Aktive Opas sind glücklicher und vitaler 

Jürgen Busch
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Die gestiegene Lebenserwartung der Menschen führte in den letzten Jahren zu einer Steigerung des wissenschaftlichen Interesses an der Großelternrolle. Dabei haben moderne Großeltern kaum noch etwas mit dem idyllischen Bild des Märchenerzählers oder der Strickliesl im Schaukelstuhl gemein.
Heutige Großeltern sind aktiver und werden in die Freizeit der Enkelkinder mit einbezogen. Persönliche Kontakte sind an der Tagesordnung, gemeinsame Unternehmungen und Urlaube Alltag. So auch beim Autor dieses Artikels.
Jürgen Busch, mittlerweile fünffacher Großvater und Betreiber der Webseiten grossvater.de und hallo-opa.de vergleicht seine Erfahrungen mit denen, die aus wissenschaftlichen Studien stammen. Fazit: Aktive Opas sind glücklicher und vitaler!

Wann beginnt die Großvaterschaft?

Das Stereotyp des alten Opas, der runzlig und kurz vor dem eigenen Ableben seinen ersten Enkel auf dem Arm hält, hat heute längst nicht mehr Bestand. Es gibt zwar diejenigen, die erst spät Großvater werden, gleichwohl sind Großeltern keine homogene Gruppe.

Zehn Prozent der über 40-jährigen Norweger haben noch ihre Großeltern. Dies ist ein typisches Beispiel dafür, dass auch vergleichsweise junge Menschen Großeltern werden. Das Gute daran: Sie sind noch fit und aktiv, geraten beim Toben mit den Enkeln nicht außer Puste.

In Deutschland gelten die Jahre zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr für zwei Drittel der Menschen als die Zeit, in der sie das erste Mal Großeltern werden.
Allerdings wird eine zu frühe Großelternschaft nicht immer als angenehm empfunden, denn scheinbar überwiegen die Einschränkungen.
Ob diese nun objektiv vorliegen oder eher subjektiver Natur sind, muss im Einzelfall erkannt werden. Umgekehrt fühlen sich viele Großeltern, die das 70. Lebensjahr schon überschritten haben, nicht mehr fit genug, um mit den Enkeln zu toben. 

Mir selbst wird es ebenso gehen, denn wenn mein jüngster Enkel 15 Jahre alt ist, werde ich schon 90 sein. Eine echte Herausforderung, dann noch aktiv zu sein!

Dennoch: Ich bin mit 68 Jahren das erste Mal Großvater geworden und teile die Ansicht, dass eine zu frühe Großelternschaft einschränkend sein kann. Meine Neugier auf fremde Länder und die damit verbundene Reiselust sowie meine umfassende selbstständige Tätigkeit nach meiner Pensionierung haben mir wenig Zeit gelassen für eine aktive Beschäftigung mit den Enkeln.

Geografische Distanz wirkt auf die Qualität der Beziehung

Noch vor wenigen Jahrzehnten war es üblich, dass drei Generationen unter einem Dach wohnten.
Heute hingegen sind Familien oft berufsbedingt landesweit verstreut, wenngleich Studien gezeigt haben, dass rund 60 Prozent der Großmütter im gleichen Ort wie die Enkel leben.
Etwa 20 Prozent der Enkel leben mehr als eine Stunde von den Großeltern getrennt.

Eine geografische Distanz kann sich negativ auf die Beziehung zwischen Enkel und Opa auswirken, das Maß der Vertrautheit nimmt mit der Entfernung und der Häufigkeit der Besuche ab.
Dank moderner Kommunikationslösungen ist es aber möglich, zumindest für Kinder ab einem gewissen Alter etwas Nähe zu den Großeltern herzustellen.
Skype, WhatsApp und E-Mail sind die Mittel der Wahl, um den Kontakt zu pflegen. 

Um die Nähe zu unseren Enkelkindern zu gewährleisten, haben wir uns für eine finanzielle Unterstützung unserer Kinder und die Suche nach Immobilien in unserer Nähe entschieden. So haben wir die Möglichkeit, auf digitale Art miteinander verbunden zu sein, uns aber auch jederzeit von Angesicht zu Angesicht sehen zu können.

Opa-Sein verändert den Menschen

Für eine Studie wurden mehr als 200 frisch gebackene Großeltern dazu befragt, wie sehr sie sich durch die Geburt ihres Enkelkindes verändert hätten (2016, Taubmann – Ben-Ari und Ben Shlomo).

Es ergaben sich dabei vier Kategorien: 

  • Veränderte Prioritäten: Mehr Hilfe anbieten, weniger auf den Job konzentrieren
  • Gefühl der Bereicherung, verbesserte Beziehung zu Kindern
  • Gestärktes Verantwortungsgefühl, gewachsene persönliche Stärke
  • Stärkere Wertschätzung des Lebens 

Auch ich fühle mich besser, stärker und offener gegenüber der Familie. Ich möchte meinen Enkelkindern ein gutes Vorbild sein, gleichzeitig ein Begleiter durch alle Lebenslagen und Herausforderungen.

Verschiedene Opa-Typen

Die Forscher Mueller, Wilhelm und Elder typisierten 2001 die verschiedenen Charaktere von Großeltern, wobei die befragten Großeltern zum Zeitpunkt der Studie durchschnittlich 69 Jahre alt waren und mit 48 Jahren das erste Mal Opa geworden sind.

Die folgenden Typisierungen kamen dabei heraus:

  • Einflussreiche Großeltern: innige Verbundenheit und Kontaktpflege zu den Enkeln, gleichzeitig als Autorität angesehen
  • Unterstützende Großeltern: greifen nicht in die Erziehung der Enkel ein, enges Verhältnis zu den Enkeln
  • Passive Großeltern: geringe Unterstützung, keine Erziehungseinflussnahme, wenig gemeinsame Zeit mit den Enkeln
  • Autoritätsorientierte Großeltern: Disziplinierung und Lenkung der Enkel im Vordergrund
  • Distanzierte Großeltern: Gefühl loser Verbindung, kaum Kontaktpflege

Aktive Opas und ihre Enkel

Die Aktivitätsmöglichkeiten der Großeltern sind vielfältig und verändern sich mit dem Alter der Enkel. Während diesen anfangs noch Kinderlieder vorgesungen und Märchen erzählt werden, ist es später der gemeinsame Sport oder die finanzielle Unterstützung, die den Enkeln hilft.
Vielleicht werden sogar eigene Netzwerke bemüht, um das Enkelkind beruflich zu unterstützen.

Interessant: Je älter Großeltern werden, desto niedriger wird das Aktivitätslevel.
Sport und Spiel stehen weniger im Fokus, wenngleich dadurch die innere Verbundenheit zu den Enkeln nicht beeinflusst wird.

Großväter verstehen ihre Rolle dabei häufig als eine Art Mischung aus Mentor und Erzieher, als guter Freund und Zuhörer.
Es werden Ratschläge erteilt, die aus eigener Erfahrung stammen, Familiengeschichten weitergetragen und damit die Rolle eines Historikers eingenommen.

Auch ich sehe die Rolle als Opa als zweite Chance, verpasste Gelegenheiten bei meinen Kindern jetzt nachzuholen. Den Enkelkindern beim Großwerden zuzusehen, sie zu begleiten und ein Vertrauter bei Problemen oder Freuden zu sein.
Kurzum: Sie ins Leben zu führen und zu stärken, damit sie ihren eigenen Weg gehen können.

Aktive Opas sind vitaler

Enkelkinder haben eine unglaublich vitalisierende Wirkung auf ihre Großeltern, eine gelebte Großelternschaft kann wie ein Jungbrunnen wirken. Viele Opas werden selbst wieder zum Kind, sehen die Welt mit anderen Augen und erfreuen sich an den Kleinigkeiten, die vorher ganz alltäglich und wenig beachtenswert waren. Die psychische Wirkung der Enkelkinder auf ihre Großeltern ist erstaunlich und kann sogar die Lebensspanne verlängern.

Die Nähe zu den eigenen Kindern kann durch eine aktive Großvaterschaft gestärkt werden, es entsteht nicht selten eine neue Vertrautheit. Ein gesteigertes Glücksgefühl, die Erfüllung mit Stolz und nicht selten die Erkenntnis zu eigenen noch vorhandenen Fähigkeiten wirken sich psychisch und physisch positiv aus.
Die eigene Zufriedenheit wächst, das Wohlbefinden ebenso. 

Diese Erkenntnisse gewann ich in meiner bisherigen Großvaterschaft ebenso und ein bekannter Opa erzählte mir einst, dass er sein Leben als weniger lebenswert empfinden würde, wenn er nicht Opa geworden wäre.

Dabei ist die „Freiwilligkeit“ ein wichtiger Aspekt.
Wer sich wie ich freiwillig zu gemeinsamen Aktivitäten mit dem Enkelkind entschließt (optimal bei mir: pro Woche drei bis vier Stunden pro Enkel), profitiert von seiner Aufgabe statt sie als Belastung zu empfinden.

Ich fühle mich besser, befreit von trüben Gedanken, stärker und glücklicher.
Auch die eigene Schaffens- und Schöpferkraft wird angeregt, als aktiver Opa profitiere ich von meiner Großvaterschaft auf jede nur erdenkliche Weise. 

Literatur

Bucher, Anton A.(2019): Lebensernte, Springer Verlag.

Autor

Jürgen Busch, 75 Jahre alt, betreibt das Inspirations-Portal grossvater.de mit dem Ziel, andere Opas anzuregen sich noch ideenreicher und kreativer mit den Enkelkindern zu beschäftigen. Er selbst hat 5 Enkelkinder, mit denen er immer wieder neue gemeinsame Aktionen startet. Selbst das Backen, welches er vor seiner Großvaterschaft nie praktiziert hat, bereitet ihm nun im Zusammenspiel mit seinen Enkeln viel Freude.

eingestellt am 01.12.2020

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