Umzug mit Kind: Experten-Tipps

Marian Schäfer

Wie erleichtern Eltern ihrem Kind den Umzug? Der Psychologe Wilfried Griebel vom Staatsinstitut für Früh­pädagogik in München gibt Antwort.

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Wilfried Griebel, IFP München
Neuer Job, mehr Wohnraum, die Nähe zur Familie: So verschieden die ­­Gründe für ­einen Umzug sein können – die Folgen für Kinder sind ­immer ähnlich. Sie müssen sich an ­eine neue Wohnung und Nachbarschaft gewöhnen, wechseln Kita oder ­Schule, verlieren alte und gewinnen neue Freunde. "Für Kinder sind Umzüge­ eine Herausforderung, die man nicht unterschätzen sollte", sagt Wilfried Griebel, Diplom-Psychologe am Staatsinstitut für Früh­pädagogik in München.

Griebel bezeichnet Umzüge als "Veränderungen großen Ausmaßes" mit viel Stresspotenzial für Kinder. Zwar ergab eine Langzeitstudie der University of Manches­ter mit 1,5 Millionen dänischen Kindern, dass vor allem häufige Ortswechsel­ sowie Umzüge im Alter zwischen 12 und 14 Jahren kritisch für die spätere psychische Gesundheit sein können. Wilfried Griebel warnt aber davor, sie im Kleinkind- und Grundschulalter zu bagatellisieren: "Wir wissen, dass schon Krippenkinder intensive Beziehungen aufbauen und Vorlieben und Abneigungen haben. Auch wenn sie einem keine langen Vorträge halten, gilt es das zu beachten."

Damit der Umzug möglichst stressfrei abläuft, könnten Eltern auf dreierlei achten: das Maß der Veränderung, ihre Vorhersehbarkeit und Erwünschtheit. Konkret ergeben sich daraus diese acht Tipps:

1. Nur über Konkretes reden

Bevor ein Umzug nicht feststeht, sollten Eltern ihn nicht vor den Kindern thematisieren. "Ungewissheit ist etwas, mit dem Kinder schlecht umgehen können", sagt Wilfried Griebel. Klarheit hilft auch den Eltern: Je weniger sie sich mit sich selbst beschäftigen, ­des­to mehr können sie für ihr Kind da sein, ihm zuhören und es unterstützen. Zudem: immer daran denken, dass Kinder erst langsam ein Gefühl für Zeitangaben bekommen. Einem Dreijährigen zu erzählen, dass man in einem Jahr umzieht, ist wenig sinnvoll.

2. Kinder einbeziehen

Gleichzeitig sollte der Umzug für die Kleinen vorhersehbar sein. "­Eltern schaffen dies am besten, wenn sie die Kinder einbeziehen, mit ihnen in den neuen Wohnort fahren und ihn gemeinsam erkunden", rät Griebel. "Schauen Sie, ob die Kinder ihre Hobbys dort weiter ausführen können oder welche Alternativen es gibt. Fragen Sie Ihr Kind nach seiner Meinung und seinen Wünschen." Häufig sei es möglich, die neue Kita oder Schule schon vorab zu besuchen. Für sehr sinnvoll hält der Psychologe auch Kinderbücher, die das Thema Umzug aufgreifen – Bilderbücher gibt es schon für Zweijährige.

3. Für Beständigkeit sorgen

Ein Ortswechsel bringt viele Veränderungen mit sich. Umso wichtiger ist es, wenn sich zu Hause nicht auch noch alles ändert. "Je jünger das Kind, desto mehr Einfluss hat das direkte Umfeld. Versichern Sie Ihrem Kind, dass ­alles, was ihm gehört, mitkommt und bleibt", erklärt Griebel. Bes­tenfalls wird das Kinderzimmer genauso eingerichtet wie im alten ­Zuhause, und auch die Einrichtung der ­übrigen Wohnung wechselt nicht komplett. "Wenn das Kind eine bestimmte Tapete in seinem Zimmer geliebt hat, würde ich empfehlen, diese auch wieder an die Wand zu kleben", rät der Psychologe. In der Regel ist ein Umzug kein guter Zeitpunkt, um ­andere Veränderungen anzugehen: Wer glaubt, der Einjährige kann im neuen Heim dann endlich auch im eigenen Zimmer schlafen, hat vermutlich wenig Erfolg damit.

Das Kinderzimmer sollte bei Umzügen als letztes und immer gemeinsam mit dem Kind ausgeräumt werden. "Auf keinen Fall sollte man die Kinder am Umzugstag bei Oma und Opa parken. Besser wäre es, diese zu bitten, dazuzukommen und aufzupassen", so Griebel.

4. Kinder motivieren

Am schönsten sind Umzüge, wenn die Kleinen sie mit etwas Positivem verbinden: mehr Platz, ein eigenes Zimmer, ein eigener Garten, das große Freibad ­direkt um die Ecke! Selbst wenn der Grund für den Umzug ein negativer ist, sollten Eltern versuchen, den Ortswechsel möglichst gut zu verkaufen.

5. Erinnerungsfotos machen

Fotos helfen nicht nur zu schauen,­ wie etwas in der alten Wohnung war – und zu fragen, ob es in der neuen Wohnung auch wieder so werden soll. "Sie stehen für eine Erinnerungskultur, die wichtig ist für die Persönlichkeitsentwicklung", erklärt Griebel. Kinder lieben es, sich Bilder von früher anzuschauen – und sich so mit ihrer eigenen Vergangenheit zu beschäftigen.

6. Ordentlich feiern

Viele Schulen und Kitas haben ­eigene Rituale, Kinder zu verabschieden und aufzunehmen. Wilfried Griebel rät, auch als Familie Abschieds- und Willkommens­partys zu feiern. "Das dient der emotionalen Bewältigung", sagt der Psychologe. Laden Sie die Freunde Ihres Kindes ein, oder geben Sie in der Kita ein kleines Fest.

7. Kontakt halten

Gut möglich, dass ein Krippen- oder Kindergartenkind seine Freunde recht bald vergisst. Trotzdem sorgen sich auch Kleine schon um ihre Freundschaften. "Eltern sollten ihnen sagen, wie man es schafft, sie nicht aus den Augen zu verlieren", sagt Wilfried Griebel. Zum Beispiel könnte man zum nächsten Kindergartenfest als Gast kommen oder regelmäßig skypen. 

8. Kontakte knüpfen

In dem neuen Ort angekommen, sollten Eltern ihren Kindern helfen, schnell Anschluss zu finden – etwa über Vereine, in Spielgruppen und auf Spielplätzen.

Quelle

Der Beitrag erschien im September 2017 auf der Online-Seite der Zeitschrift "Baby und Familie" und wird hier mit freundlicher Genehmigung übernommen.

Foto: privat/Regine Paulsteiner

eingestellt am 09. Oktober 2017