Was verbindet Sexualität, Liebe und Eifersucht in der Partnerschaft?

Dr. Annette Schmitt und Prof. Dr. Ulrich Mees

Was haben Liebe, Sexualität und Eifersucht in Partnerbeziehungen eigentlich miteinander zu tun? Ist Liebe im Grunde nichts anderes als sexuelle Anziehung? Oder ist Sexualität Ausdruck des Wunsches nach Verschmelzung? Ist erfüllte Liebe ohne Sexualität und erfüllte Sexualität ohne Liebe überhaupt denkbar? Ist für manche nicht sogar reiner Sex, ohne die Verpflichtungen einer Liebesbeziehung, der schönste? Und welche Rolle hat die Eifersucht dabei? Ist sie ein Zeichen der Liebe oder im Gegenteil ein “Beziehungskiller” ? Und was ist für Partner eigentlich schlimmer: Wenn der andere eine sexuelle Affäre hat oder wenn er sich in jemand anderen verliebt? Lässt sich Eifersucht vielleicht vermeiden, wenn man Sexualität und Liebe auseinander hält?

Diese Fragen behandeln wir im vorliegenden Artikel. Wir beginnen mit der Beziehung zwischen Liebe und Sexualität.

Liebe und Sexualität

Vergleicht man Liebe und Sexualität, fallen einige Unterschiede auf: Sexualität ist ein in erster Linie biologisches Bedürfnis, das alle Menschen teilen. Ihr Ziel liegt in der körperlichen Befriedigung. Die Partnerliebe ist kein universelles, biologisches Bedürfnis – zu allen Zeiten soll es Menschen gegeben haben, die diese Liebe nicht erlebten. Und während das sexuelle Bedürfnis nach seiner Befriedigung verschwindet – wie der Hunger nach der Sättigung – löst die Trennung von der geliebten Person heftige Sehnsucht nach ihr aus.

Liebe und Sexualität sind also voneinander verschieden, aber sehr eng verbunden. Über die Art dieser Verbindung kann man ganz unterschiedlicher Auffassung sein. Eine extreme Ansicht lässt sich zu der Aussage zuspitzen: “Liebe ist eigentlich Sexualität” , das andere Extrem zu: “Sexualität ist eigentlich Liebe” . Eine dritte Überzeugung zwischen diesen beiden Polen meint: “Sexualität ist ein Teil der Liebe” .

Liebe ist eigentlich Sexualität

Dieser Standpunkt besagt, dass allen Liebesbeziehungen der Sexualtrieb zugrunde liegt – die Liebe ist so gesehen ein bloßes Nebenprodukt der Sexualität.

Ein bekannter Vertreter dieser Vorstellung ist Sigmund Freud. Freud verwechselte keineswegs Liebe mit Sexualität, aber er sah sinnlich-sexuelle Strebungen als Ursprung zärtlicher Strebungen an. Liebe betrachtete er als Ausdruck der ganzen Sexualstrebung, bei der sich alle sexuellen Wünsche auf eine Person richten. Eher pessimistisch glaubte er allerdings nicht daran, dass sich alle sexuellen Strebungen in dauerhaften menschlichen Beziehungen befriedigen lassen: Der Mensch muss also entweder auf die Stabilität seiner Beziehung oder auf den vollen Genuss verzichten.

Sexualität ist eigentlich Liebe

In dieser Sichtweise am anderen Extrem ist Sexualität nur ein Ausdruck des Sehnens nach Liebe und Einheit mit einem anderen Menschen – sexuelle Lust ist also ein “Kind der Liebe” , nicht umgekehrt.

Diese idealistische Vorstellung von Sexualität und Liebe vertrat z.B. der Motivationspsychologe Abraham Maslow. Er trennte zwischen einer Mangel-Liebe und einer selbstverwirklichenden Liebe. Diese Unterteilung beruht auf seiner Unterscheidung von Mangel- und Wachstumsmotivation: Wachstumsmotivierte werden nicht mehr von den Mangelbedürfnissen nach Sicherheit, Zugehörigkeit, Liebe, Status und Selbstachtung motiviert, weil sie diese Bedürfnisse bereits befriedigt haben. Sie haben keine Mangelerscheinungen und streben nach Selbstverwirklichung. Somit sind sie auch frei für die selbstverwirklichende Liebe: Sie werden – anders als Mangelmotivierte – nicht zum anderen getrieben, sondern zu ihm hingezogen.

Auch Maslow unterschied sehr wohl zwischen Sexualität und Liebe. Er meinte aber, dass bei selbstverwirklichenden Menschen sich beide verbinden und verschmelzen können. Dementsprechend würden selbstverwirklichende Menschen Sex eher zurückweisen, wenn er sich ohne Liebe und Zuneigung anbietet.

Sexualität ist ein Teil der Liebe

Diese Auffassung liegt zwischen den beiden bis jetzt beschriebenen; sie sieht Sexualität als einen mehr oder weniger wichtigen Aspekt der Liebe an. Ein Beispiel für diese Ansicht ist die Unterscheidung von “Farben der Liebe” , wie sie in dem Artikel “Liebe aus sozialpsychologischer Sicht” dargestellt wird.

Ein weiteres Beispiel ist das Modell von Ulrich Mees: Er fasst die Partnerliebe als Neigung eines Menschen auf, gegenüber der geliebten Person ein bestimmtes Muster an Gefühlen, Gedanken und Handlungen zu erleben bzw. zu zeigen. Diese Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen ändern sich mit der Stärke der Liebe – man kann also aus ihnen schließen, wie stark die Liebe ist.

Die drei stärksten Gefühle (von insgesamt 30 untersuchten Gefühlen und Handlungen) bei der “bisher größten Liebe” sind:

  1. starke Zuneigung zur geliebten Person,
  2. Trauer beim Ende dieser Liebe und
  3. Glück bei Erwiderung der Liebe.

Das sexuelle Begehren spielt bei der “größten Liebe” eine geringere Rolle – es wurde von allen 30 Gedanken, Gefühlen und Handlungen als am geringsten zutreffend beurteilt. Allerdings ist auch sexuelles Begehren ein wichtiger Gradmesser der Partnerliebe, denn es wurde bei der “größten Liebe” als zutreffender eingestuft als bei einer “bloßen Liebesaffäre, die man selbst beendet hat” . Auch hielten 70% der Befragten körperliches Begehren bei der Verliebtheit und 65% bei der Partnerliebe für “unverzichtbar” .

Das sexuelle Begehren ist also ein Teil der Liebe unter vielen, aber es ist nicht vorherrschend: Nicht die sexuelle Anziehung führt zur Verliebtheit, sondern in der Verliebtheit erkennt der eine beim anderen eine Fülle liebenswerter Merkmale und Eigenschaften, darunter eine (mehr oder weniger große) erotische Anziehungskraft.

Welche Verbindungen zwischen Liebe und Sexualität sehen Paare?

Welche der drei beschriebenen Ansichten – “Liebe ist eigentlich Sexualität” , “Sexualität ist eigentlich Liebe” und “Sexualität ist ein Teil der Liebe” – jemand vertritt, hat natürlich auch Einfluss darauf, unter welchen Umständen er eine sexuelle Beziehung wünscht und genießt. Auch kann es zu Problemen führen, wenn die Vorstellungen eines Paares nicht übereinstimmen (vgl. Artikel “Sexualität in der Ehe”).

Sexuelles Begehren auch ohne Liebe, das ist aus Befragungen bekannt, haben die meisten Menschen schon einmal erlebt. Männer passiert dies etwas häufiger; der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist aber nicht sehr groß. Das entgegengesetzte Erlebnis – Verliebtsein ohne sexuelles Begehren – ist weitaus seltener, sowohl für Männer als auch für Frauen.

Wenn also sexuelles Begehren ohne Liebe möglich ist, wann ist dann Sex am schönsten? Die Ansicht, dass Sex ist am schönsten sei, wenn keine Liebe dabei ist, vertritt nur eine kleine Minderheit von Männern und Frauen. Die weitaus meisten sind der entgegengesetzten Meinung: Sex sei am schönsten mit einer Person, in die man verliebt ist oder die man liebt.

Sex und Liebe können also voneinander getrennt werden; beides zusammen wird aber eindeutig bevorzugt.

Eifersucht, Liebe und Sexualität

Das belastende Gefühl der Eifersucht bleibt den wenigsten Paaren völlig erspart: Nach Befragungen waren ungefähr 90% der Befragten schon einmal eifersüchtig – häufig nicht ohne Grund, denn Schätzungen für eheliche Untreue reichen bis zu 75% an Paaren, bei denen ein Partner schon einmal untreu war.

Die Beziehung von Eifersucht zu Liebe und Sexualität ist in verschiedenen Punkten interessant. Erstens kann man grundsätzlich unterschiedlicher Auffassung sein, wie sich Eifersucht zu Liebe verhält:

  • Eifersucht ist ein Zeichen des Misstrauens und belastet die Liebesbeziehung.
  • Eifersucht ist ein Zeichen der Liebe und schützt die Partnerschaft gegen “Eindringlinge” von außen.

Zweitens kommen die Überzeugungen über die Beziehung zwischen Liebe und Sexualität wieder ins Spiel: Es ist für die Stärke der Eifersucht mit entscheidend, ob man die rivalisierende Beziehung des Partners eher als sexuelle oder als Liebesbeziehung ansieht oder diese beiden Aspekte gar nicht voneinander trennt. An dieser Trennung von sexueller und emotionaler Untreue setzen auch einige Möglichkeiten an, Eifersucht zu vermindern.

Eifersucht und Liebe

Eine kritische Sicht der Eifersucht meint, sie sei im Grunde ein Zeichen von Misstrauen und Missgunst und mit Liebe unvereinbar. Eine der eindrucksvollsten Illustrationen dieser Auffassung ist Shakespeares Bild von der Eifersucht als “grünäugiges Ungeheuer” , das die Liebe, von der es lebt, verhöhnt. Dem gegenüber steht die positivere Auffassung, dass Eifersucht dem anderen zeigt, wie wichtig er ist, und die Beziehung gegen Rivalen schützt. So gesehen stärkt und stabilisiert Eifersucht die Paarbeziehung sogar.

In jeder dieser gegensätzlichen Ansichten steckt Wahrheit – je nachdem, welche Art der Eifersucht man im Blick hat: “misstrauische Eifersucht” oder Eifersucht, wenn es klare Anzeichen für die Untreue des Partners gibt:

Eifersucht, wenn der Partner untreu ist oder werden könnte, ist im Grunde Ausdruck des Wunsches, die Liebesbeziehung zu erhalten, und der Angst, sie an einen Rivalen zu verlieren. So gesehen ist Eifersucht natürlich auch ein Zeichen der Liebe für den Partner.
Aber: Es gibt auch eine misstrauische Eifersucht, bei der ein Partner bereits harmlose Vorfälle als “Beweis” für die Untreue des anderen ansieht oder auch immer wieder nach solchen “Beweisen” sucht. Diese Art der Eifersucht ohne konkreten Anlass spricht eher für ein geringes Vertrauen zum Partner. Sie kann für den Partner, der sich zu Unrecht verdächtigt und kontrolliert fühlt, sehr belastend sein.

In der Umgangssprache ist meistens diese zweite Art der Eifersucht gemeint, wenn man jemanden als eifersüchtig beschreibt. Aus diesem Grund hat Eifersucht oft einen negativen Beiklang von Misstrauen und Kleinlichkeit.

Warum genau ist es aber so bedrückend, wenn der Partner untreu wird oder werden könnte?

Selbstverständlich ist ein Grund, dass der Betrogene fürchtet, den Partner völlig an den Rivalen zu verlieren. Aber auch Seitensprünge, bei denen der untreue Partner keineswegs an Trennung denkt, sind für die meisten ein schlimmes Erlebnis. Hier steht nicht die Angst, den Partner zu verlieren, im Vordergrund. Das Schlimme daran ist, dass mit der Untreue etwas verloren geht, was für Partner ihre Liebe grundsätzlich ausmacht: die Einzigartigkeit und Ausschließlichkeit der Liebe. Die Untreue des Partners trifft also den Charakter der Liebesbeziehung im Kern: Liebe, die man teilen soll, ist nicht mehr dieselbe wie die bisherige ungeteilte, ausschließliche Liebe des Partners.

Eifersucht und Treuenormen

Welches konkrete Verhalten des Partners in den Augen des Eifersüchtigen bereits die Ausschließlichkeit der Liebe verletzt, kann sehr unterschiedlich sein – auch innerhalb eines Paares. Einig sind sich zwar die meisten, dass zur Liebe sexuelle Treue gehört und sie sexuelle Untreue nicht tolerieren würden – wo aber fängt sexuelle Untreue genau an? Ist es nicht auch möglich, dem anderen sexuelle Freiheit zu erlauben, wenn diese die eigene Liebesbeziehung nicht berührt? Und kann nicht auch emotionale Intimität mit dritten zu weit gehen? Ist es beispielsweise akzeptabel, wenn

  • die Partnerin sich auf einer Party mit einem anderen Mann offensichtlich bestens amüsiert?
  • der Partner eine beste Freundin hat, der er auch Dinge anvertraut, die er seiner Partnerin nicht sagen würde?
  • “Sie “abends ohne” Ihn “mit Freundinnen loszieht? Oder mit einer gemischten Gruppe?
  • der Partner eine andere Frau innig küsst?

Diese Fragen können Paare verschieden beantworten; es gibt dazu keine allgemein gültigen Normen. Wichtig ist jedoch, dass die Partner gegenseitig ihre Toleranzgrenzen, aber auch Wünsche nach Unabhängigkeit kennen und zu einer für beide akzeptablen Einigung kommen.

Häufig bleiben solche Vorstellungen unausgesprochen. Wenn ein Paar Schwierigkeiten mit Eifersucht hat, kann es aber helfen, ganz konkrete Treuenormen zu vereinbaren. Diese schützen die Stabilität der Beziehung und geben den Partnern eine größere Sicherheit.

Eifersucht auf sexuelle und auf emotionale Untreue des Partners

Wenn Eifersucht mit dem Verlust der Ausschließlichkeit und Einzigartigkeit der Liebesbeziehung zu tun hat, was ist dann eigentlich schlimmer: die Verletzung der sexuellen oder der gefühlsmäßigen Ausschließlichkeit? Welche dieser beiden Situationen ist zum Beispiel schlimmer:

  • Der Partner verbringt mit einer dritten Person eine leidenschaftliche Nacht, ohne dass sich daraus eine enge Beziehung entwickelt.
  • Der Partner entwickelt mit einer dritten Person des anderen Geschlechts eine enge emotionale Beziehung, ohne dass es zu einer sexuellen Affäre kommt.

In entsprechenden Untersuchungen urteilt die Mehrheit der Befragten, die enge emotionale Beziehung sei schlimmer. Frauen sind in deutlicher Mehrheit dieser Meinung. Bei Männern hält sich der Anteil derer, die emotionale, und derer, die sexuelle Untreue schlimmer finden, in etwa die Waage.

Die Forschungsergebnisse der amerikanischen Psychologen David DeSteno und Peter Salovey führen zurück zu den Beziehungen zwischen Liebe, Sexualität und Eifersucht. Sie zeigen, dass es für die Stärke der Eifersucht entscheidend ist, welche Beziehungen zwischen Sexualität und Liebe eine Person selbst annimmt:

  • Sexuelle Untreue war für die Personen besonders schlimm, die meinten, wer sexuell untreu sei, sei mit einiger Wahrscheinlichkeit auch emotional untreu.
  • Emotionale Untreue fanden diejenigen besonders schlimm, die glaubten, emotionale Untreue bedeute meistens früher oder später auch sexuelle Untreue.

Je nach Überzeugung fühlen sich Personen demnach” doppelt betrogen “, wenn der Partner emotional bzw. sexuell untreu ist. Wer also” Sex ohne Liebe “für unwahrscheinlich hält, reagiert empfindlicher auf eine sexuelle Eskapade des Partners; wer” Liebe ohne Sex “für selten hält, findet eine emotionale Bindung des Partners bedrohlicher.

Wie können Paare mit Eifersucht umgehen?

Wenn man sich verdeutlicht, dass hinter Eifersucht im Grunde die Angst vor dem Verlust der Liebe des Partners steht, dann kann man Eifersucht durchaus als” normalen “Teil von Liebesbeziehungen akzeptieren. Denn für die meisten Menschen ist ihre Liebesbeziehung einer der wichtigsten Lebensbereiche, den sie auf keinen Fall verlieren wollen. Trotzdem kann Eifersucht zu einem Problem werden, mit dem beide Partner umgehen müssen. Besonders schwierig ist es, wenn ein Partner immer wieder und heftig bei nichtigen Anlässen eifersüchtig reagiert (” krankhafte “Eifersucht). Aber auch Eifersucht bei nachvollziehbaren Anlässen kann zu einer Belastung werden, auf die das Paar reagieren muss.

Umgang mit krankhafter Eifersucht

Von” krankhafter “Eifersucht spricht man, wenn eine Person häufig in einer Weise eifersüchtig reagiert, bei der andere den Anlass und die Heftigkeit der Reaktion nicht nachvollziehen können. Eine ernst zu nehmende Gefahr ist es, wenn die betroffene Person Gewalt gegen den Partner oder Rivalen anwendet oder androht. Diese Eifersucht ist weniger ein Paarproblem als eines der Persönlichkeit des Eifersüchtigen. Es ist sehr zu empfehlen, in diesen Fällen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Geeignete Anlaufstellen sind z.B. Psychologische Psychotherapeuten und Fachärzte der Psychiatrie und Psychotherapie.

Umgang mit” normaler “Eifersucht

Auch wenn die Eifersucht das” normale Maß “, das durchaus noch nachvollziehbar ist, nicht überschreitet, kann es gute Gründe geben, nach Lösungen und besseren Umgangsweisen zu suchen. Zum Beispiel, wenn

  • ein Partner untreu war und das Paar die Beziehung retten will.
  • ein Partner mehr Freiheiten wünscht als der andere toleriert.
  • das Paar eine sexuelle offene Beziehung führt und seine Eifersucht reduzieren möchte.

In diesen Fällen ist Eifersucht (bzw. die Untreue) ein Paarkonflikt, in dem beide ihre Erwartungen und Bedürfnisse aufeinander abstimmen müssen. In vielen Fällen ist dies sicherlich ohne professionelle Hilfe möglich; eine Anlaufstelle können ansonsten Ehe- und Familienberatungsstellen sein.

Ein wichtiger Punkt, an dem eine Lösung dieses Konflikts ansetzen kann, ist die bereits angesprochene Vereinbarung von Treuenormen. Paare, die sich größere sexuelle Freiheit erlauben wollen, orientieren sich z.B. häufig an einer Treuenorm, die Sexualität und Liebe voneinander trennt. Die Partner gestehen sich zwar zu, auch mit anderen sexuell intim zu sein – nicht aber, sich in andere zu verlieben. Sie verzichten also auf sexuelle Ausschließlichkeit, stärken aber ihre Liebesbeziehung durch emotionale Ausschließlichkeit. Eine sexuelle Beziehung des Partners ist dann weniger bedrohlich, da sie ja nicht mit mangelnder Liebe gleichgesetzt wird.

Auch in weniger radikaler Form als beim völligen Verzicht auf sexuelle Treue können” gemäßigte “Treuenormen helfen, mit Eifersucht umzugehen – zumal die Idee absoluter Ausschließlichkeit illusorisch ist: Die Vorstellung, man sei die einzige liebenswerte oder sexuell anziehende Person für den Partner, ist nicht umzusetzen. Häufig sind aber solche absoluten Treuenormen Anlass zu Eifersucht und Paarkonflikten. Mildere Treuenormen, die diese unrealistischen Vorstellungen ersetzen können, könnten z.B. sein:

  • “Der Partner findet zwar auch andere sexuell attraktiv, aber nur mit mir ist er auch tatsächlich sexuell intim” oder
  • “Der Partner findet zwar auch andere liebenswert, aber nur mit mir lebt er tatsächlich in einer Liebesbeziehung “.

Eine weitere wichtige Aufgabe bei dem Umgang mit Eifersucht bzw. mit der Untreue des Partners ist die Stärkung der Paarbindung: Zum einen schwächt eine sexuelle Affäre meist die Paarbindung (siehe Artikel “Sexualität in der Ehe”), zum anderen ist Eifersucht häufig ein Zeichen einer schwachen Bindung. Eine Möglichkeit, die Bindung des Paares (wieder) zu stärken, ist die Betonung seiner Gemeinsamkeiten, die in der gemeinsamen Vergangenheit, in Zukunftsplänen oder auch Interessen liegen können. Eine weitere Möglichkeit ist es, wenn das Paar sich die gegenseitige Bindung versichert – sei es durch Worte oder Gesten und Symbole.

Sowohl für den Umgang mit Eifersucht als auch für die Beziehungen zwischen Liebe, Sexualität und Eifersucht aber gilt insgesamt, dass es keine für alle Zeiten und alle Paare” richtigen “Antworten und Lösungen gibt. Welche Rolle Sexualität in der Liebe spielt, unter welchen Umständen und wie stark die Partner Eifersucht erleben und was dies für die Liebe bedeutet, ist nicht ein für allemal festgelegt. Diese Fragen müssen in jeder Liebesbeziehung zwischen den Partnern abgestimmt werden; die Antworten sind auch in einer Partnerschaft nicht für alle Ewigkeit festgelegt. Partner werden sich vielmehr im Laufe der gemeinsamen Beziehungsgeschichte immer wieder mit diesen Fragen beschäftigen und möglicherweise zu verschiedenen Zeiten zu unterschiedlichen Antworten kommen.

Literatur

  • Mees, U. (1997). Liebe und Verliebtsein. Einblicke – Forschungsmagazin der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 25, S. 12-15 (im Internet unter http://www.uni-oldenburg.de/presse/einblicke/25/mees.htm).
  • Mees, U. & Schmitt, A. (2000). Liebe, Sexualität und Eifersucht. In P. Kaiser (Hrsg.). Partnerschaft und Paartherapie. S. 53-74. Göttingen: Hogrefe.
  • Schmitt, A. (2000). Eifersucht. Bergisch Gladbach: BLT. Reihe Mensch & Wissen.
  • Schmitt, A. (1997). Eifersucht – ein Kind der Liebe. Einblicke – Forschungsmagazin der Universität Oldenburg, 25, S. 15-17 (im Internet unter http://www.uni-oldenburg.de/presse/einblicke/25/schmitt.htm).

Kontakt

Dr. Annette Schmitt
Institut für Psychologie
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Prof. Dr. Ulrich Mees
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Erstellt am 2. September 2004, zuletzt geändert am 2. September 2004