Infertilität beim Mann und künstliche Befruchtung
Achim Passloer
Nachfolgender Artikel setzt sich mit der männlichen Zeugungsunfähigkeit auseinander. Dabei werden auch die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf das Thema verdeutlicht. Erfolgreiche Behandlungsmethoden werden aufgezeigt und abschließend anschaulich erklärt.
Im Gegensatz zu den rasanten Fortschritten, die bei den Behandlungsmöglichkeiten unfruchtbarer Frauen in den letzten Jahrzehnten erzielt wurden, blieben vergleichbare Erfolge bei den Männern weitgehend aus. Denn trotz aller Anstrengungen, Medikamente zu entwickeln, um damit bei Männern eine eingeschränkte Fertilität zu beheben, gibt es in dieser Hinsicht bislang keine erfolgversprechenden Ansätze. Somit lassen sich einerseits Fruchtbarkeitsstörungen des Mannes im eigentlichen Sinn nicht beheben. Andererseits stehen heute Techniken zur Verfügung, mit denen die Zeugungsunfähigkeit kompensiert wird.
Häufig werden in den Hoden nur in unzureichender Menge normale, gut bewegliche Spermien gebildet. In den meisten Fällen lässt sich der Grund hierfür nicht feststellen. Gelegentlich können aber Mumps in der Kindheit, Krampfadern im Bereich der Hoden (“Varikozele”), Hormonstörungen, Stress oder ein Hodenhochstand als Ursache für die gestörte Spermienbildung ausgemacht werden.
Insemination erleichtert den Spermien den Weg zur Eizelle
Ist die Zeugungsfähigkeit des Mannes nur geringgradig eingeschränkt, kann eine Samenprobe direkt in die Gebärmutter eingebracht werden (“Intrauterine Insemination”, IUI). Dazu wird der Samen vor der künstlichen Befruchtung aufbereitet, so dass gesunde, mobile Spermien angereichert werden, denen dann durch die Insemination der mühevolle Weg zur Eizelle verkürzt wird. Häufig ist es sinnvoll, bei der Frau gleichzeitig die Reifung der Eizellen zu stimulieren. Dadurch können mehrere (bis zu etwa drei) Eizellen heranreifen, so dass die Chance einer Befruchtung weiter steigt.
Die Befruchtung kann auch außerhalb des Körpers erfolgen
Wenn diese Methode keinen Erfolg verspricht, kann versucht werden, eine Befruchtung außerhalb des Körpers in einer Glasschale vorzunehmen (“In-vitro-Fertilisation”, IVF) und einen dabei erhaltenen Embryo über einen dünnen Katheter in die Gebärmutter einzubringen. Zunächst werden bei der Frau die Eierstöcke durch eine Behandlung mit Follikel-stimulierendem Hormon (FSH) angeregt, mehrere befruchtungsfähige Eizellen zu bilden. Diese lassen sich meist durch die Scheide mit Hilfe einer dünnen Nadel unter Ultraschall-Überwachung entnehmen. In einem Brutschrank haben die Spermien nun 24 Stunden Zeit, Eizellen zu befruchten. Ist dies erfolgreich, werden der Frau bis zu drei davon in die Gebärmutter übertragen.
Ein Spermium kann direkt in eine Eizelle eingeführt werden
Seit knapp zehn Jahren besteht selbst bei gravierenden Fruchtbarkeitsstörungen des Mannes Hoffnung auf eigene Nachkommen. In diesen Fällen lässt sich ein Spermium mit Hilfe eines Mikromanipulators durch eine ultradünne Kanüle in eine aus dem Eierstock gewonnene Eizelle direkt einführen (“Intrazytoplasmatische Spermiuminjektion”, ICSI). Diese Methode wird in Deutschland bereits seit 1994 erfolgreich praktiziert. Die Aussicht pro Behandlungszyklus zu einem Kind zu kommen, ist heute nicht schlechter als die Wahrscheinlichkeit eines gesunden Paares, in einem Zyklus der Frau Nachwuchs zu zeugen. Auch nahezu unfruchtbare Männer können heute Väter werden.
Inzwischen können sogar Männer, bei denen keine Samenfäden im Ejakulat zu finden sind, Väter werden. Mit Hilfe eines kleinen Eingriffs lassen sich Spermien nämlich direkt aus den Hoden oder den Nebenhoden gewinnen. Dabei entnommene überschüssige Spermien können eingefroren werden, so dass kein erneuter Eingriff notwendig wird, falls mehrere Behandlungszyklen bei der Frau erforderlich sind.
Autor
Dr. med. Achim Passloer
Marienstr. 30
10177 Berlin-Mitte
Erstellt und zuletzt geändert am 26. Februar 2002