Empfängnisverhütung
Prof. Dr. med. Elisabeth Pott
Empfängnisverhütung ist für die meisten Frauen und Männer ein selbstverständlicher Aspekt der Lebens- und Familienplanung. Sie möchten eine ungewollte Schwangerschaft vermeiden und zugleich entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt sie ihren Kinderwunsch verwirklichen. Der Beitrag gibt eine Übersicht über die wichtigsten Verhütungsmittel und -methoden und geht auf den Empfängnisschutz in verschiedenen Lebensphasen ein.
Welche Verhütungsmethode eignet sich?
Es gibt viele gute Möglichkeiten, sich wirksam vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen. Allerdings verändern sich im Laufe eines Lebens die Bedürfnisse der Menschen, und so wechseln nicht selten auch die Methoden, mit denen Frauen und Männer verhüten.
Zur Verfügung stehen hormonelle Mittel wie die „Pille“, Barrieremethoden wie das Kondom oder Methoden der natürlichen Empfängnisverhütung. Jede dieser Methoden hat ihre Vor- und Nachteile. Bei der Entscheidung, welche jeweils am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt, können folgende Überlegungen helfen:
- Wie sicher ist der Empfängnisschutz der Methode?
- Schützt sie auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten und HIV/ AIDS?
- Welche Nebenwirkungen können auftreten?
- Entspricht sie der aktuellen Lebens- und Beziehungssituation?
- Passt sie zum Umgang mit dem eigenen Körper?
- Bietet sie auch bei spontanem Sex genügend Sicherheit und Schutz?
Verhütungsmittel und -methoden auf einen Blick
Im Folgenden werden alle wichtigen Verhütungsmittel und -methoden kurz vorgestellt. Über die jeweiligen Vor- und Nachteile informiert ausführlich die Website www.familienplanung.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Die Pille enthält meistens eine Kombination der Hormone Östrogen und Gestagen und muss wie alle hormonellen Verhütungsmittel ärztlich verschrieben werden. Ihre Hauptwirkung besteht darin, dass sie den Eisprung verhindert, wodurch es zu keiner Befruchtung kommen kann. Sie wird 21, 22 oder 24 Tage lang täglich eingenommen (je nach Präparat). Danach setzt eine Entzugsblutung ein. Bei richtiger Anwendung verhütet die Pille vom ersten Tag an sehr sicher.
Die Minipille enthält als Hormon entweder Levonorgestrel oder Desogestrel. Um sicher zu wirken, muss sie täglich möglichst zu selben Uhrzeit eingenommen werden. Unter ihrer Wirkung verfestigt sich der Schleim im Gebärmutterhals, sodass keine Spermien in die Gebärmutter eindringen können. Außerdem baut sich die Gebärmutterschleimhaut nicht ausreichend auf, was die Einnistung eines befruchteten Eis erschwert. Das Hormon Desogestrel unterbindet meist zusätzlich den Eisprung und hat damit eine höhere Verhütungssicherheit als ein Levonorgestrel-Präparat.
Kondome bestehen gewöhnlich aus Latex und werden über den steifen Penis abgerollt. Richtig abgerollt, sitzen sie recht fest. Nach dem Samenerguss müssen sie beim Rausziehen des Penis aus der Scheide am Penisschaft festgehalten werden. Bei richtiger Anwendung und passender Größe (siehe www.kondometer.de) sind Kondome ein sicheres Verhütungsmittel.
Die Spirale ist ein T-förmiges Kunststoffstäbchen, das mit einem hauchdünnen Kupferdraht umwickelt ist. Sie wird von der Ärztin oder vom Arzt in die Gebärmutter eingesetzt und kann dort bis zu 5 Jahre verbleiben. Sie löst in der Gebärmutter einen Dauerreiz aus, wodurch die Einnistung einer befruchteten Eizelle verhindert wird. Außerdem hemmt das Kupfer der Spirale die Samenzellen in ihrer Beweglichkeit. Die Verhütungssicherheit ist sehr hoch.
Die Hormonspirale besteht aus Kunststoff und ist mit einem kleinen Hormon-Depot versehen. Sie wird von der Ärztin oder dem Arzt in die Gebärmutter eingesetzt und kann dort bis zu 5 Jahre verbleiben. Sie verbindet die Wirkung einer Spirale mit der einer Pille, indem sie den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut verhindert und es den Spermien schwer macht, zur Eizelle vorzudringen.
Das Hormonimplantat ist ein mit dem Hormon Gestagen versehenes weiches Stäbchen, das von speziell geschulten Ärztinnen und Ärzten an der Innenseite des Oberarms unter der Haut implantiert wird. Es hemmt den Eisprung und hindert die Spermien zudem daran, in die Gebärmutter zu gelangen. Die Verhütungssicherheit ist sehr hoch.
Die Dreimonatsspritze enthält das Hormon Gestagen und wird in den Gesäßmuskel der Frau gespritzt. Sie ist geeignet für Frauen, die andere Methoden nicht vertragen oder die „Pille“ nicht einnehmen können. Das Gestagen hemmt den Eisprung und hindert die Spermien zudem daran, in die Gebärmutter zu gelangen. Die Verhütungssicherheit ist sehr hoch.
Der Vaginalring (Verhütungsring) ist ein mit Hormonen versehener biegsamer Kunststoffring, der in die Scheide eingeführt wird und dort drei Wochen lang verbleibt. In der vierten Woche setzt die Entzugsblutung ein. Der Ring passt sich der Scheide an und ist beim Geschlechtsverkehr nicht zu spüren. Eine niedrig dosierte Kombination aus Östrogenen und Gestagenen hemmt den Eisprung und hindert die Spermien daran, in die Gebärmutter zu gelangen. Die Sicherheit ist sehr hoch.
Das Verhütungspflaster gibt eine Kombination aus Östrogenen und Gestagenen ab. Es wird am Bauch oder am Po angebracht und wöchentlich gewechselt. Nach drei Wochen folgt eine „pflasterfreie“ Woche, in der die Entzugsblutung einsetzt. Die Hormone hemmen den Eisprung und hindern die Spermien daran, in die Gebärmutter zu gelangen. Das Pflaster haftet im Allgemeinen gut an, auch in der Sauna oder im Schwimmbad. Die Sicherheit ist sehr hoch.
Barriere-Methoden haben gemeinsam, dass eine Kappe aus Latex oder Silikon den Muttermund versperrt und damit verhindert, dass Spermien zur Eizelle vordringen können. Unterschieden werden u. a. das Diaphragma, das lea contraceptivum und die FemCap. Die Femcap muss von einer Ärztin oder einem Arzt individuell angepasst werden. Das Diaphragma und das lea contraceptivum sind in einer Einheitsgröße erhältlich. Kurz vor dem Geschlechtsverkehr führt die Frau die Kappe in die Scheide ein und setzt sie vor den Muttermund, so dass keine Spermien eindringen können. Bei richtiger Handhabung und der gleichzeitigen Anwendung von spermienabtötenden oder -hemmenden Gels sind das Diaphragma und das lea contraceptivum sichere Methoden. Auch die Sicherheit der FemCap ist abhängig von der richtigen Anwendung.
Natürliche Methoden der Familienplanung (NFP) ermitteln die (un)fruchtbaren Tage im Zyklus der Frau. Dabei misst die Frau ihre tägliche Basaltemperatur am Morgen vor dem Aufstehen. Nach dem Eisprung erhöht sich die Basaltemperatur des Körpers, so dass mit der Messung die folgenden unfruchtbaren Tage ermittelt werden können. Gleiches gilt für die tägliche Untersuchung des Zervixschleims (Zervix = Gebärmutterhals), der sich kurz vor dem Eisprung verflüssigt. Beide Methoden setzen sowohl eine gute Kenntnis des eigenen Körpers als auch ein gutes Verhältnis zu ihm voraus. Werden an den fruchtbaren Tagen ergänzend Kondome benutzt, ist eine Verhütung mit NFP – bei richtiger Anwendung – relativ sicher.
Die Sterilisation ist eine sehr sichere Verhütungsmethode. Bei der Frau werden bei einem operativen Eingriff die Eileiter durchtrennt, abgeklemmt oder verödet. Beim Mann werden die Samenleiter gekappt oder mit Clips verschlossen (Vasektomie). Der Schritt will jedoch wohl überlegt sein, denn er ist endgültig und kommt daher erst in Frage, wenn die Familienplanung abgeschlossen ist.
Darüber hinaus gibt es Mittel und Methoden, die allein angewandt keine ausreichende Sicherheit bieten. Dazu zählen Gels und Scheidenzäpfchen, die eine spermienabtötende oder -hemmende Wirkung haben. Kleine spezielle Computer können helfen, den Termin des Eisprungs zu berechnen. Die Geräte arbeiten jedoch oft ungenau.
Die Forschungen zur „Pille für den Mann“ haben in den vergangenen Jahrzehnten noch zu keinem zulassungsfähigen Ergebnis geführt.
Die „Pille danach“
Nach einer Verhütungspanne steht für den Notfall die „Pille danach“ zur Verfügung. Da männliche Samenzellen bis zu fünf Tage in der Gebärmutter und den Eileitern überdauern können (in seltenen Einzelfällen auch länger), kann es nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr wenige Tage vor oder während des Eisprung zu einer Schwangerschaft kommen. Hat der Eisprung noch nicht stattgefunden, kann die „Pille danach“ ihn hemmen oder so lange hinauszögern, bis die Samenzellen abgestorben sind und eine Befruchtung nicht mehr möglich ist.
Auf dem Markt sind zwei „Pille danach“-Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen. Das Präparat „PiDaNa®“ enthält das Hormon Levonorgestrel und wirkt bis zu 72 Stunden (drei Tage), das Präparat „ellaOne®“ mit Ulipristalacetat hat eine Wirkdauer von etwa 120 Stunden (fünf Tage). Am effektivsten ist die „Pille danach“, wenn sie innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Danach nimmt ihre Wirksamkeit allmählich ab. Die „Pille danach“ wirkt nicht mehr, wenn der Eisprung bereits stattgefunden und/oder die befruchtete Eizelle sich in der Gebärmutter eingenistet hat.
Verhütung nach der Geburt
Um nach der Geburt eines Kindes nicht sofort wieder schwanger zu werden, stellt sich Paaren nach dem Versiegen des Wochenflusses die Frage nach einer sicheren Verhütungsmethode, die zugleich mit dem Stillen vereinbar ist.
Unter bestimmten Voraussetzungen bietet das Stillen selbst einen gewissen Empfängnisschutz. Bei jedem Stillen wird das Hormon Prolaktin ausgeschüttet, das die Milchproduktion anregt und zugleich die Aktivität der Eierstöcke hemmt. Allerdings muss die Frau voll stillen, das heißt mindestens sechsmal innerhalb von 24 Stunden – insgesamt mindestens 80 Minuten täglich. Sie darf während dieser Zeit nicht zufüttern und nach dem Wochenfluss noch keine Monatsblutung gehabt haben. Wer jedoch ganz sicher gehen will, sollte zusätzlich Verhütungsmittel benutzen.
Am besten eignen sich in der Stillzeit Barrieremethoden wie das Kondom und das Diaphragma, da sie weder die Milchproduktion noch die Gesundheit des Säuglings beeinflussen. Ein vor der Schwangerschaft benutztes Diaphragma wird wegen der körperlichen Veränderungen durch die Schwangerschaft jedoch sehr wahrscheinlich nicht mehr passen. Ein neues Diaphragma kann erst etwa drei Monate nach der Geburt angepasst werden, wenn die Rückbildung der Beckenorgane weitgehend abgeschlossen ist.
Auch eine Spirale kann während der Stillzeit verwendet werden, denn sie hat keinen Einfluss auf die Milchproduktion und die Gesundheit des Babys. Sie sollte jedoch erst nach vollständiger Rückbildung der Gebärmutter, das heißt frühestens sechs bis acht Wochen nach der Geburt eingelegt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass sie wieder ausgestoßen wird.
Gut eignet sich auch die Minipille, da sie als Hormon nur ein Gestagen enthält, das sich nicht negativ auf die Milchproduktion auswirkt. Mit der Einnahme kann jedoch frühestens sechs Wochen nach der Geburt begonnen werden. Geeignet sind ebenso das Hormonimplantat und die Dreimonatsspritze.
Wegen der Hormonumstellungen nach einer Geburt dauert es eine Weile, bis sich der Zyklus der Frau und damit ihre fruchtbaren Tage wieder einstellen. Natürliche Methoden der Familienplanung wie die Schleim- und Temperaturmethode sind daher in dieser Zeit nicht geeignet. Ebenso nicht angewendet werden sollten die verschiedenen Kombinationspräparate der handelsüblichen „Pille“, da die darin enthaltenen Östrogene die Milchproduktion verringern können. Außerdem besteht die Gefahr, dass das Baby eine zu große Hormonmenge mit der Muttermilch aufnimmt. Das gleiche gilt für den Vaginalring und das Verhütungspflaster.
Die „Pille danach“: Die Präparat PiDaNa® enthält als Hormon Levonorgestrel, das kaum in die Muttermilch übertritt. Wer jedoch sichergehen will, sollte die PiDaNa® unmittelbar nach dem Stillen einnehmen und dann mindestens acht Stunden lang nicht die Brust geben. Nach der Einnahme des Präparats ellaOne® mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat wird empfohlen, mit dem Stillen mindestens 36 Stunden auszusetzen.
Verhütung in der Lebensmitte
Veränderungen im weiblichen Zyklus sind nach dem 45. Lebensjahr meist die ersten Anzeichen der „Wechseljahre“. Aufgrund hormoneller Umstellung kommt es mit zunehmendem Alter immer seltener zum Eisprung, weshalb eine Schwangerschaft bei Frauen über 45 Jahren zwar unwahrscheinlich, aber durchaus möglich ist. Die Monatsblutung können einige Monate lang ausbleiben und mit einem Mal wieder regelmäßig einsetzen – auch mit einem Eisprung. Die Verhütung bleibt daher so lange ein Thema, bis die Frau mindestens ein Jahr lang keine Periode mehr hatte.
Da sich das Ende der Fruchtbarkeit nicht immer genau erkennen lässt, sind Frauen und ihre Partner in dieser Lebensphase oft unsicher, wie lange sie noch verhüten müssen. Im Prinzip können alle herkömmlichen Verhütungsmittel genutzt werden, doch ist es aufgrund möglicher mit dem Älterwerden assoziierten gesundheitlichen Belastungen besonders ratsam, sich eingehend über die Vor- und Nachteile der Mittel und Methoden zu informieren. Weitere Informationen über die Verhütung in der Lebensmitte finden sich unter www.familienplanung.de/wechseljahre/.
Studie: Verhütungsverhalten Erwachsener
Im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung führte das Institut „forsa“ 2011 eine repräsentative Befragung zum Verhütungsverhalten Erwachsener in Deutschland durch. Untersucht wurde, welche Methoden der Empfängnisverhütung 18 bis 49-jährige Frauen und Männer anwenden. Gefragt wurde auch nach dem Wissen über Sexualität und Verhütung sowie nach Informationswünschen. An der Befragung nahmen insgesamt 997 Menschen teil.
Über die Hälfte der Frauen und Männer (53 %) gaben an, dass mit der Pille verhütet wird. Am zweithäufigsten werden Kondome verwendet (37 %). Für Pillennutzinnen sind bei der Wahl des Verhütungsmittels insbesondere die Sicherheit und Zuverlässigkeit entscheidend. Befragte, die das Kondom bevorzugen, schätzten besonders die gute Verträglichkeit und die geringen Nebenwirkungen.
Frauen gaben zu 92% an, eine kombinierte Verwendung von Verhütungsmitteln anzuwenden, während drei von zehn Männern wechselnde Verwendung benennen.
10 % der Befragten gaben an, mit einer Spirale zu verhüten. Die Sterilisation nannten jeweils 5 % der Frauen und Männer. Andere Verhütungsmethoden wie die Dreimonatsspritze, das Hormonimplantat oder die Kalendermethode nannten jeweils weniger als 2 % der Befragten.
13 % der Frauen haben die „Pille danach” bereits einmal angewendet. Die Gruppe der 25 bis 29-jährigen hatte mit 20 % am meisten Erfahrungen mit der „Pille danach”.
Die Studie „Verhütungsverhalten Erwachsener 2011“ kann unter www.forschung.sexualaufklaerung.de heruntergeladen werden.
Weitere Informationen
Die kostenlose BZgA-Broschüre „Sichergehn Verhütung für sie und ihn“ informiert ausführlich über die einzelnen Verhütungsmittel und -methoden. Bestellung oder Download
Autorin
Prof. Dr. med. Elisabeth Pott war bis Februar 2015 Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Kontakt
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Ostmerheimer Str. 220
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Tel.: 0221/8992-0
Erstellt am 24. August 2004, zuletzt geändert am 18. September 2014