Pensionierung: Konsequenzen für die Partnerschaft

Dr. Sabine Buchebner-Ferstl

Buchebner-ferstl Sabine

 

 

 

 

Beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand handelt es sich um ein Ereignis, mit dem in unserer Gesellschaft nahezu jede/r direkt oder indirekt konfrontiert wird. Wie jeder Übergang bringt auch die Pensionierung Veränderungen mit sich, die Anpassungsleistungen erforderlich machen. In der Literatur werden zahlreiche Faktoren genannt, die als kennzeichnend für den Übergang in den Ruhestand gelten können. Dazu zählen beispielsweise die Veränderung der Zeitstruktur und Zeitverwendung, die Veränderung der ökonomischen Situation oder das Bewusstwerden der Tatsache, dass mit der Pensionierung in der Regel der letzte Lebensabschnitt seinen Anfang genommen hat.

Im vorliegenden Text möchte ich zuerst auf mögliche Probleme und Entwicklungsaufgaben eingehen, die für beide Partner unmittelbar relevant sind. Daran schließen Hinweise an, wie die gemeinsame Bewältigung der mit der Pensionierung verbundenen Veränderungen gelingen kann.

Mögliche Probleme und Entwicklungsaufgaben beim Übergang

Stellt die Pensionierung (eines oder beider Partner) zwar für die meisten Betroffenen keinesfalls ein negatives Ereignis dar, so ist doch zu erwarten, dass der Übergang eine Entwicklungsaufgabe für beide Partner beinhaltet. Dabei spielt sicherlich auch die spezifische Situation des Paares eine Rolle: Ist einer der Partner weiterhin erwerbstätig oder sind beide Partner im Ruhestand; bestehen Verpflichtungen, die das freie Verfügen über die eigene Zeit stark einschränken (z.B. Pflege eines Elternteils oder Beaufsichtigung von Enkelkindern); in welcher gesundheitlichen Verfassung befinden sich die Partner etc. Es ist sicherlich zu berücksichtigen, dass auch Veränderungen auftreten können, die mehr oder weniger zufällig mit der Pensionierung zusammenfallen wie z.B. die Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder der Auszug der Kinder.

Im Folgenden sollen einige typische Veränderungen für das Paar exemplarisch herausgegriffen werden.

Veränderung der Zeitstruktur und Zeitverwendung

Sowohl die eigene als auch die gemeinsame Zeit bedürfen aufgrund der Veränderungen durch die Pensionierung zumeist einer Neustrukturierung. Bei den meisten erwerbstätigen Paaren war die Tages- und Wochenstruktur jahrzehntelang von der Erwerbstätigkeit eines oder beider Partner geprägt. Durch die Pensionierung fallen diese Zwänge im Allgemeinen weg. Aber…

“…haben diese Arbeitszwänge, die als so belastend empfunden werden, nicht auch wichtige Funktionen erfüllt? (…) Die dadurch auferliegenden zeitlichen Rahmenbedingungen sind es ja auch, innerhalb derer sich tagtäglich die Einzelexistenz, ja, die Identität selber definiert, präzisiert und ihre Bestätigung findet” (Attias-Donfut 1988).

Wie etwa aus Daten des Mikrozensus (2000) ersichtlich wird, ist die Zeitverwendung älterer Menschen stark durch das Haushaltsleben geprägt. Der Haushalt liefert gleichsam neue “Zeitmarken” für den Alltag und strukturiert den Tagesablauf. Es handelt sich dabei offenbar um einen allmählichen Veränderungsprozess.

Die eigene und die gemeinsame Zeit bedürfen im Allgemeinen einer Neustrukturierung. Probleme können sich beispielsweise ergeben, wenn der pensionierte Partner eine starke Fixierung auf die Arbeit aufgewiesen hat und nun mit der plötzlich frei gewordenen Zeit nicht viel anzufangen weiß. In Bezug auf die Partnerschaft können Enttäuschungen die Folge sein, wenn die Erwartungen des einen Partners oder beider Partner nicht mit der Realität konform gehen, z.B. was das Ausmaß der gemeinsam verbrachten Zeit betrifft.

Vinick & Ekerdt (1992) setzen sich mit der Frage auseinander, ob die gemeinsamen Aktivitäten der Ehepartner aufgrund der Pensionierung (und der frei werdenden gemeinsamen Zeit) eine Zunahme erfahren bzw. ob die Veränderungen den Erwartungen der Ehepartner vor dem Übergang entsprechen. 80% der Ehepartner rechneten mit einer Zunahme, jedoch nur etwa die Hälfte berichtete nach der Pensionierung des Mannes (Frau nicht erwerbstätig) von zusätzlichen gemeinsamen Aktivitäten. Eine fortgesetzte Erwerbstätigkeit der Frau ließ diesen Prozentsatz weiter sinken.

Obsoletwerden von Rollenschemata

Die Rollenverteilung in Partnerschaften steht in engem Zusammenhang damit, wie die anfallenden Aufgaben in der Partnerschaft verteilt werden. In traditionellen Partnerschaften, in denen es die Partner gewohnt waren, eine Verteilung nach Geschlechtsrollen vorzunehmen, ergibt sich – wie erwähnt – mit dem Wegfall der Arbeitsrolle des Mannes die Erfordernis einer gewissen Neuorientierung, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen.

Mit der Aufgabenverteilung im Haushalt hat sich eine Vielzahl von Untersuchungen befasst. Dorfman (1992) zitiert mehrere Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass die Verteilung der Haushaltsaufgaben nach der Pensionierung (des Mannes) grundsätzlich nahezu unverändert bleibt. Männer verstärkten ihre Aktivitäten hinsichtlich “maskuliner” Tätigkeiten (Reparaturen u.ä.), beteiligten sich jedoch kaum an “femininen” Tätigkeiten wie Kochen oder Bügeln. Es existieren jedoch auch Studien, die eher eine Angleichung der Geschlechtsrollen nach der Pensionierung des Mannes konstatieren (z.B. (Mason 1987).

Vinick & Ekerdt (1991), aber auch anderen Forscher/innen, stellten fest, dass die Beteiligung des Mannes am Haushalt von den Frauen zum Teil gar nicht gewünscht bzw. stark kritisiert wurde. Ähnliche Aussagen können aufgrund einer neueren Untersuchung (Dierks 1997) getroffen werden, in der 14 Hausfrauen zwischen 47 und 76 Jahren befragt wurden. Als zentral stellten sich die Bewahrung des Selbstbildes sowie die Abgrenzung gegenüber dem Ehemann heraus. Dierks findet auch Anzeichen, dass in künftigen – weniger traditionell orientierten – Ruhestandsjahrgängen die Konfliktpotentiale steigen werden.

Wegfall von (gemeinsamen) Gewohnheiten und Ritualen

Der tägliche Gang zum Bus morgens um die gleiche Zeit, der Anruf um die Mittagszeit, der Begrüßungs- und der Abschiedskuss, das Bügeln der Arbeitshemden, das frühe Aufstehen unter der Woche und das Ausschlafen am Wochenende… eine Vielzahl von Gewohnheiten und Ritualen prägt in vielen Familien den Tages- und Wochenablauf – und nicht selten sind diese Rituale nicht vom Arbeitsalltag (meist des Mannes) zu trennen. Nicht nur die zeitliche Strukturierung (siehe oben) wird nun durch den Wandel der Lebensumstände durchbrochen, sondern bestimmte gewohnte Handlungen, die mit der Erwerbstätigkeit in Verbindung standen, fallen nun weg.

Die Bedeutung von Ritualen in der Partnerschaft, die kohäsive Kraft von Gewohnheiten ist unumstritten – es existiert zahlreiche Literatur zu diesem Thema (z.B. Schindler et al. 2001). Die Beibehaltung gewisser Rituale mag für Außenstehende mitunter zwar etwas absurd anmuten (z.B. das Ausschlafen nur am Wochenende), kann aber für das betroffene Paar durchaus subjektiv sinnvoll sein. Kolland (1988) weist auch darauf hin, dass die alltäglichen Gewohnheiten aus der Zeit der Berufstätigkeit nicht von einem Tag auf den anderen verloren gehen. Die Entwicklung neuer, angepasster Rituale kann durchaus ebenfalls ein Weg sein, diese Herausforderung zu bewältigen. Partnerschaften, die vorwiegend von Gewohnheiten zusammengehalten wurden, werden durch die Veränderungen aufgrund der Pensionierung mit großer Wahrscheinlichkeit vor eine schwierige Aufgabe gestellt.

Verlust von Autonomie und “privacy”; weniger “eigenes Leben”

Die Erwerbstätigkeit kann durchaus auch gleichsam als “Ausgleich” zum Familienleben gesehen werden, als ein Stück “eigenes Leben”, als eigener Bereich, zu dem der/die Partner/in keinen (direkten) Zutritt hat und in dem zumindest bis zu einem gewissen Grad eigenverantwortliche Entscheidungen getroffen und Ziele verfolgt werden können. Aber auch für nicht erwerbstätige Hausfrauen kann sich die Pensionierung des Partners als Verlust von Autonomie und “privacy” erweisen. Im Extremfall wird der Partner selbst als Belastung erlebt, wie es etwa in Sven Dierks Publikation “Hausfrauen im Ruhestand” beschrieben wird (Dierks 1997, S. 137).

Kolland (1988, S. 84) weist darauf hin, dass der Ehepartner durch den Wegfall des Berufs eine stärkere Bedeutung bzw. auch einen anderen Stellenwert erhält, da die berufsbezogene Instrumentalisierung des Ehelebens wegfalle. Die auftauchenden Konflikte seien ein Resultat des stärkeren Aufeinanderverwiesenseins der Ehepartner.

Die Notwendigkeit der Neudefinition der Beziehung steht mit anderen angesprochenen Aspekten in enger Wechselbeziehung: Verbringen die Partner jetzt, wo sie die Zeit haben, diese Zeit auch vermehrt miteinander? Wie gestalten sie diese gemeinsame Zeit? Findet eine Anpassung der Rollen- und/oder Aufgabenverteilung statt? Was bleibt von einer Beziehung, die zum Großteil von Ritualen und Gewohnheiten im Zusammenhang mit dem Erwerbsleben zusammengehalten wurde?

Ökonomische Veränderungen

In sehr vielen Fällen bringt die Pensionierung auch ökonomische Veränderung – zumeist im Sinne einer Verschlechterung – mit sich. Nach Pratscher (1998, zitiert in Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen 2000, S. 172) beträgt in Österreich die Pension für Männer durchschnittlich 81% des letzten Nettoeinkommens, für Frauen 74%.

Es erscheint logisch, dass ökonomische Probleme nicht nur Paare betreffen, sondern dass natürlich auch Personen ohne Partner davon tangiert werden können. In einer bestehenden Partnerschaft wird es sich aber in den allermeisten Fällen um ein Thema handeln, das beide Partner gleichermaßen betrifft.

Tipps für die positive Bewältigung des Überganges

Aus der Literatur sowie aus Interviews mit betroffenen Personen – derzeit wird von der Autorin am Österreichischen Institut für Familienforschung eine qualitative Studie zum Thema “Das Paar am Übergang in den Ruhestand” durchgeführt – lassen sich einige Hinweise ableiten, wie mögliche Probleme, die aus dem Übergang in den Ruhestand für den Einzelnen und/oder das Paar entstehen können, gemeinsam auf konstruktive Weise bewältigt werden können.

Positive, unterstützende Partnerschaft

Eine im Allgemeinen als positiv und unterstützend erlebte Partnerschaft, die auf Zuneigung, Achtung und Wertschätzung basiert, stellt die Grundlage für eine erfolgreiche gemeinsame Bewältigung der aus dem Übergang erwachsenden Veränderungen dar. Verschiedene Untersuchungen (z.B. Schwarzer & Busch 2003) belegen die Bedeutung der Partnerschaftsqualität für die Zufriedenheit in der Pension.

Paare, bei denen nun mit einem Male beide Partner “zu Hause sind”, verbringen zumeist zwangsläufig bei weitem mehr Zeit miteinander als während der Erwerbstätigkeit, was natürlich einerseits von beiden sehr positiv bewertet werden kann (“endlich haben wir mehr Zeit füreinander”), andererseits von dem einen oder anderen Paar jedoch wohl auch als ein Zuviel an Nähe empfunden wird. Latente Paarkonflikte, die vom (Berufs-) Alltag mehr oder weniger zugedeckt worden waren, können nun durchaus an Bedeutung gewinnen. Um es mit den Worten eines pensionierten 60jährigen Mannes zu sagen: “Die Probleme waren schon vorher auch da, nur bin ich jetzt mehr damit konfrontiert.”

Bei individuellen Schwierigkeiten mit der Bewältigung der Pensionierung kann der/die Partner/in auf der einen Seite einen Unterstützungsfaktor darstellen, auf der anderen Seite aber auch bestehende Probleme und Ängste verstärken. Klischeehafter Prototyp einer wenig unterstützenden Partnerin wäre die Hausfrau, die den Mann in der Vorstellung bestärkt, nun “unnütz” zu sein und ihn gleichzeitig als Eindringling in ihr “Revier” betrachtet.

Wenig unterstützendes Verhalten kann sich auch in einem einseitigen Umgang mit den durch die Pensionierung hervorgerufenen Veränderungen äußern, der die Wünsche und Bedürfnisse des/der Partner/in unberücksichtigt lässt. In diesem Sinne wäre beispielsweise der pensionierte Mann wenig unterstützend, der von seiner erwerbstätigen Partnerin selbstverständlich erwartet, dass sie neben ihrer Berufstätigkeit auch den Haushalt (weiterhin) alleine bewältigt, während er seinen zahlreichen Freizeitinteressen nachgeht.

Kommunikation

Wesentliches Merkmal einer positiven, unterstützenden Partnerschaft ist im Allgemeinen eine offene und lösungsorientierte Kommunikation zwischen den Partnern, in der die Standpunkte, Befürchtungen und Hoffnungen des jeweils anderen ernst genommen werden.

Bleiben Erwartungen unausgesprochen, sind Enttäuschungen und Missverständnisse vorprogrammiert. Während ein Partner darauf hofft, endlich gemeinsam ausgedehnte Reisen unternehmen zu können, träumt der andere vielleicht davon, ein Studium zu beginnen. Während der eine Partner aufgrund der freigewordenen Zeitressourcen von einer verstärkten Beteiligung am Haushalt ausgeht, fürchtet der andere vielleicht, dies könne als Einmischung empfunden werden.

Kommunikation in Verbindung mit der grundsätzlichen Bereitschaft, eine Einigung zu erzielen, vermag diesbezügliche Differenzen aufzudecken und abzuklären. Idealerweise sollte dieses “Miteinander reden” bereits vor Antritt der Pension erfolgen (siehe dazu den nachfolgenden Punkt “Vorbereitung”).

Vorbereitung

Hilfreich scheint eine gewisse Vorbereitung auf die Zeit in der Pension zu sein, die nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch auf Paarebene stattfinden sollte. Zahlreiche Probleme, Unstimmigkeiten und Enttäuschungen können bereits im Vorfeld ausgeräumt werden, wenn die Partner rechtzeitig bestimmte Fragen klären wie:

  • Welche Erwartungen hat jeder für sich an die Zeit in der Pension und wie sind diese Erwartungen und Vorstellungen mit jenen des Partners bzw. der Partnerin zu vereinbaren?
  • Welche Vorstellungen bestehen in Bezug auf die individuelle sowie die gemeinsame Zeitgestaltung? Will z.B. ein Partner eher seine individuellen Hobbys ausbauen, während der andere sich primär auf gemeinsame Unternehmungen freut?
  • Welche Vorstellungen oder auch Ängste existieren hinsichtlich der Aufgabenverteilung im Haushalt? Erwartet z.B. die Frau aufgrund der Pensionierung des Mannes verstärkte Mithilfe im Haushalt oder empfindet sie dies eher als Einmischung?

Die Kommunikation und ein offener, ehrlicher Umgang miteinander stellen hierfür die Basis dar.

Gemeinsamkeiten und Freiräume

Vor allem bei Paaren, bei denen nun beide Partner “zu Hause” sind, steigt der Anteil an gemeinsam verbrachter Zeit zumeist stark an, und es kommt zu einem “Stärker aufeinander verwiesen sein” der Partner (Kolland 1988).

Eine Beziehung, die vorwiegend instrumentellen Charakter hat, in der die Partner wenig außerhalb des Alltags verbindet und sie mehr oder weniger nebeneinander her leben, kann durch die Pensionierung auf eine schwerwiegende Belastungsprobe gestellt werden. Gemeinsame Interessen und die Fähigkeit, auch über den bloßen Alltag hinaus etwas miteinander anfangen zu können, stellen hingegen positive Ressourcen für eine erfüllte Zeit in der Pension dar.

In den Interviews wird jedoch von beiden Partnern auch immer die Bedeutung persönlicher Freiräume unterstrichen. “Es braucht schon jeder auch sein eigenes Leben, seine eigenen Interessen, weil wenn du immer nur alles gemeinsam machst, hältst du das auf die Dauer nicht aus und du verlierst auch deine Individualität”, bringt es ein betroffener Pensionist auf den Punkt.

Gewohnheiten/ Rituale/ Kontinuität/ Struktur

Fundamentale Veränderungen im Lebensalltag wie der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand – seien sie auch noch so erwünscht und positiv bewertet – stellen immer ein gewisses Stressmoment dar, da sie eine Anpassung an eine neue, ungewohnte Lebenssituation erfordern.

Gewohnheiten und Rituale, das Festhalten an Altbekanntem, Vertrautem inmitten der Veränderungen, vermögen hier oft Sicherheit zu bieten. Wie bereits weiter oben festgestellt, zeigen Untersuchungen, dass die alltäglichen Gewohnheiten aus der Zeit der Erwerbstätigkeit zumeist noch über längere Zeit (oder sogar dauerhaft) bestehen bleiben, auch wenn aus objektiver Sicht kein Sinn dahinter zu stehen scheint. Zu nennen wären hier etwa das Beibehalten einer Wochenstruktur (Ausschlafen nur am Wochenende, Einkaufen nur an Freitagen etc.) oder die Durchführung bestimmter Hausarbeiten zu bestimmten Tageszeiten.

Hier ist das Paar gefordert, einen gemeinsamen Weg zwischen Kontinuität und Flexibilität zu finden – einerseits das Bedürfnis des/der Partner/in nach Kontinuität als solches wahrzunehmen und zu respektieren und andererseits selbst nicht um jeden Preis an starren Gewohnheiten festhalten zu wollen. Dieses Problem wird häufig bei Paaren mit traditioneller Rollenverteilung berichtet, wenn die Frau ihren “Haushaltsrhythmus” beibehalten möchte und der Mann diesen “Rhythmus” durch seine Anwesenheit durcheinander bringt. Aber das Badezimmer kann auch noch später geputzt werden und nicht gerade dann, wenn der Partner in der Wanne liegt; umgekehrt ist es vielleicht nicht angebracht, immer zu den Zeiten ein Bad zu nehmen, die die Partnerin für das Putzen reserviert hat…

Schlussfolgerungen

Zahlreiche Veränderungen, die der Übergang in den Ruhestand mit sich bringt, tangieren auch das Leben des/der Partner/in in nicht unerheblichem Ausmaß. Dazu gehören beispielsweise die Veränderung der Zeitstruktur, das Obsoletwerden von Rollenschemata, der Wegfall von bestimmten Gewohnheiten und Ritualen oder ökonomische Veränderungen.

Dabei ist auch der Erwerbsstatus des/der Partner/in nicht unerheblich. Die Veränderungen werden zum Teil unterschiedlicher Natur sein und verschiedene Herangehensweisen, um damit produktiv umzugehen, erfordern – je nachdem, ob der/die Partner/in ebenfalls “zu Hause” ist oder noch im Erwerbsleben steht.

Aus der Literatur und aus in Interviews berichteten Erfahrungen kann jedoch auf einige prinzipielle Richtlinien geschlossen werden, die als maßgeblich für eine erfolgreiche gemeinsame Bewältigung des Übergangs und der damit verbundenen Veränderungen angesehen werden können. Es handelt sich dabei um die Faktoren “positive, unterstützende Partnerschaft”, “Kommunikation”, “Vorbereitung”, “Gemeinsamkeit und Freiräume” sowie “Gewohnheiten/ Rituale/ Kontinuität/ Struktur”. Diese Faktoren lassen sich zum Teil nicht wirklich voneinander trennen: Eine positive, unterstützende Partnerschaft ist ohne Kommunikation undenkbar; und mit “Freiräumen” ist häufig nichts anderes gemeint als die Möglichkeit, Kontinuität auf individueller Ebene beibehalten zu können.
 

Literatur

  • Attias-Donfut, C. (1988): Die neuen Freizeitgenerationen. In: L. Rosenmayr & F. Kolland (Hrsg.): Arbeit – Freizeit – Lebenszeit. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 57-73.
  • Bundesanstalt Statistik Austria (Hrsg.) (2001): Mikrozensus Jahresergebnisse 2000. Wien: Verlag Österreich.
  • Dierks, S. (1997): Hausfrauen im Ruhestand!? Identitätsprobleme in biographischen Übergangsphasen. Hamburg: LIT.
  • Dorfman, L.T. (1992): Couples in retirement. Division of household work. In: M. Szinovacz, D.J. Ekerdt & B.H. Vinick (Hrsg.): Families and retirement. Newbury Park, London, New Delhi: Sage, S. 159-173.
  • Kolland, F. (1988): Nach dem Arbeitsleben Konzentration auf die Familie? In: L. Rosenmayr & F. Kolland (Hrsg.): Arbeit – Freizeit – Lebenszeit: Neue Übergänge im Lebenszyklus. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 75-92.
  • Mason, J. (1987): A bed of roses? Women, marriage, and inequality in later life. In: T. Allat, T. Keil, A. Bryman & B. Bytheways (Hrsg.): Women and the life cycle: Transitions and turning points. New York: St. Martin’s Press.
  • Pratscher, K. (1998): Ausgewählte Daten zur Einkommensentwicklung 1997/98. In: Statistische Nachrichten, (10), S. 804-815.
  • Schindler, L. u.a. (2001): Partnerschaftsprobleme. Möglichkeiten zur Bewältigung. Ein Handbuch für Paare. Heidelberg: Springer.
  • Schwarzer, C. & Busch, B. (2003/im Druck): Gemeinsame Stressbewältigung von Paaren auf dem Weg zum Ruhestand. In: P. Buchwald, C. Schwarzer & S.E. Hobfoll (Hrsg.): Stress gemeinsam bewältigen. Göttingen: Hogrefe.
  • Vinick, B.H. & Ekerdt, D.J. (1991): The transition to retirement: Responses of husbands and wives. In: B.B. Hess & E. Markson (Hrsg.): Growing old in America (4th Edition). New Brunswick, NJ: Transaction Books.
  • Vinick, B.H. & Ekerdt, D.J. (1992): Couples view retirement activities. In: M. Szinovacz, D.J. Ekerdt & B.H. Vinick (Hrsg.): Families and retirement. Newbury Park, London, New Delhi: Sage, S. 129-144.

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Autorin

Dr. Sabine Buchebner-Ferstl studierte Psychologie in Wien mit den Schwerpunkten Klinische und Angewandte Psychologie. Mehrjährige Berufserfahrung im Behindertenbereich. DerzeitigerAufgabenbereich: Sozialgerontologie
 

Kontakt

Dr. Sabine Buchebner-Ferstl
Österreichisches Institut für Familienforschung
Grillparzerstr. 7/9
A-1010 Wien

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Erstellt am 1. Dezember 2003, zuletzt geändert am 25. Januar 2010

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