Mit Säuglingen und Kleinkindern in die Tropen

Dr. Catharina Schütz und Dr. Katharina Bauer

Muß es ein Hochrisikogebiet für Malaria sein?

Die beste Vorbeugung von Tropenkrankheiten ist zweifelsohne, nicht in die Tropen zu verreisen. Muß der Urlaub in ein Malariagebiet gehen? Können die Kinder vielleicht während der Safari bei den Großeltern untergebracht werden? Profitiert Ihr Kind von der Reise oder profitieren nur Sie?

Tropenreisen sind in der Regel erst für Kinder ab sechs Jahre geeignet, denn Schulkinder verkraften die klimatischen Veränderungen besser und können mit eigenem Interesse am Reiseprogramm teilnehmen. Anders verhält es sich freilich bei beruflicher Auslandstätigkeit. Hier gilt es, gemeinsam mit dem Kinderarzt und einem tropenmedizinisch Erfahrenen bestmögliche Schutzstrategien für das Kind zu entwerfen.
 

Klima und Infektion

Kleinkinder vertragen hohe Temperaturen schlechter, trocknen rascher aus und sind empfänglicher für Infektionserkrankungen als Erwachsene.

Hohe Außentemperaturen bringen die Temperaturregulation und den Wasserhaushalt schnell aus dem Gleichgewicht. So strahlen Kinder Wärme schlechter ab, da sie beispielsweise weniger schwitzen als Erwachsene. Erhöhte Luftfeuchtigkeit, wie z.B. in Regenwäldern, erschwert zusätzlich die Wärmeabgabe durch Verdunstung.

Der kindliche Körper besteht zu 75% aus Flüssigkeit, sein Wasserumsatz beträgt 10% des Körpergewichtes (beim Erwachsenen nur 3%), so daß Kinder deutlich mehr Flüssigkeit benötigen. Dies gilt umso mehr, wenn sich während des Auslandsaufenthaltes Fieber oder die nicht so seltenen Durchfälle hinzugesellen. Da kranke Kinder auch häufig nicht mehr gerne trinken, kann dann schnell eine Infusionsbehandlung notwendig werden.

Die kindliche Naivität kombiniert mit unbändiger Neugier führt auch häufiger zu Unfällen mit giftigen oder gefährlichen Pflanzen und Tieren, das beliebte “In-den-Mund-nehmen” zu erhöhter Infektionsgefahr. Zudem ist das Abwehrsystem der Kinder noch nicht ausgereift, was Infektionskrankheiten begünstigt und die Wirkung von Impfungen reduziert.

Die Anpassung an ein neues Klima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, höhere Infektionsgefahr) dauert Monate bis Jahre. Ein außerhalb der Tropen aufgewachsenes Kind kann daher nicht mit einheimischen Kindern verglichen werden.

Allgemeine Schutzmaßnahmen

  • Beugen Sie Sonnenbränden vor. Besonders mittags (zwischen 11.30 und 15.00 Uhr) sollten die Kinder sich im Schatten aufhalten. Achten Sie auf Sonnenschutz durch entsprechende Kleidung und Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor (20-30). Sorgen Sie dafür, daß Ihr Kind regelmäßig trinkt (250 ml/Stunde).
  • Schützen Sie Ihr Kind vor Moskitos: tagsüber durch langärmlige (-beinige) Kleidung und mückenabweisende Mittel (Zedernöl für Kleinkinder, Repellents mit DEET oder Bayrepel für größere Kinder), nachts zusätzlich durch ein Moskitonetz (Maschengröße 1,2 x 1,2 mm). Lindern Sie den Juckreiz nach Mückenstichen mit antiallergischem Gel und verhindern Sie dadurch, dass die Haut sich durch Einbringen von Bakterien beim Kratzen infiziert.
  • Lassen Sie Ihr Kind nicht barfuß laufen. Festes Schuhwerk schützt vor Verletzungen, Würmern, Schlangen- und Skorpionbissen.
  • Meiden Sie Flüsse und Seen. Diese sind ein idealer Brutort für verschiedenste Stechmücken und die Tsetse-Fliege. Außerdem kann man sich beim Bad leicht mit dem Pärchenegel infizieren, der sich in kürzester Zeit durch die Haut bohrt und Erreger der Bilharziose (Schistosomiasis) ist. Baden Sie möglichst nur in gechlorten Schwimmbecken und im Meer.
  • Trinken Sie nur abgepacktes oder gekochtes Wasser, wobei auf den Verschluß geachtet werden sollte. Auf Eiswürfel, Speiseeis und nichtkommerzielle Kaltgetränke sollten Sie verzichten.
  • Vermeiden Sie Früchte und Gemüsesorten, die nicht geschält bzw. gekocht werden können ( “cook it, peel it or leave it” ), auch aufgeschnittenes Obst. Verzichten Sie auf unpasteurisierte Milchprodukte.

Impfungen

Für Impfungen müssen bestimmte Abstände eingehalten werden. Beginnen Sie deshalb Ihre Reiseplanung rechtzeitig am besten ein halbes Jahr vor Abreise. Nehmen Sie die Impfausweise, am besten internationale Impfpässe, mit in den Urlaub. Ein altersentsprechender Impfschutz (Impfungen nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission) Ihrer Kinder ist auch bei Fernreisen unabdinglich. Sollten bei Ihrem Kind Impflücken – aufgrund Erkrankung zum geplanten Impftermin oder bewußten Weglassens empfohlener Impfungen – aufgetreten sein, müssen diese vor Beginn der Fernreise geschlossen werden. Ausstehende Routineimpfungen können gleichzeitig mit den zusätzlich erforderlichen Impfungen des Reiselandes gegeben werden.

Unerläßlich ist der Schutz gegen Tetanus, Diphtherie, Masern, Hepatitis B und in vielen Gebieten gegen Polio. Die Hepatitis A verläuft bei Kindern in der Regel milder als bei Erwachsenen. Die Impfung dient vor allem der Vermeidung von Umgebungsinfektionen nach der Rückkehr. Es gibt einen Kombinationsimpfstoff gegen Hepatitis A und B; für den vollen Schutz muß dreimalig geimpft werden (vier Wochen Abstand zwischen den ersten Impfungen und ein halbes Jahr bis zur dritten Impfung).

Die Impfungen gegen Cholera und Typhus spielen eine untergeordnete Rolle, da beide Krankheiten durch strenge Hygiene vermieden werden können. Der erreichbare Impfschutz gegen die fäkal-oral übertragbaren Erkrankungen ist bei Kindern geringer als bei Erwachsenen, die Typhuslebendimpfung bei kleinen Kinder kontraindiziert (verboten).

Ein anderes Problem stellt noch die grenzenlose Tierliebe der Kinder da, die speziell in Gegenden mit streunenden Hunden oder dressierten Affen (z.B. in Thailand) ein Risiko für die ohne Therapie tödlich verlaufende Tollwuterkrankung ist. Hier sollte abhängig von Reiseart und bei längerer Reisedauer eine Tollwutimpfung in Erwägung gezogen werden.

Zu den sogenannten Pflichtimpfungen gehört die Impfung gegen Gelbfieber bei Reisen ins tropische Afrika und Südamerika. Sie wird nur von speziellen Impfstellen durchgeführt. Kann bei der Einreise die Impfung nicht nachgewiesen werden, müssen Sie schlimmstenfalls mit einer Zwangsnachimpfung oder Zurückweisung rechnen.

Die aktuellen Impfempfehlungen nach Reiseland entnehmen Sie bitte den unten aufgeführten Websites.

Malaria

Die Malaria hat trotz heroischer Bekämpfungskampagnen der letzten Jahrzehnte nichts an ihrer Gefährlichkeit und kaum an ihrer weiten Verbreitung eingebüßt. Sie fordert weiterhin schätzungsweise zwei Millionen Menschenleben pro Jahr.

Die Übertragung erfolgt durch den Stich der Anophelesmücke. Diese tummelt sich in der Dämmerung besonders in der Nähe von ruhigen stehenden Gewässern und ist nachtaktiv. Somit ist der beste Schutz gegen die Malaria ein konsequenter Mückenschutz von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang. Dieses gelingt am besten durch lange (auch die Knöchel) bedeckende Kleidung, die bei älteren Kindern auch mit Pyrethrum imprägniert werden kann (erhältlich in jeder Apotheke), und die Benutzung eines Moskitonetzes für die Nacht. Bessere Hotels haben meist gewartete Gaze vor dem Fenster oder eine Klimaanlage, die auch gute Dienste leistet.

Antimalariamittel können den mechanischen Schutz vor Mückenstichen nicht ersetzen. Sie vermeiden nicht die Infektion, schützen aber während der Einnahme vor der Erkrankung, allerdings nicht hundertprozentig. Da es sich speziell bei der Malaria tropica um eine potentiell tödliche Erkrankung handelt, sollte in Hochrisikogebieten unbedingt eine Malariaprophylaxe mit entsprechenden Medikamenten durchgeführt werden. Dabei müssen die vorbeugenden Malariamittel bereits vor Anreise und nach Abreise für einige Zeit weiter eingenommen werden. In Gegenden mit niedrigerem Risiko kann auf eine solche Prophylaxe verzichtet werden, es sollte aber ein Notfallmedikament mitgeführt werden.

Es ist wichtig zu betonen, daß in Malariagebieten jedes Fieber bis zum Beweis des Gegenteils als Malariaerkrankung zu werten ist. Bei Kindern kann die Malaria allerdings auch sehr untypisch nur mit Durchfall ohne Temperaturerhöhung beginnen. Sie verläuft auch häufig schwerer als bei Erwachsenen. Die Zeit zwischen Einreise und einer möglichen Erkrankung beträgt mindestens drei Tage.

Es empfiehlt sich nicht, die Malaria allein mit dem in Apotheken erhältlichen Malaria-Schnelltest zu diagnostizieren. Bei Verdacht auf Malaria sollte immer unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Dieses gilt auch bis zu einem Jahr nach Rückkehr.

Eine Impfung gegen Malaria gibt es bisher nicht. Da sich die Empfehlungen sowohl für Vorbeugung als auch Behandlung der Malaria selbst innerhalb eines Landes unterscheiden und an die aktuelle Resistenzlage stetig angepasst werden müssen, sei auf untenstehende Websites verwiesen. Zur individuellen Reiseberatung sollten Sie zusätzlich Ihren Hausarzt, Tropeninstitute oder Gesundheitsämter aufsuchen.

Erkrankung unterwegs

Neben schweren Erkrankungen wie Malaria oder Hirnhautentzündung sind banale Infekte auch in Urlaubsländern die häufigeren. Dort gilt wie zu Hause, die Krankheitszeichen zu beobachten und zu erfassen.

Fiebersenkung sollte durch Paracetamol am besten in Kombination mit kalten Wickeln erfolgen. Bei Fieber und bei Durchfällen ist ausreichend Flüssigkeit zu ersetzen. Bei Durchfällen und/oder Erbrechen ist zusätzlich auf Elektrolytzufuhr zu achten (z.B. Oralpädon, Oral Rehydration Salts der Weltgesundheitsorganisation oder Eigenmischung: in 1 Liter abgekochtes Wasser bzw. Tee einen halben Teelöffel Kochsalz und 8 gestrichene Teelöffel Zucker geben. Das Gemisch sollte weniger salzig als Tränen schmecken). Wenn das Kind selten erbricht, können Sie der Elektrolytlösung pürierte Banane hinzufügen. Geben Sie dem Kind davon kleine Schlücke. Eine Portion Durchfall sollte etwa mit einem Glas Flüssigkeit ersetzt werden.

Wenn das Kind unstillbar erbricht, das Trinken verweigert oder apathisch wird, sollten Sie unbedingt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das sollten Sie selbst bei unmittelbar geplanter Rückreise noch im Urlaubsland tun.

Empfehlenswert ist, auf jeden Fall eine Versicherung mit einer Rettungsflugwacht abzuschließen, welche einen schnellen Rücktransport nach Deutschland ungeachtet des offiziellen Flugverkehrs gewährleistet.

Kinder mit Vorerkrankungen

Leidet Ihr Kind an einer chronischen Erkrankung, z.B. Diabetes, Herzerkrankung, Epilepsie, immunologischer Erkrankung, oder ist Ihr Kind HIV positiv, sollten Sie sich über adäquate Malariaprophylaxe und -behandlung sowie das Monitoring der Grunderkrankung während des Auslandsaufenthaltes gesondert informieren.

Hilfreiche Literatur

  • Frühwein, N., Kilian-Kornell, G., Schmitt, H-J.: Mit Kindern auf Reisen. Ein Urlaubsratgeber für Familien. Ostfildern: Verlagsgruppe J. Fink 1998
  • Huss, G.: Mit Kindern in die Tropen. Ein kinderärztlicher Ratgeber für Eltern. Marburg: Verlag im Kilian 1994

Information zu Ärzten im Reiseland

Touristik-Informations-Programme
Vogelweidestr. 5
81677 München
Tel.: 089/41661333
 

Hilfreiche Websites

Website des Centrum für Reisemedizin (Hansaallee 321, 40549 Düsseldorf)

Website des Robert-Koch-Instituts in Berlin

Website der Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta, USA

Website der Weltgesundheitsorganisation in Genf

Website des Tropeninstituts München
 

Deutsche Tropeninstitute, Beratungsstellen

  • Berlin: Institut für Tropenmedizin, Spandauer Damm 130, Tel.: 030/301166
  • Dresden: Städtisches Klinikum, Institut für Tropen- und Reisemedizin, Friedrichstr. 41, Tel. 0351 / 480-38 05
  • Hamburg: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, Tel.: 040/428180
  • Heidelberg: Abteilung für Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen der Universität Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 324, Tel.: 06221/562905
  • Leipzig: Städtisches Klinikum St. Georg, Delitzscher Str. 141, Tel.: 0341/90900, bzw. Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin (Universitätsklinikum), Härtelstr. 16-18, Tel.: 0341/9724971
  • München: Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, Tel.: 089/21803517
  • Tübingen: Institut für Tropenmedizin, Keplerstr. 15, Tel.: 07071/2982365
  • Würzburg: Tropenmedizinische Abteilung der Missionsärztlichen Klinik, Salvatorstr. 7, Tel.: 0931/7912821

Autorinnen

Dr. Catharina Schütz, DTM&H
Universitätskinderklinik Ulm
Prittwitzstraße 43
89075 Ulm

Dr. Katharina Bauer, DTM&H
Städt. Klinikum St Georg
II. Klinik für Innere Medizin
Delitzscher Str. 141
04129 Leipzig

Erstellt am 18. April 2002, zuletzt geändert am 18. April 2002