Euro zweiwöchentlich

10

15 Euro (7 - 23 Euro)

12

20 Euro (10 - 30 Euro)

14

30 Euro (15 - 45 Euro)

16

40 Euro (20 - 60 Euro)

18

50 Euro (25 - 75 Euro)

Eltern und Kinder interessieren sich oftmals leider nur für die üblichen Taschengeld-Beträge. Die werden in den Familien unterschiedlich festgelegt. Ich empfehle die nebenstehenden Beträge (Schwankungsbreite in Klammern).

Taschen-Geld

Schon vor der eigentlichen Gelderziehung bereiten elterliche Wertschätzungen der kleinen Sammlungen und Produkte des Kindes auf einen vorsichtigen Umgang mit Münzen vor. Und irgendwann erfolgt mit einem kleinen Handgeld für eine Leckerei der erste Einkauf. So richtig los geht’s aber erst mit dem Taschengeld, -am besten mit fünf 10-Cent-Münzen wöchentlich ab etwa dem 5. Geburtstag.

Mit der Einschulung kann dann schon auf den 1-Euro-Silberling erhöht und das Drei-Kassen-System mit Geldbeutel, Spardose und Sparbuch eingeführt werden.

Arbeits-Lohn

Sehr bewährt ist, etwa vom 10. Lebensjahr an, einige bezahlte Verdienstmöglichkeiten aus zu handeln. An solchen Jobs wächst die Grunderfahrung: „Geld zeigt bereits geleistete Arbeit“. Viele Familien vereinbaren Zensurengeld (schließlich bringt jede Ausbildungsebene später etwa 10 € mehr Stundenlohn).

Wohlhabende Familien halten das Taschengeld relativ knapp, aber ermöglichen ihren Kindern ab etwa 12 Jahren einträgliche Hausjobs, befürworten Zuverdienste und sponsern gute Aktivitäten mit hohen Zulagen. Es gibt sehr viele alterstypische Beispiele und Möglichkeiten.

Kredit und Kapital

Die meisten Familien lagern größere Geldgeschenke, Geburts- und Konfirmationsgeld beispielsweise, von Angang an auf gesonderte Sparkonten für das Kind aus. So müssen größere Anschaffungen vor der Abhebung diskutiert werden. Das bereitet auf spätere Kapital-Konten vor.

Schließlich sollten ältere Kinder, spätesten als Jugendliche, kontrolliert und geschützt an teuren Kredit und spekulatives Kapital heran geführt werden, zunächst mit Geldspielen im Umfeld, dann aber sogar mit Familienkrediten und oftmals auch mit virtuellen Aktienkonten im Internet. So können noch deutlich vor der Volljährigkeit die Grundprinzipien der Finanz- und Kapitalwirtschaft mit faktischen Konsequenzen vermittelt werden.

Ob virtuelle Wertpapierkonten, besonders sogenannte Börsenspiele, eher präventiv oder verführerisch wirken, ist m.W. leider noch immer nicht wissenschaftlich untersucht worden. Ebenso nicht untersucht sind schützende Merksätze zum Geld-Umgang, etwa „wer bürgt, wird gewürgt“. Als über Jahrzehnte erfahrener Erziehungsberater aber empfehle ich solche Orientierungshilfen sehr.

Weiterführende Hinweise

Da Taschengeld quasi Sozialgeld für Kinder ist, sollte nicht mit Taschengeldabzug gestraft werden. Als erzieherische Konsequenz sind tätige Wiedergutmachungen zu bevorzugen (s. mein Artikel ‚Angemessene Konsequenz’ in diesem Familienhandbuch).

Ich empfehle einen jährlichen Geld-Tag mit den Kindern, an dem das Taschengeld, die Zuverdienste und Zulagen, das Sparen und Ausgeben für die nächste Zeit vorbestimmt werden. Auch dafür gibt es praktisch bewährte Tipps.

Es gibt sehr viele nützliche Internetadressen – für Schülerjobs etwa oder auch zur Schuldnerberatung. Lassen Sie doch erst die Kids selbst danach suchen mit den üblichen Stichworten, bevor Sie dann miteinander darüber debattieren. Das bringt die notwendigen Wertentscheidungen und Lösungsmodelle ins pädagogische Gespräch, -schließlich erweisen sich am Umgang mit dem Geld auch die Gemeinschaftsfähigkeit und die Persönlichkeiten der Beteiligten.

Unterschiedliche Temperamente und Entwicklungsläufe erfordern unterschiedliche Erziehung. Sicher unterstützen die regionalen ErziehungsberaterInnen Ihr familiäres Nachdenken und Erziehen gerne und fachlich kompetent.

Interessante Bücher und Filme erklären auch uns Erwachsenen das Geldwesen als gesellschaftliche Veranstaltung, die mehr zum gemeinsamen Vorteil wirken sollte. Das mag für die Diskussion mit jungen Leuten verunsichern, aber macht glaubwürdiger, und schützt.

Weitere Beiträge des Autors hier in unserem Familienhandbuch

Autor

Dr. Hermann Liebenow, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Erwachsenenbildner, Fachautor. Seit 1980 Leiter der kommunalen Erziehungsberatungsstelle in Münsingen.

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Im Spitzbubenhäule 33
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Erstellt am 15. Februar 2012, zuletzt geändert am 12. Februar 2014