Arbeitsteilung in der Partnerschaft erfolgreich verhandeln

Thomas Huber-Winter und Elisabeth Häni
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Kaum etwas verändert das Leben so nachhaltig wie die Gründung einer Familie und das Zusammenleben mit Kindern. Damit verbunden ist meist auch die Frage nach der beruflichen Entwicklung von Frau und Mann. Paare, die frühzeitig Ideen für eine faire Aufteilung der bezahlten und der unbezahlten Arbeit entwickeln, gewinnen neue Fähigkeiten und Freiräume für sich selber, sparen Kräfte, Zeit und Geld.

Eine partnerschaftliche und faire Arbeitsteilung ergibt sich nicht von selbst, sie muss insbesondere bei der Familiengründung und bei Veränderungen der Lebenssituation immer wieder neu verhandelt werden. Voreilige Kompromisse führen selten zu einem Happy End. Gefragt sind Lösungen, die sowohl materiell als auch gefühlsmässig für beide stimmen.

Frauen und Männer bleiben auch in der Paarbeziehung und bei der Familiengründung Individuen mit ihren je eigenen Lebensplänen und Vorstellungen. Wichtig ist, diese erst einmal für sich selber zu klären und anschliessend einander zu erzählen. Auf dieser Basis kann der kommende Lebensabschnitt bewusst gemeinsam geplant und gestaltet werden.

Wie soll die Berufs- und Familienarbeit aufgeteilt werden? Wie organisieren wir uns im Haushalt und in der Kinderbetreuung? Für wen ist wann welcher berufliche Entwicklungsschritt möglich oder ein Verzicht darauf angesagt? Wie können wir Freiräume für uns allein und Zeit für uns als Paar einplanen? Wie finden wir den richtigen Dreh mit dem Geld und den Versicherungsfragen? Wollen oder müssen wir Abmachungen schriftlich regeln oder läuft es auch ohne vertragliche Vereinbarungen? Für den Aushandlungsprozess solcher Fragen ist praktisches Denken ebenso gefragt wie Dialogbereitschaft und respektvolles Streiten. Dafür gibt es bei Bedarf Unterstützungsangebote. Wichtig ist aber auch eine ständige Bereitschaft, die aktuelle Situation zu überprüfen, veraltete Abmachungen über Bord zu werfen und die Arbeitsteilung neuen Gegebenheiten anzupassen.

Elternschaft ist ein langfristiges Projekt. Deshalb ist es sinnvoll, schon zu Beginn zu überlegen, was bei einer allfälligen Trennung als Paar einer gemeinsamen Weiterführung der elterlichen Sorge förderlich wäre. So kann z.B. eine partnerschaftliche Arbeitsteilung dazu beitragen, dass beide Eltern auch nach einer Trennung weiter gemeinsam für das Wohl der Kinder sorgen können.

Arbeitsteilung verhandeln: Einige Tipps

Gemeinsamer Arbeitsplatz Haushalt

  • Machen Sie die Aufgabenerledigung im Haushalt klar ab: wer macht was und wann? Dabei kann eine Rolle spielen, ob Sie eine Arbeit gut und speditiv ausführen können, ob Sie diese Arbeit gerne verrichten, wann Sie sich dafür Zeit nehmen können etc.
  • Teilen Sie die Aufgaben – speziell unbeliebte – für eine bestimmte Zeit zu und wechseln dann.
  • Anspruchsniveau/Standard gemeinsam definieren, z.B.: Wie sauber muss es bei uns zu Hause sein, damit uns allen wohl ist?
  • Lernen Sie bei Bedarf dazu, um Stress abzubauen (z.B. Koch- und Haushaltkurse).

Kinderbetreuung

  • Wer kümmert sich wann ums Kind? Sorgen Sie dafür, dass beide Eltern regelmässig zu zweit und auch allein Zeit mit ihrem Kind verbringen können.
  • Planen Sie Zeit für den Austausch über Erziehungsfragen ein, damit die gemeinsame Linie ebenso wie unterschiedliche Haltungen im Alltag bewusst gelebt werden können.

Berufs-/Erwerbsarbeit

  • Tauschen Sie sich über die je gewünschten Stellenprozente aus. Prüfen Sie Auswirkungen auf Budget, Vorsorge, Steuern etc. Einigen Sie sich auf realistische Aufteilung.
  • Klären Sie Möglichkeiten mit ArbeitgeberIn, verhandeln Sie familienfreundliche Anstellungsbedingungen im Betrieb (z.B. klar definierte und abgegrenzte Aufgaben, flexible Arbeitszeitmodelle, Stellvertretungs-, Absenzen- und Ferienregelungen, Unterstützung bei Betreuungsaufgaben etc.).

Geld- und Arbeitsleistungen

  • Bewerten Sie die unbezahlten Leistungen monetär. Ermitteln Sie den Wert einer Stunde Hausarbeit in Franken (Durchschnitts-Stundenansatz beider Erwerbseinkommen oder Stundenlohn von professionellen Hausangestellten). So wird klarer, wie viel Sie durch eigene Arbeit an Ausgaben einsparen.
  • Haushaltbudget erstellen: Welche Kosten fallen an? Wer bezahlt wie viel? Unterschiede bei Einkommen und Arbeitsbelastung – bezahlte und unbezahlte Arbeit – möglichst ausgleichen. Allfällige Überschüsse/Errungenschaften (auch Guthaben aus Sozialversicherungen) fair aufteilen.

Erholung/Unterstützung

  • Planen Sie Zeitfenster für persönliche Bedürfnisse und Erholung, für Partnerschaft und Freundeskreis ebenso bewusst wie Zeit für Haushalt/Kinder, Erwerbstätigkeit, Bildung. Rechnen Sie damit, dass auch mal Unerwartetes die Planung auf den Kopf stellt.
  • Grenzen Sie sich bei Bedarf sich auch mal ab (zu Hause und im Betrieb), z.B. bei hoher Belastung/Erholungsbedarf.
  • Positive Einstellung: Rollenvielfalt ist anforderungsreich, aber auch bereichernd.
  • Holen Sie bei Bedarf professionelle Unterstützung, z.B. Beratung Coaching bei der Fachstelle UND.
     

Das sagt ein verhandelndes Paar:

Sie: „Ich möchte in ein paar Jahren nicht denken, zu wenig Zeit mit meinem Kind verbracht zu haben, aber ich möchte auch nicht bereuen, meine beruflichen Ziele zu wenig verfolgt zu haben – ein schwieriger Balanceakt! Ich bin froh, dass wir im Voraus rational eine Lösung für die Aufteilung der Berufsarbeit gefunden haben. Und ich finde es toll, welch gute Beziehung mein Partner zu unserem Kind hat.“

Er: „Ich hätte nie gedacht, dass mir die Zeit, die ich mit meinem Kind verbringe, so viel Freude bereitet und mir so wichtig ist. Ich bin froh, dass meine Partnerin so hartnäckig geblieben ist. Und wer weiss, vielleicht wirkt sich meine Teilzeitarbeit längerfristig auch auf andere Väter im Unternehmen aus.“

Weitere Beiträge von Thomas Huber-Winter hier in unserem Familienhandbuch

Weitere Beiträge von Elisabeth Häni hier in unserem Familienhandbuch

Autor und Co-Autorin

Thomas Huber-Winter, Fachpsychologe FSP für Berufs- und Laufbahnberatung, Vater zweier Kinder, teilt mit seiner Partnerin Familien- und Erwerbsarbeit. Er war viele Jahre Leiter und ist heute freier Mitarbeiter des Bereiches Privatpersonen der Fachstelle UND Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen.

Elisabeth Häni, Fachlehrerin und Erwachsenenbildnerin, leitet seit rund 10 Jahren den Bereich Bildung bei der Fachstelle UND. Vorher initiierte und leitete sie ebenso lange ein Projekt zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Kanton Bern.

Die Fachstelle UND ist in der Schweiz das Kompetenzzentrum für die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit mit Kontaktstellen in Luzern, Bern, Basel und Zürich. Die Fachstelle berät und unterstützt Privatpersonen und Organisationen zu den Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Schlüsselkompetenzen und Personalselektion, Sozialversicherungen, Kinderbetreuung und Angehörigenpflege.

Kontakt

Thomas Huber-Winter / Elisabeth Häni

Fachstelle UND
Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen
Postfach 3417
CH-8021 Zürich

Tel.: 0041 44 462 71 23

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Erstellt am 24. Oktober 2013, zuletzt geändert am 24. Oktober 2013