Mit Kindern in der Kirche
Dr. Angela M. T. Reinders
Für Eltern mit und ohne Bindung an die Kirche; für Eltern, die mit der Kirche noch nichts zu tun hatten oder lange nichts mehr; für Eltern, die sich schon in einer Kirchengemeinde engagieren, und für Eltern, die mit dem Kind einen Neuanfang probieren möchten: Hinweise zur Taufe, zur Begleitung junger Eltern in der Kirche und zu Möglichkeiten, sich als junge Familie mit Kind in der Kirche beheimatet zu fühlen.
- Sind Sie kirchlich engagiert?
- Der Kirchenfenster-Trick
- Wenn die alten Bindungen nicht Ihre Bindungen sind
- Was Sie jetzt überlegen
- “Eure Kinder sind nicht eure Kinder”
- Die Taufe
- Auf dem Weg
- Kirche für die Kinder
- Kinder für die Kirche
Sind Sie kirchlich engagiert?
Sind Sie selbst in das Leben der Kirche eingebunden und möchten hier in erster Linie noch Anregungen bekommen, wie Sie dieses Leben mit Kirche und Kind gestalten können? Die können Sie hier finden. Zu Beginn richtet sich diese Seite an Menschen, die mit der Kirche noch nichts oder lange nichts mehr zu tun hatten und mit dem Kind einen Neuanfang wagen möchten. Wenn Sie das überschlagen möchten, dann lesen Sie doch einfach weiter bei “Eure Kinder sind nicht eure Kinder”.
Der Kirchenfenster-Trick
Wenn man noch nie oder lange nicht mehr in einer Kirche war, dann sieht man das Kirchenfenster nur von außen und fragt sich, was denn viele Menschen so toll und bunt daran finden. Man selbst findet es eher steingrau und staubig. Zu Recht. Von außen sehen Kirchenfenster so aus. Erst aus dem Inneren der Kirche gegen das einfallende Licht betrachtet werden sie bunt und farbenfroh. Ihr Leben wird nun mit Kind ebenso bunt und farbenfroh. Wie wäre es: Wollen Sie nicht – vielleicht noch einmal – mit ihm gemeinsam eintreten – erst einmal in das Gebäude, ganz vorsichtig, und dann in dieses lebendige große Ganze, das sich Kirche nennt? Von innen sieht nämlich manches ganz anders aus …
Wenn die alten Bindungen nicht Ihre Bindungen sind
Wenn Sie sich von außen an die Frage heranwagen, ob Sie mit Ihrer Familie einen Platz in der Kirche finden können, sind Sie in guter Gesellschaft: Schon andere Eltern haben dadurch selbst in die Kirche gefunden, dass ihre Kinder zur Welt kamen und später durch Kindergarten und Schule mit der Religion Berührungspunkte fanden. Die Gemeinschaft ist Neuland für Sie und Sie stehen noch außerhalb der Menschen, die einander mitunter sehr vertraut sind. Man wird sich über Sie freuen, wenn Sie neu dazukommen möchten. Es gibt in den Kirchen neue Formen der Religiosität, neue Riten, neue Gebete und Lieder neben ihren alten, traditionellen “Schätzen”. Es gibt Zielgruppengemeinden und Kirchen für Menschen in besonderen Lebenssituationen. Beim Auffinden von katholischen Gemeinden hilft Ihnen die Kirchensuchmaschine „Diomira”, evangelische Gemeinden finden Sie beim „Kirchenfinder”.
Was Sie jetzt überlegen
Überlegung: Wenn mein Kind getauft werden soll, muss ich auch zur religiösen Erziehung bereit sein.
Hintergrund: Das ist richtig. Nach katholischem Kirchenrecht muss bei einer Taufe “die begründete Hoffnung bestehen, dass das Kind in der katholischen Religion erzogen wird”. Von Eltern wird in der evangelischen Kirche „das Versprechen erwartet, ihr Kind christlich zu erziehen und ‚ihm nach bestem Vermögen den Weg … zu einem Leben als Christ’ zu weisen (Taufbuch der Union Evangelischer Kirchen)”, so formuliert es der Rat der EKD in der Orientierungshilfe „Die Taufe”. Mit einem reinen Lippenbekenntnis tun Sie sich selbst keinen Gefallen – zu so vielen Entscheidungen rund um Ihr Kind müssen Sie stehen, also auch zu dieser. Auch die Kirche kann keine Karteileichen brauchen. Die Zusage, das Kind im christlichen Glauben zu erziehen, ist kein ins Blaue dahergesagtes Versprechen. Es ist nur fair Ihrem Kind gegenüber, wenn Sie es religiöse Erfahrungen dann auch machen lassen.
Überlegung: Wenn mein Kind getauft werden soll, dann möchte ich mich mittaufen lassen. Ich muss doch aber eine Vorbereitung erfahren.
Hintergrund: Stimmt. In einigen Bistümern wird viel Engagement in das so genannte Erwachsenenkatechumenat gesteckt, die Vorbereitungszeit auf die Erwachsenentaufe. In Ihrer evangelischen Gemeinde können Sie die Begleitung bei der Vorbereitung auf die Taufe erbitten. Dabei erfahren Sie viel über Gott, den Glauben und über sich selbst. Vorbereitungskurse laufen etwa ein Jahr lang und auch in Ihrer Nähe.
Überlegung: Wenn mein Kind auf eine Schule kommt, soll es erst einmal auch am Religionsunterricht teilnehmen können.
Hintergrund: Den Religionsunterricht kann auch ein ungetauftes Kind auf freiwilliger Basis besuchen. Möglicherweise möchte Ihr Kind nach einer Weile tatsächlich zur Gemeinschaft der Glaubenden, der Kirche, dazugehören. Wenn es sich taufen lassen möchte, dann braucht es Ihre Hilfe, denn Eltern und Paten sollen für eine Glaubenserziehung Sorge tragen. Erst mit 14 Jahren ist es religionsmündig und kann sich ohne Ihre Zustimmung oder Ablehnung für einen Glauben entscheiden.
Überlegung: Wenn mein Kind einmal konfirmiert oder gefirmt werden soll oder kirchlich heiraten möchte, dann muss es getauft sein.
Hintergrund: Die Taufe ist das “Eingangstor” in die Kirche. Es geht aber nicht in erster Linie um Teilnahmebedingungen für andere kirchliche Anlässe, sondern um Startbedingungen für das ganze Leben. Machen Sie Ihre Entscheidung für eine Taufe davon abhängig, was die religiöse Erziehung schon in den ersten Lebensjahren für das Kind und für Ihre ganze Familie bedeuten könnte.
Überlegung: Als junge Mutter und junger Vater eines Kindes, die bzw. der religiös erziehen will, brauche ich Begleitung. Wo kann ich die finden?
Hintergrund: Erste Ansprechpartner für Sie sind Pfarrerin oder Pfarrer einer Gemeinde. Das kann im besten Fall Ihre Ortsgemeinde sein, auch eine benachbarte Pfarre, in der Sie sich heimisch fühlen. Bei der Suche helfen die Familienreferate der Bistümer, spezielle Angebote für allein Erziehende oder die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen. Kennen Sie andere Familien in der Situation, in der Sie sich befinden, oder haben Sie Vertrauen zu einigen Familien in der Gemeinde gefasst? Dann überlegen Sie doch einmal, einen Familienkreis zu gründen, in dem Sie sich über Fragen des Glaubens und der religiösen Gestaltung des Familienlebens austauschen können.
“Eure Kinder sind nicht eure Kinder”
Auf einmal sehen Sie Ihr Kind noch einmal mit ganz anderen Augen: Es gehört ab der Taufe zu Jesus Christus, wie Sie selbst zu ihm gehören. Es wird gesalbt. Es wird Ihnen in Ihrer Rolle als Christin oder Christ plötzlich ebenbürtig. Damit beginnen Sie etwas Neues gemeinsam mit Ihrem Kind: Sie gewinnen eine gesunde Distanz zu ihm. Natürlich bleibt es Ihr Kind und Sie lieben es innig. Das soll hier gar nicht infrage gestellt werden. Aber Sie spüren ganz deutlich, was der Dichter Khalil Gibran in Worte gefasst hat: “Eure Kinder sind nicht eure Kinder.” Sie sind Eltern anvertraut, aber sie gehören ihnen nicht. Während Sie Ihr Kind Gott überantworten, trauen Sie dem Kleinen auch zu, dass es einen eigenen Weg mit ihm gemeinsam gehen kann – sozusagen auf Augenhöhe mit Ihnen.
Die Taufe
Die Taufe ist der Beginn des Lebens als Christin oder Christ. Mit der Taufe wird ein Mensch in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und gehört Jesus Christus an. Die Taufe kennt Zeichen. Das wichtigste ist das Übergießen mit Wasser – der “alte Mensch” und alles Überflüssige, was von Gott trennt, wird zeichenhaft weggewaschen. Die Segensformel der Taufe “Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes” macht deutlich, dass Gott im Leben des Täuflings wirksam wird, damit er den Glauben lernt und durch Gott Kraft bekommt. Einiges müssen Sie dazu vorbereiten bzw. für sich klären:
- Der Taufe geht ein Taufgespräch mit der Pfarrerin, dem Pfarrer oder Diakon der Ortsgemeinde voraus.
- Die Taufkerze ist ein Zeichen für das Licht des Lebens. Christen glauben, dass Jesus Christus nach seinem Tod auferstanden ist und dass er damit alle, die an ihn glauben, davor errettet hat, endgültig tot zu sein – mit Christus werden alle leben. Die Taufkerze kann bei einer Kindertaufe von Eltern oder Paten selbst gestaltet werden.
- Bei der evangelischen Tauffeier ist die Wahl eines Taufspruchs sehr wichtig.
- Der Täufling braucht eine Patin, Patinnen, einen oder zwei Paten, der bzw. die mitsorgen, dass das Kind im Glauben aufwächst und erzogen wird.
- Die Tauffeier wird entweder im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes der Gemeinde gespendet. Dann dauert die Feier etwa 60 Minuten. Mancherorts geschieht die Taufe in einer eigenen Feier von einem Täufling oder mehreren, zum Teil auch am Nachmittag. Sie dauert etwa 30 bis 45 Minuten. Der bedeutendste Tauftermin in der Kirche ist die Osternacht – das Osterlicht wird entzündet und das Licht in das Leben eines neuen Christen gebracht.
Auf dem Weg
Wenn Sie sich einmal hineingetraut haben in die Kirche, dann gehen Sie möglicherweise schrittweise weiter. Eine mögliche Übersetzung für “Religion” im Judentum ist “Weg”. Sie begeben sich auf den Weg mit Ihrem Kind. Das passt gut dazu: Auch die Kirche befindet sich auf dem Weg. Wenn sie sich als Ziel versteht, macht sie etwas falsch – Gott ist das Ziel und die Kirche sind die Menschen auf dem Weg zu ihm.
Es gibt Wegweiser wie Gesprächspartner, Familien in ähnlicher Situation, manchmal auch ältere Menschen, die Kinder großgezogen und immer mit ihnen gemeinsam am Kirchenleben teilgenommen haben.
Es gibt Stationen auf dem Weg. Die wichtigste ist der Sonntagsgottesdienst.
Kirche für die Kinder
Kinder haben in jedem Gottesdienst ihren Platz. Unter den Gemeindemitgliedern findet man sehr unterschiedliche Reaktionen. Wenn Sie auch nur ansatzweise bemüht sind, das Kind zu einem Verhalten anzuleiten, bei dem andere Mitfeiernde im Gottesdienst immer noch verfolgen können, was dort geschieht, dann werden die meisten Sie mit Ihrem Kind offen empfangen. Ein Diakon empfahl einmal scherzhaft, den Menschen, die sich an Kindern in der Kirche stören, zu sagen: “Ach, passen Sie doch mal bitte gerade fünf Minuten auf mein Kind auf.” Solche “Schocktherapie” überfordert sicherlich alle Beteiligten. Aber die Vorstellung lenkt den Blick deutlich in die Richtung: Lassen Sie sich nicht beirren von Menschen, die glauben, die Kirche sei noch nichts für kleine Kinder.
Wann, wenn nicht mit dem Lebensbeginn, soll man denn sonst anfangen, sie selbstverständlich dazugehören zu lassen? Haben Sie es schon probiert und einen Gottesdienst gemeinsam besucht? Hoffentlich waren Sie positiv davon überrascht, welche Gestaltungsmöglichkeiten auch für Kinder heute drin sind. Richtige “Börsen” gibt es, in denen Austausch für solche Angebote stattfindet. Teams und Verlage erarbeiten Gottesdienstvorlagen beider Konfessionen, die auch für Ihre Gemeinde interessant sein könnten. Außerdem gibt es Werbemöglichkeiten und kleine “Mitgebsel” , mit denen eine Gemeinde darauf aufmerksam machen kann, dass sie eine Kirche für Kinder ist. Wenn Ihre Gemeinde das nicht kennt, dann können Sie entweder in eine andere Gemeinde auswandern – was immer schade und umständlich ist – oder sich in Ihrer Gemeinde engagieren.
- Eine Gemeinde hat einen Kirchenvorstand (evangelisch) bzw. Pfarrgemeinderat (katholisch), in dem auch die Ansprechpartner für den Gottesdienst und speziell die Kindergottesdienste anzutreffen sind. Bringen Sie da Ihre Wünsche an – am besten gleich mit einem Angebot, was Sie dazu beitragen können. Viele Gemeinden haben schon gute Erfahrungen damit gemacht, Kinder zur Beratung in ihre Gremien kommen zu lassen. Kinder haben ganz gute Vorstellungen davon, was sie in der Kirche wünschen. Es ist aufschlussreich, wenn sie selbst zu Wort kommen dürfen.
- Es gibt daneben häufig Vorbereitungsteams für Familiengottesdienste, die jede Verstärkung gut brauchen können.
- Hier und da entstehen neue Formen kirchlichen Lebens mit Kindern, etwa die kreative „Ü-Kirche” als Anregung zum Nachmachen.
- Zur kirchlichen Arbeit mit Kindern kann noch viel mehr gehören: die Ferienspiele oder Ferienfreizeit, Kindergruppen, in denen nicht fortwährend gebetet, sondern viel gesungen, gebastelt oder gekocht wird, möglicherweise auch ein Spielangebot auf dem Kirchplatz, wenn das der einzig größere Platz in einer ansonsten beengten Wohngegend ist. Dazu gehören kann auch, für die Rechte der Kinder einzutreten, wenn sie keinen Anwalt finden.
Kinder für die Kirche
“Die” Kirche sind die Menschen, die die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden ausmachen. Sie können etwas gestalten. Wenn Ihr Kind dabei ist, dann wird “die” Kirche ein bisschen wie Ihr Kind.
Literatur
- Ev. Landeskirche in Baden, Perspektivenwechsel praktisch. Eine Kirche für Kinder – eine Kirche mit Kindern, Karlsruhe 1999, zu beziehen beim Ev. Oberkirchenrat, Blumenstraße 1-7, 76133 Karlsruhe.
Autorin
Dr. Angela M. T. Reinders, Jahrgang 1965, Dipl.-Theologin, Redakteurin beim Bergmoser + Höller Verlag AG, Aachen
Kontakt
Dr. Angela M. T. Reinders
Purweider Winkel 10
D – 52070 Aachen
Erstellt am 28. Februar 2002, zuletzt geändert am 11. Dezember 2014