Schwangerenvorsorge
Sabine Friese-Berg und Antje Ertan
Die Schwangerenvorsorge leistet einen wichtigen Beitrag zur Begleitung und Betreuung schwangerer Frauen. Der Artikel beschreibt die Inhalte der Standard- und Vorsorgeuntersuchungen und bezieht dabei die wichtige Rolle der Hebammen mit ein. Die körperlichen Veränderungen und Belastungen in der Schwangerschaft werden dabei genauso aufgezeigt, wie mögliche Ängste und Sorgen schwangerer Frauen.
1. Was ist Schwangerenvorsorge und wer sollte sie durchführen?
Schwangerenvorsorge – was bedeutet das eigentlich? Regelmäßige Kontrollbesuche, Blutentnahmen, Ultraschall… – ist schwangere frau denn krank?
Natürlich nicht. Im Gegenteil: schwanger werden und schwanger sein sind in der Regel Zeichen guter Gesundheit. Und eine gesunde Frau wiederum hat alle Voraussetzungen, Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit aus eigener Kraft zu bewältigen.
Trotzdem ist die Schwangerschaft eine Zeit, die dem Körper eine enorme Leistung abverlangt: Aus nur einer Zelle wächst ein ganzer kleiner Mensch heran. Dies geht mit körperlichen Veränderungen und Anpassungen einher, die manchmal auch Beschwerden machen können. Die Begleitung durch Hebamme/ Arzt und die Vorsorgemaßnahmen sollen die Gesundheit der Schwangeren erhalten, eventuelle Risiken schon im Vorfeld erkennen und abfangen sowie kleinere Beschwerden auf natürliche Art lindern, so dass große Beschwerden erst gar nicht auftreten.
Schwangerschaftsbegleitung bedeutet regelmäßige Treffen mit Hebamme/ Arzt, um alle Fragen rund um Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit stellen zu können, das Wachstum des Bauches, des Kindes und der Brüste zu beobachten und zu lernen, Kontakt zum Kind aufzunehmen. Auch soll die Vorfreude auf die Geburt gestärkt werden. Aber ebenso soll das Gefühl für die eigene Verantwortung für Schwangerschaft und Geburt entwickelt werden. Denn die Schwangere selbst ist die Expertin für ihren Körper und für ihr Kind.
Körperlichen Veränderungen mit Bewegungsübungen, Massagen und Ruhepausen zu begegnen ist ein Teil der Begleitung, aber auch Gespräche zur Ernährung und Beratung zu diagnostischen Untersuchungen gehören dazu. Für die individuelle Schwangerschaftsbegleitung braucht es Zeit. Es macht Sinn, sich im Vorfeld zu vergewissern, dass Hebamme/ Arzt diese Zeit einplanen.
Bestimmte Untersuchungen prägen die Schwangerschaftsbegleitung. In den letzten 30 Jahren hat sich ein Untersuchungsschema entwickelt, welches in den ärztlichen Mutterschaftsrichtlinien als Tätigkeitsrichtlinie für Ärzte festgelegt wurde. Hierbei handelt es sich um ein rein körperliches Diagnoseschema, um auftretende Risiken/ Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Die meisten Frauen gehen irgendwann im Verlauf des zweiten Monats ihrer Schwangerschaft zur ersten Vorsorgeuntersuchung. Danach ist in einer normal verlaufenden Schwangerschaft bis zur 32. Woche vierwöchentlich, dann alle zwei Wochen ein Besuch bei Arzt/ Hebamme vorgesehen.
2. Inhalte der Vorsorgeuntersuchungen
Wie läuft nun eine “typische Vorsorgeuntersuchung” ab, nach was schaut die Hebamme/ der Arzt und warum?
Die erste Vorsorgeuntersuchung
Die erste Untersuchung dient vor allem der Feststellung der Schwangerschaft und der aktuellen Schwangerschaftswoche. Der Geburtstermin wird errechnet. Dabei zählt man vom ersten Tag der letzten Regel ca. 40 Wochen dazu. Je nach Zyklus der Frau kann es hier kleinere Abweichungen geben.
Bei dieser ersten Untersuchung findet auch ein ausführliches Gespräch statt, eine sogenannte Anamnese. Dabei verschafft sich Hebamme/ Arzt einen Überblick über bestimmte Vorerkrankungen der Frau, die ein Risiko für Schwangerschaft und Geburt bergen könnten. Sie informieren sich über vorangegangene Schwangerschaften und Geburten und über den aktuellen Gesundheitszustand der Frau. Dazu gehören auch das Ausgangsgewicht, die Größe, der Blutdruck, verschiedene Blutuntersuchungen und Abstriche.
All dies wird im Mutterpass festgehalten, der bei der ersten Untersuchung erstellt wird. Dieser Pass wird nun ein ständiger Begleiter der Schwangeren sein. In ihm wird der Verlauf der Schwangerschaft dokumentiert, so dass – z.B. auf Reisen – auch fremde Hebammen und Ärzte sich im Bedarfsfall schnell einen Überblick verschaffen und gezielt helfen können.
Folgende Blutuntersuchungen und Abstriche sind die Regel:
Blutgruppenbestimmung: Hierbei interessiert Hebamme/ Arzt vor allem der sogenannte Rhesusfaktor. Er kann positiv oder negativ sein. Hat eine Frau mit einem negativen Rhesusfaktor einen Partner mit positivem Rhesusfaktor, so kann das Kind ebenfalls positiv sein. In der ersten Schwangerschaft hat dies meist keine Bedeutung. Doch spätestens bei der Geburt bildet die Frau nun Antikörper gegen den positiven Rhesusfaktor des Kindes. Wird sie wieder schwanger, und hat das zweite Kind ebenfalls einen positiven Rhesusfaktor, dann wird es nun von den Antikörpern der Frau angegriffen, was fatale Folgen für die Gesundheit dieses Kindes hätte. Um es gar nicht erst soweit kommen zulassen, erhält jede Frau mit negativem Rhesusfaktor bereits in der ersten Schwangerschaft, und in jeder folgenden Schwangerschaft, im Rahmen der Schwangerenvorsorge spezielle Immunglobuline, so dass sie keine Antikörper gegen den positiven Rhesusfaktor bildet. Weiterhin wird auch noch ein allgemeiner Antikörpertest durchgeführt, um eventuell ungünstigen Blutgruppenkonstellationen entgegenwirken zu können.
Der Hämoglobingehalt (Hb): Der Hämoglobingehalt (Hb) der roten Blutkörperchen gibt indirekt Auskunft über den Eisenwert. Bei Eisenmangel sinkt der Hb und die roten Blutkörperchen können nicht mehr effektiv Sauerstoff durch den Körper transportieren. Im Verlaufe der Schwangerschaft verdünnt sich das Blut der Schwangeren durch eine Zunahme an Flüssigkeit bei gleichbleibender Anzahl von roten Blutkörperchen. Dies ist ganz normal und hat auch seinen Sinn, denn nur “dünnes” Blut kann durch die z.T. haarfeinen Gefäße des Mutterkuchens zirkulieren und somit das Kind ausreichend versorgen. Doch ein gewisser Wert des Hbs sollte nicht unterschritten werden. Abgeschlagenheit und Müdigkeit wären die ersten Folgen. Darum wird der Hb im Verlaufe der Schwangerschaft einige Male kontrolliert, um gegebenenfalls über die Ernährung dem Körper wieder mehr Eisen zuzuführen, woraufhin auch wieder mehr Hämoglobin gebildet werden kann.
Röteln-Titer: Röteln sind eigentlich eine harmlose Kinderkrankheit, die die meisten Frauen schon durchgemacht haben. Doch bekommt eine Schwangere zum ersten Mal Röteln, so können die Erreger schwere Entwicklungsstörungen beim ungeborenen Kind verursachen. Dies trifft allerdings nur für die ersten drei Schwangerschaftsmonate zu. Darum wird bei jeder Schwangeren gleich bei der ersten Vorsorgeuntersuchung geschaut, ob sie immun gegen diese Krankheit ist. Dabei verrät der sogenannte Röteln-Titer, ob sie genügend Antikörper gegen die Viren hat. Trifft dies zu, so ist auch ihr Kind geschützt. Fehlen die Antikörper, so kann man im Falle eines Kontaktes mit den Erregern sofort eine passive Impfung veranlassen.
Lues-Such-Reaktion: Lues, eine auch als Syphilis bekannt gewordene Geschlechtskrankheit, ist zum Glück in unserer Gesellschaft ganz selten geworden. Trotzdem wird jede Schwangere auf die Erreger untersucht, denn sie sind für das ungeborene Kind gefährlich. Sie können aber sehr gut behandelt werden.
HBs-Antigen: Diese Untersuchung wird erst gegen Ende der Schwangerschaft durchgeführt, um eine infektiöse Leberentzündung bei der Schwangeren, die Hepatitis B, auszuschließen. Besteht eine Hepatitis B-Infektion, so wird das Kind direkt nach der Geburt geimpft. Somit kann eine Infektion, die im Neugeborenenalter meist sehr schwer verläuft, vermieden werden.
Toxoplasmose-Test: Auf Toxoplasmose werden nur Frauen getestet, die ein erhöhtes Risiko haben, mit diesen Erregern in Kontakt zu kommen. Toxoplasmose wird vor allem durch Katzen übertragen. Sie ist für den erwachsenen Menschen eine völlig harmlose Infektion, kann aber für das ungeborene Kind gefährlich werden.
HIV-Test (AIDS-Test): Auch dieser Test wird nur den Frauen mit erhöhtem Risiko empfohlen. Doch im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung wird er kostenlos durchgeführt, und das Wissen um eine bestehende HIV-Infektion kann durch die daraufhin eingeleiteten Vorsorgemaßnahmen das ungeborene Kind effektiv vor einer Ansteckung schützen.
Krebsvorsorge-Abstrich: Ein grenzwertiger Befund des Gebärmutterhals-Abstrichs kann sich in Einzelfällen durch die hormonelle Umstellung des Körpers in der Schwangerschaft verschlechtern. Durch eine spezielle Ernährung und eine ganzheitliche Behandlung, über die der Arzt/ die Hebamme gegebenenfalls aufklärt, kann sich solch ein Befund auch verbessern.
Clamydien-Abstrich: Clamydien sind relativ häufig auftretende Erreger im Gebärmutterhals. Sie können während der Geburt auf das Kind übertragen werden und bei ihm zu Augen- und Lungenentzündungen führen. Doch sie lassen sich schon in der Schwangerschaft gut behandeln, so dass es gar nicht erst zu einer Infektion beim Kind kommt.
Standarduntersuchungen bei jeder Vorsorge
Bei jedem Vorsorgetermin legt Hebamme/ Arzt vor allem Wert auf das aktuelle Wohlbefinden der Schwangeren: Welche Fragen, Sorgen, Ängste gibt es? Wie fühlt sich die Schwangere? Wo braucht sie eventuell Unterstützung und Rat? Ferner werden die nachstehend beschriebenen Routineuntersuchungen durchgeführt.
Die Untersuchung des Urins, mittels eines kleinen Teststreifens, gibt schnell und zuverlässig Auskunft über mehrere Parameter. Viele Schwangere neigen z.B. gehäuft zu Harnwegsinfektionen. Diese lassen sich über den Nitritgehalt im Urin nachweisen und sind einfach zu behandeln.
In der Schwangerschaft sind die Nieren für Zucker- und Eiweißmoleküle durchlässiger, so dass Zucker und Eiweiß in geringen Mengen im Urin auftauchen können, ohne eine besondere Bedeutung zu haben. Zucker in größeren Mengen könnte auf einen Schwangerschaftsdiabetes hinweisen. Diese Diagnose muss dann aber erst durch weitere Tests bestätigt werden. Im Falle eines Schwangerschaftsdiabetes kann der Schwangeren durch eine gute Ernährungsberatung und eine ausgewogene Diät meistens geholfen werden.
Eine hohe Eiweißmenge im Urin könnte ein Zeichen für die sogenannte Präeklampsie, auch Schwangerschaftsvergiftung genannt, sein. Dies ist ein komplexes Krankheitsbild, zu dem noch ein erhöhter Blutdruck gehört. Bei frühzeitigem Erkennen kann man den Verlauf sehr günstig beeinflussen. Deshalb gehört auch die Messung des Blutdruckes zu jeder Vorsorgeuntersuchung.
Weiterhin wird geschaut, ob die Schwangere Krampfadern (Varizen) bekommt, oder sich Wasser in den Beinen und Händen ansammelt (Ödeme). Beides gehört in einem gewissen Rahmen und je nach Veranlagung der Frau zu einer normalen Schwangerschaft dazu, jedoch sollten bei starker Ausprägung therapeutische Maßnahmen ergriffen werden.
Natürlich verschafft sich Hebamme/ Arzt auch über das Gedeihen und Wohlbefinden des Kindes einen Eindruck. Ob das Kind zeitgemäß wächst, ob genügend Fruchtwasser vorhanden ist und wie das Kind im Bauch liegt, kann Hebamme/ Arzt über das Ertasten des Bauches herausfinden. Über das Abhören der Herztöne bekommt Hebamme/ Arzt einen Eindruck, wie es dem Kind geht. Das Abhören der Herztöne geschieht entweder mittels eines Dopton-Gerätes (ein kleines Ultraschallgerät) oder mit Hilfe des altbewährten Holzstetoskopes. Eine wichtige Information ist aber auch, wie die Schwangere ihr Kind spürt und ob es sich lebhaft bewegt.
Untersuchungen, die nur zu bestimmten Zeiten oder nach Bedarf durchgeführt werden
Nach den Mutterschaftsrichtlinien sind in einer normal verlaufenden Schwangerschaft drei sonographische Untersuchungen (Ultraschalls) vorgesehen. Diese kann nur der Arzt durchführen. Der erste Ultraschall wird zwischen der 9. und 12. Schwangerschaftswoche empfohlen. Er dient dazu, festzustellen, ob sich das Ei an der richtigen Stelle eingenistet hat, ob es sich um ein Kind oder gar um Zwillinge handelt und wo der Sitz des Mutterkuchens ist.
Der zweite Ultraschall ist zwischen der 19. und 22. Schwangerschaftswoche vorgesehen. Über ihn kann sich der Arzt davon überzeugen, dass das Kind bis jetzt zeitgerecht gewachsen ist, und einen Eindruck gewinnen, ob sich alle Organe richtig entwickelt haben.
Der dritte und letzte Ultraschall, der zwischen der 29. und 32. Schwangerschaftswoche gemacht werden sollte, dient noch einmal dazu, die Entwicklung des Kindes zu überprüfen und gegebenenfalls seine Lage zu ermitteln.
In der ärztlichen Vorsorge ist es üblich, ab der 28. Schwangerschaftswoche ein sogenanntes CTG (Cardio-Toko-Gramm) zu schreiben. Hierbei werden die Herztöne des Kindes und eventuell schon auftretende Kontraktionen der Gebärmutter über ca. 20-30 Min. aufgezeichnet.
Einige Ärzte und Hebammen machen prinzipiell einen Glukosetoleranztest zwischen der 21. und 24. Schwangerschaftswoche, um einen Schwangerschaftsdiabetes auszuschließen. Meistens wird dieser Test aber nur bei Verdacht auf diese Erkrankung gemacht. Es ist sehr wichtig, frühzeitig einen Schwangerschaftsdiabetes zu entdecken, um dann mit einer gezielten Diät ein übermäßiges Wachstum des Kindes und andere Folgeerscheinungen zu vermeiden.
3. Typische Fragen, Sorgen und Schwangerschaftsbeschwerden
Die drei Phasen der Schwangerschaft
Die Schwangerschaft lässt sich in drei Phasen unterteilen. Man nennt diese Phasen auch Trimenon, ihre Übergänge sind fließend.
Das erste Trimenon (1. – 3. Schwangerschaftsmonat) kann man auch als Phase der Auseinandersetzung bezeichnen: Zum einen muss sich der Körper der Frau mit dem neuen, sich entwickelnden Leben in ihm auseinandersetzen und sich daran anpassen, zum anderen muss sich die Frau aber vor allem auf der psychischen Ebene mit diesem einschneidenden Ereignis befassen.
Das zweite Trimenon (4. – 6. Schwangerschaftsmonat) wird auch Phase des Wohlbefindens genannt. Körper und Geist haben sich auf die Schwangerschaft eingestellt; die ersten Kindsbewegungen sind zu spüren; die Frau fühlt sich meist rundum gesund und voller froher Erwartungen.
Das dritte Trimenon schließlich (7. – 9. Schwangerschaftsmonat) wird auch als Phase der Belastung bezeichnet. Wie der Name schon vermuten lässt, wird für die schwangere Frau alles ein bisschen beschwerlicher: Körperliche Aktivitäten sind durch den immer größer werdenden Bauch deutlich eingeschränkt, frau schläft nicht mehr so gut, und schließlich fühlen die Frauen einen regelrechten Schwangerschaftsüberdruss: Die Geburt wird herbei gesehnt.
Jede Phase hat ihre “typischen Begleiterscheinungen” , die nicht jede Frau als Beschwerden empfinden muss. Doch manche dieser Beschwerden können für die Betroffenen zu einem enormen Leidensdruck führen, sind aber häufig durch einfache Maßnahmen zu lindern. Die regelmäßigen Vorsorgetermine ermöglichen es der Frau, sich immer ganz aktuell Rat und Hilfe bei Hebamme/ Arzt geben zu lassen. Hebamme/ Arzt wiederum lernt die Frau durch die regelmäßigen Besuche immer besser kennen und kann somit ganz individuell auf die Bedürfnisse der Frau eingehen und ein “Gefühl” für diese Schwangerschaft und dieses Kind bekommen.
In den letzten Abschnitten wird ein kurzer Überblick über die häufigsten Fragen, Sorgen und Beschwerden und mögliche therapeutische Maßnahmen im Verlaufe einer Schwangerschaft gegeben.
Phase der Anpassung
In dieser Phase, wo frau doch gerade erst anfängt, sich schwanger zu fühlen, kann schon ganz viel für die kommende Zeit vorgearbeitet werden, damit verschiedene Beschwerden erst gar nicht auftreten. Beim Erstkontakt wird von Hebamme/ Arzt eine Art “Belastungs-Grundstatus” erhoben. Es ist wichtig, dass die Schwangere das eigene Körpergefühl stärkt, was z.B. durch einfache Yoga-Übungen und/ oder Atem- und Entspannungsübungen erreicht werden kann.
Die Schwangerschaft ist spätestens ab der dritten Phase eine enorme Belastung für das Bindegewebe und die Wirbelsäule. Oft leiden Frauen dann unter Rückenschmerzen, schweren Beinen etc. Um dem zuvorzukommen, sollten schon jetzt eine gute Haltung und Bewegung, richtiges Heben und Tragen geübt werden, sollte Wirbelsäulengymnastik zum Aufbau der Muskeln gemacht und auf eine gute Ernährung geachtet werden.
Die Ernährung ist sicher ein Hauptthema. Welche Nahrungsmittel sind jetzt besonders wichtig, welche sollten gemieden werden? Auch hier geht Hebamme/ Arzt ganz individuell auf die Ernährungsgewohnheiten der jeweiligen Frau ein. Ganz allgemein gilt eine ausgewogene, vielfältige Ernährung als erstrebenswert, und nach Rücksprache mit Arzt/ Hebamme können bestimmte Vitamine und Mineralien zusätzlich eingenommen werden.
Viele Frauen leiden in den ersten drei Monaten unter Übelkeit und Erbrechen – manche sogar so sehr, dass sie an Gewicht verlieren. In einem gewissen Rahmen gehört dies zu einer normalen Schwangerschaft dazu. Durch bestimmte Tees (z.B. Ingwertee, Fencheltee), häufige und kleine Mahlzeiten, ein kleines Stück Brot noch vor dem Aufstehen etc. kann die Übelkeit meist gut gelindert werden. In hartnäckigeren Fällen kann Hebamme/ Arzt oft über Akupunktur noch weiterhelfen.
Müdigkeit und Hypotonie (= niedriger Blutdruck) sind ebenfalls lästige Begleiterscheinungen der ersten Schwangerschaftswochen. Der Körper der Frau muss eine enorme Umstellungsleistung erbringen. In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten wird der neue kleine Mensch komplett gebildet, so dass er danach “nur” noch wachsen und reifen muss. Frau sollte sich einfach das Mehr an Ruhe gönnen. Mit kreislaufanregender Gymnastik, vor allem vor dem Aufstehen, und warm-kalten Wechselduschen lässt sich meistens der Kreislauf wieder auf Trab bringen.
Eine ebenfalls lästige aber harmlose Beschwerde ist das häufige Wasserlassen. Die langsam wachsende Gebärmutter füllt am Anfang das kleine Becken aus und macht so der Harnblase ihren Platz streitig. Doch spätestens im zweiten Trimenon wird das wieder besser, da dann die Gebärmutter hauptsächlich oberhalb des Beckens Raum fordert. Die Trinkmenge sollte höchstens abends vor dem Schlafengehen reduziert werden, um nicht zu häufig nachts wach zu werden. Doch tagsüber ist es ratsam, gut zu trinken und eben häufig auf die Toilette zu gehen, denn gerade eine Schwangere und ihr Kind brauchen ausreichend Flüssigkeitszufuhr.
Häufig sind ein starkes Spannen in den Brüsten und empfindliche Brustwarzen für viele Frauen die ersten Schwangerschaftszeichen. Das Drüsengewebe vollendet sich; die Brust wächst und wird auf ihre spätere Aufgabe, das Stillen, vorbereitet. Ein gut sitzender BH, warme Lavendelbäder oder Massagen mit Lavendelöl wirken oft Wunder. Das Stillen ist von Anfang an ein wichtiges und in der Schwangerschaftsbegleitung immer wiederkehrendes Beratungsthema. Hebamme/ Arzt schaut die Brust regelmäßig an und gibt wichtige Tips für die Pflege und für die Vorbereitung auf das Stillen. In der Regel kann jede gesunde Frau ihr Kind stillen.
Gegen Ende des ersten Trimenon verspüren viele Schwangere Dehnungsschmerzen in der Leiste. Die Gebärmutter ist an vielen Bändern im Becken und am Kreuzbein fixiert. Durch das Wachstum gibt es nun einen kräftigen Zug auf diese Bänder, was den Schmerz verursacht. Durch Dehnungsübungen und Massagen lassen sich diese Beschwerden gut mindern.
Blutungen in der Frühschwangerschaft sind gar nicht selten. Eine Schmierblutung hat dabei meistens nichts zu bedeuten. Der Körper hat sich hormonell noch nicht ganz umgestellt, und diese Blutungen treten oft auch im Rhythmus der Menstruation auf. Stärkere Blutungen dagegen können durchaus das Ende der Schwangerschaft anzeigen. Frau hat dabei nichts falsch gemacht, sondern irgendetwas in diesem komplexen Regelwerk hat nicht gestimmt. Viele Frauen haben ein oder zwei Aborte in ihrem Leben – auch wenn es weh tut, so ist es doch nichts Krankhaftes. Doch sollte die Schwangere auf jeden Fall ihre Hebamme oder ihren Arzt darüber verständigen und sich Rat und Hilfe holen.
Viele Frauen möchten über Urlaubsreisen, Sport und andere Freizeitaktivitäten beraten werden. Was kann frau noch alles tun, was sollte sie schon unterlassen? Die Antworten hierfür sind ganz unterschiedlich, denn jede Frau bringt andere Voraussetzungen mit, so dass hier individuell beraten wird.
Pränataldiagnostik ist ebenfalls ein Thema, welches in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt, oft aber große Ängste und Konflikte auslöst. Mit der Hebamme haben werdende Eltern die Möglichkeit, das Für und Wider solch einer Diagnostik noch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und vielleicht unnötige Ängste abzubauen. Auf jeden Fall wird Hebamme/ Arzt Kontakte vermitteln können, wo das Paar eine gute Beratung erhält.
Nun ist es auch langsam an der Zeit, sich um einen Geburtsvorbereitungskurs zu kümmern. Ist die Schwangere schon bei einer Hebamme in der Vorsorge, geschieht dies wahrscheinlich automatisch über diesen Kontakt.
Phase des Wohlbefindens
In dieser zweiten Phase fühlen sich die meisten Frauen rundum wohl und genießen ihre Schwangerschaft. Ab ca. der 18. Schwangerschaftswoche können die meisten auch erstmals ganz bewusst Kindsbewegungen wahrnehmen, z.B. ein leichtes Flattern im Bauch. Ist es das zweite oder dritte Kind, dann häufig auch schon früher.
Durch die hormonell bedingte Gefäßweitstellung und -tonusminderung sowie durch das zunehmende Volumen im Körper der Schwangeren erhöht sich der Druck auf das venöse System. Die meisten Frauen bekommen dadurch mit fortschreitender Schwangerschaft Wassereinlagerungen (Ödeme), hauptsächlich in den Beinen. Hier hilft: langes Stehen vermeiden, zwischendurch mal die Beine hochlegen, eventuell Stützstrümpfe tragen.
Viele Frauen bekommen zudem noch Krampfadern (Varizen). Auch hier gilt: durch “öfters mal die Beine hochlegen” Entlastung herbeiführen. Stützstrümpfe sind nun sehr ratsam; außerdem sollten regelmäßige Beingymnastikübungen in den Tagesablauf eingebaut werden. Mit bestimmten Massageölen und Wechselduschen kann das Gefäßsystem zusätzlich gekräftigt werden.
Hämorrhoiden entstehen ebenfalls aus den oben genannten Gründen. Über die Ernährung sollten die betroffenen Frauen für weichen Stuhlgang sorgen. Durch kühlende Sitzbäder oder Auflagen mit kühlendem Quark lassen sich schmerzhafte Hämorrhoiden lindern. Mit gezieltem Beckenbodentraining kann der Blutrückstrom gefördert werden, was ebenfalls zu einer Besserung führt.
Wadenkrämpfe sind für viele Schwangere ein nächtliches Problem. Doch mit Hilfe einer magnesiumreichen Ernährung (z.B. Aprikosen, Mandeln, verschiedene Gemüsesorten) und spezielle Streck- und Dehnungsübungen läßt sich recht einfach Abhilfe schaffen.
Um so größer das Kind wird, desto mehr drückt es der schwangeren Frau auf den Magen. Zudem ist auch der Magenschließmuskel von der hormonell bedingten Tonusminderung betroffen. Die Folge ist Sodbrennen, denn saurer Mageninhalt wird Richtung Speiseröhre gedrückt. Dies kann ein sehr schmerzhaftes Problem sein. Bestimmte Nahrungsmittel, vor allem scharf gewürzte Speisen, Kaffee etc., sollten nun gemieden werden. Durch häufigere kleine Mahlzeiten wird der Magen entlastet, insbesondere vor dem Schlafengehen ist es günstig, nicht mehr viel zu essen. Eine einfache, aber sehr wirkungsvolle Maßnahme ist das leichte Hochlagern des Oberkörpers beim Schlafen und Ruhen – einfach die Matratze hochstellen. Dann gibt es noch viele verschiedene Hausmittelchen: 1 TL Senf oder Heilerde, ein Glas Milch, Fencheltee, Kartoffelsaft, geschälte Mandeln… – alles was Säuren bindet. Durch Ausprobieren findet jede Frau meist das Richtige für sich.
Auch wenn sich die schwangere Frau wohl fühlt, sollte sie sich jetzt längere Erholungszeiten gönnen, eventuell den Arbeitsplatz “schwangerschaftsfreundlich” umgestalten und langes Stehen prinzipiell vermeiden. Nun wird es auch Zeit, mit dem Geburtsvorbereitungskurs zu beginnen, der neben gezielten Übungen und Vorbereitungen auf die Geburt auch Kontakt zu anderen werdenden Eltern ermöglicht.
Phase der Belastung
Der Bauch wird nicht nur größer, sondern auch schwerer. Die schwangere Frau geht zum Ausgleich des Gewichtes ins Hohlkreuz. Trotz Wirbelsäulengymnastik schon ab dem ersten Schwangerschaftsdrittel können nun Kreuzbeinbeschwerden auftreten, denn das Illio-Sacral-Gelenk und die Bänder, die die Gebärmutter halten, sind hormonell bedingt stark aufgelockert. Jetzt sollte besonders auf richtiges Heben und Tragen geachtet werden. Regelmäßige Gymnastikübungen sollten fester Bestandteil im Tagesablauf sein. Massagen und ein warmes Kirschkernkissen oder ein Entspannungsbad helfen auch sehr gut. In schwierigen Fällen kann akupunktiert werden.
Ein weiteres leidliches Thema, welches zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Verstopfung. Der Darm einer Schwangeren arbeitet sowieso schon träger, nun wird er durch das wachsende Kind immer mehr zur Seite geschoben. Nun sollte frau noch mehr auf eine ballaststoffreiche Kost (viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Müsli etc.) achten, viel trinken und Spaziergänge unternehmen. Bei hartnäckiger Verstopfung hilft z.B. Leinsamen mit viel Flüssigkeit, Milchzucker, Apfelessig und anderes. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Problem gut in den Griff zu bekommen.
Auch mit dem Schlafen klappt es am Ende der Schwangerschaft nicht mehr so gut. Der Bauch stört, frau findet keine bequeme Liegestellung mehr. Vielleicht tritt auch gerade dann das Kind sie schmerzhaft in die Rippen, wenn sie sich zur Ruhe gelegt hat. Mit einfachen Lagerungsmitteln, wie ein zusätzliches Kissen und/ oder ein Stillkissen, kann die Schwangere sich besser betten. Mit einem “wilden Kind” , welches schmerzhaft tritt, kann die Frau/ das Paar lernen “zu sprechen” und über Bauchmassage Kontakt aufnehmen (= Haptonomie).
Aber auch Ängste und Sorgen vor der bevorstehenden Geburt kann frau den Schlaf rauben. Ängste vor der Geburt sind normal. Mit Hebamme/ Arzt darüber zu sprechen oder Ängste auch zum Thema im Geburtsvorbereitungskurs zu machen, bringt meistens schon Entlastung. Ferner kann die Zeit nach der Geburt wie ein “Schreckgespenst” auftauchen und die Frage “Wie soll ich das bloß schaffen?” zu Schlafstörungen führen. Vielleicht gibt es schon kleine Kinder zu Hause, ein Umzug ist geplant… Auch hier können im Gespräch mit Hebamme/ Arzt Lösungen erarbeitet werden – z.B. könnte eine Haushaltshilfe organisiert werden. Entspannungsübungen und beruhigende Tees vor dem Schlafengehen können eine zusätzliche Hilfe sein.
Gegen Ende der Schwangerschaft, ab ca. der 32./33. Schwangerschaftswoche, wird auch die Lage des Kindes interessant, vor allem ob der Kopf (Schädellage) oder der Po (Steißlage) im Becken, also “unten” , liegt. Dies kann Hebamme/ Arzt über einfache Handgriffe von außen ertasten. Im Zweifelsfall kann der Arzt per Ultraschall die genaue Lage des Kindes ermitteln. Für eine unkomplizierte Geburt wäre eine Schädellage wünschenswert. Liegt das Kind “verkehrt herum” , kennt die Hebamme noch verschieden Tricks (bestimmte Körperhaltungen, Akupunktur, Moxa etc.), damit sich das Kind vielleicht doch noch in die gewünschte Lage dreht.
In den letzten Wochen der Schwangerschaft wird immer mal wieder der Bauch hart. Die Schwangere kann sogar leicht ziehende Kontraktionen spüren. Bis zu 10 solcher Vorwehen am Tag sind normal – die Gebärmutter “trainiert” . Treten sie häufiger auf, sollte Hebamme/ Arzt kontaktiert werden. Längere Ruhepausen sind dann angebracht. Für die meisten Frauen beginnt jetzt auch der Mutterschutz.
Etwa vier Wochen vor dem Geburtstermin spüren die meisten Frauen die sogenannten Senkwehen – Kontraktionen, die sogar regelmäßig über ein bis drei Stunden anhalten und auch schmerzhaft sein können. Manche Frauen spüren diese Art Wehen nicht so deutlich oder gar nicht. Doch alle werden plötzlich merken, daß der Bauch seine Form verändert hat und das Atmen wieder leichter fällt, denn das Kind hat sich tiefer ins Becken gesenkt – sitzt sozusagen in Startposition.
Aber Vorsicht! Nur wenige Kinder (etwa 4 – 6%) halten sich wirklich an ihren berechneten Geburtstermin. Eine Abweichung von + / – zwei Wochen ist völlig normal. Wird der Geburtstermin überschritten, werden die Vorsorgeuntersuchungen häufiger durchgeführt.
Jede Schwangerschaft hat ihren individuellen Verlauf. Nicht alles hier Genannte muß wirklich auftreten, anderes wiederum wird hier gar nicht erwähnt. Eine gute Schwangerschaftsvorsorge und -begleitung mit Hebamme/ Arzt geht genau auf Ihre persönlichen Bedürfnisse, Fragen und Wünsche ein, so daß Sie diese besondere Zeit auch genießen können.
Autorinnen
Sabine Friese-Berg ist Hebamme, Psychologische Beraterin, Haptotherapeutin, Stillberaterin, Lehrerin für Hebammenwesen und Leiterin für Hebammenwesen am Fortbildungszentrum Bensberg. Ihr Tätigkeitsfeld umfaßt: Freiberufliche Hebamme, Schwangerschaftsbegleitung und Schwangerenvorsorge, Psychologische Beratung, Geburtsvorbereitung, Haptonomische Begleitung, Akupunktur, Hausgeburtshilfe, Wochenbettbetreuung, Baby-Massage, Fortbildungen.
Antje Ertan ist Dipl.-Biologin und Hebamme. Ihre Tätigkeitsfelder sind Schwangerenvorsorge, Geburtsvorbereitungskurse, Rückbildungskurse und Akupunktur.
Kontakt
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Antje Ertan
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Erstellt am 6. März 2003, zuletzt geändert am 23. März 2010