Plötzlicher Säuglingstod – das Risiko mindern
Hildegard Jorch
Der Plötzliche Säuglingstod, auch Plötzlicher Kindstod, Krippentod oder Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) genannt, ist der plötzliche und unerwartete Tod eines anscheinend gesunden Babys. Dieser Tod gehört zu den häufigsten Todesarten im Säuglingsalter und kommt doppelt so häufig in der gesamten Kinderzeit vor wie der Tod im Straßenverkehr. Er tritt ohne erkennbare Ursachen während des Schlafes ein, betrifft vor allem Babys im ersten Lebensjahr und kommt in allen sozialen Schichten vor. Die meisten Babys sterben bereits im ersten Lebenshalbjahr.
Trotz weltweiter Forschung sind die Ursachen des Plötzlichen Säuglingstodes bisher nicht geklärt. Auch gibt es keine Möglichkeiten, den Plötzlichen Säuglingstod vorherzusehen. Mit Präventionskampagnen wird seit einigen Jahren versucht, dem Kindstod entgegenzuwirken; tatsächlich sind die Todesfälle um mehr als die Hälfte gesunken.
Das Risiko mindern
Durch intensive Forschung konnten Risikofaktoren identifiziert werden (z.B. Untergewichtigkeit bei der Geburt, häufige extreme Blässe oder Blaufärbung des Gesichtes, ungewöhnlich lange Atempausen, Hochsteigen von Magensäure bis zum Kehlkopf, starke Anämien u.a.). Ein Teil dieser Risikofaktoren kann durch die Eltern und die Umgebung des Babys beeinflusst werden und z.T. gänzlich vermieden werden.
Beachten Sie die folgenden Empfehlungen und senken Sie so auf ganz einfache Weise das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod:
- rauchfreie Umgebung für das Baby,
- ausschließlich Rückenlage zum Schlafen,
- Schlafsack statt Bettdecke,
- Stillen möglichst ein halbes Jahr ohne weitere Zusatznahrung, denn Muttermilch ist die beste Nahrung für Ihr Baby im ersten Lebenshalbjahr.
Achten Sie auf eine rauchfreie Umgebung für Ihr Kind, auch schon während der Schwangerschaft
Das Rauchen erhöht folgende Risiken für Ihr Baby:
- zu früh geboren zu werden,
- vor der Geburt zu wenig an Gewicht zuzunehmen,
- nach der Geburt an Atemwegserkrankungen zu leiden,
- nach der Geburt an Allergien zu leiden,
- am Plötzlichen Säuglingstod zu sterben.
Das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod steigt mit jeder gerauchten Zigarette an! Selbst wenn nur in der Umgebung des Babys geraucht wird, ist sein Risiko, am Plötzlichen Kindstod zu sterben, deutlich erhöht.
Bevorzugen Sie für Ihr Baby zum Schlafen nur die Rückenlage
Internationale Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass die Bauchlage als Schlafposition das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod deutlich erhöht.
Die Rückenlage hat sich als die sicherste Schlafposition herausgestellt. Es gibt keinen Beleg für die Befürchtung, dass Babys in Rückenlage häufiger an hochgebrachter Nahrung ersticken als in Bauchlage! Auch ein Baby verfügt schon über Schutzreflexe, die in der Rückenlage gut funktionieren. Legen Sie daher Ihr Baby zum Schlafen nur auf den Rücken. Im Wachzustand und unter Aufsicht darf und sollte Ihr Baby in der Bauchlage spielen, um seine Nacken-, Schulter- und Ärmchenmuskuatur zu trainieren. Sobald es müde ist, legen Sie es aber bitte zurück in die Rückenlage.
Bis vor wenigen Jahren wurde in Deutschland die Seitenlage als Alternative zur Bauchlage empfohlen. Durch weitere Forschung hat sich aber herausgestellt, dass auch in der Seitenlage als Schlafposition das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod um bis zum 6fachen erhöht ist. Daher soll die Seitenlage als Schlafposition für Ihr Baby vermieden werden.
In der Rückenlage liegt das Köpfchen Ihres Babys immer ein bisschen zur Seite geneigt. Wenn Sie beobachten, dass Ihr Baby eine Lieblingsliegeseite für sein Köpfchen entwickelt, legen Sie Ihr Kind abwechselnd an die Kopf- oder Fußseite des Bettes und ändern Sie damit die Position zum Licht. So verhindern Sie eine einseitige Abflachung des Kopfes und eine unterschiedliche Ausbildung der Muskeln und Sehnen im Nackenbereich.
Stillen Sie Ihr Baby, wenn es Ihnen möglich ist, sechs Monate voll
Muttermilch ist die beste Nahrung für Ihr Baby in den ersten sechs Monaten. Sie gibt dem Baby aufgrund ihrer Zusammensetzung einen natürlichen Schutz gegen Allergien und Infektionen. Außerdem mindert das Stillen die Gefahr des Plötzlichen Säuglingstodes.
Bei der Nahrungsaufnahme hat jedes Baby seinen eigenen Rhythmus. Die Pausen zwischen den Mahlzeiten sind individuell verschieden lang. Die Ernährung ist ausreichend, wenn Ihr Baby kontinuierlich an Gewicht zunimmt! Ab wann das Kind eine Zusatznahrung braucht, erfragen Sie bitte bei Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Hebamme.
Bei Stillproblemen helfen Ihnen sicher Ihre Stillberaterin, Ihre Hebamme, Ihre Ärztin oder Ihr Arzt weiter. Geben Sie das Stillen nicht auf, wenn Sie das Rauchen nicht lassen können. Sorgen Sie aber für eine rauchfreie Zeit von mindestens zwei Stunden vor jeder Stillmahlzeit.
Schützen Sie Ihr Baby vor Überwärmung und Überdeckung
- Babys sollten warm gehalten werden, niemals aber zu warm!
- Die ideale Raumtemperatur für Babys liegt zum Schlafen bei 16°-18°C. Sorgen Sie für eine ausreichende Lüftung des Schlafzimmers und der übrigen Wohnung (2-3x Stoßlüften mit weit geöffneten Fenstern für ca. 10 Min., dann Fenster wieder schließen).
- Das Babybett sollte nicht neben der Heizung und nicht direkt in der Sonne stehen.
- Wegen der Gefahr eines Wärmestaus oder einer Atembehinderung sollten Sie auf die Verwendung von Kopfkissen, Federbetten, Nestchen und Fellen, langen Himmeln oder Moskitonetzen über dem Babybett sowie wasserdichten Unterlagen im Babybett ganz verzichten.
- Auch eine Wärmflasche, ein Heizkissen, ein warmes Körner- oder Kirschsteinkissen sollten in einem Babybett nicht eingesetzt werden.
- Überschüssige Wärme kann Ihr Baby am besten über das Gesicht und den freiliegenden Kopf abgeben. Verzichten Sei deshalb im Haus auf eine Kopfbedeckung für Ihr Baby.
- Ihr Baby benötigt in der Wohnung nicht mehr Bekleidung als Sie selbst. Zum Schlafen genügen Windel, Unterhemd und Schlafanzug, bei hoher Umgebungstemperatur (wie z.B. im Sommer) weniger.
- Draußen benötigt Ihr Baby bei niedrigen Temperaturen mehr Kleidung. Trotzdem sollten Sie immer prüfen, ob Ihr Baby nicht zu warm angezogen ist, das heißt, ob es auffällig schwitzt. Dies gilt selbstverständlich auch für Autofahrten, Busfahrten, den Aufenthalt in Kaufhäusern usw.
- Scheuen Sie sich nie, die Kleidung Ihres Babys den Umständen entsprechend anzupassen, selbst wenn es gerade schläft! Ob es Ihrem Baby zu warm oder zu kalt ist, können Sie am besten im Nacken feststellen, denn Hände und Füße der Babys sind oftmals kühl und reichen für diese Einschätzung nicht aus.
Alle Hinweise gelten auch dann, wenn Ihr Baby krank ist (z.B. bei einer fiebrigen Erkältung). In diesem Fall benötigt Ihr Baby eher weniger Kleidung, niemals mehr. Wärmflaschen und Heizkissen sind auch dann für Ihr Baby überflüssig.
Verwenden Sie für Ihr Kind zum Schlafen einen Schlafsack und keine Zudecke
Babyschlafsäcke haben gegenüber Bettdecken viele Vorteile:
- Ihr Kind bleibt immer richtig bedeckt, auch wenn es strampelt und sich bewegt.
- Schlafsäcke sind für unterschiedliche Raumtemperaturen und in allen erforderlichen Größen erhältlich, auch für Frühgeborene und Neugeborene, so dass Ihr Baby weder frieren noch schwitzen muss.
- Mit einem passenden Schlafsack ist die Gefahr der Überwärmung und Überdeckung deutlich kleiner. Im Gegensatz zu Bettdecken kann sich Ihr Baby einen Schlafsack nicht über den Kopf oder über Mund und Nase ziehen. Schon ein Neugeborenes kann unter die Bettdecke rutschen; ein älteres Baby kann sich die Bettdecke über den Kopf ziehen oder auf die Decke rutschen und darin einsinken. Beides erhöht die Gefahr der Überwärmung und die Gefahr der Rückatmung der eigenen Ausatemluft.
- Bei einem von unten zu öffnenden Schlafsack können Sie die Windeln wechseln, ohne das Baby zu wecken oder ganz zu entkleiden. So kann es in seiner angenehmen Umgebung bleiben.
- Mit einem Schlafsack kann sich das Baby weniger leicht in die risikoreiche Bauchlage drehen.
- Achten Sie aber unbedingt auf die passende Größe des Schlafsackes! (Körperlänge minus Länge des Kopfes plus 10-15 cm zum Strampeln und Wachsen).
- Achten Sie auch darauf, dass der Halsausschnitt so klein ist, dass der Kopf des Kindes nicht hindurch rutschen kann. Auch die Armausschnitte dürfen nicht zu groß sein.
Wenn es Ihrem Baby zu kalt ist, ziehen Sie es lieber etwas wärmer an. Vermeiden Sie unbedingt die Kombination von Schlafsack und Decke!
Kind in Reichweite im Elternschlafzimmer, aber im eigenen Babybett
Lassen Sie Ihr Kind in den ersten beiden Lebensjahren im Elternschlafzimmer schlafen, aber im eigenen Bett mit einer relativ festen, schadstofffreien, luftdurchlässigen Matratze. Es wird durch die Geräusche und Bewegungen der Eltern positiv stimuliert. Sie verwöhnen Ihr Kind damit nicht. Es braucht Ihre Nähe. Auch für das Stillen ist es günstig, wenn das Kinderbett neben dem elterlichen Bett steht.
Nehmen Sie Ihr Baby zum Schlafen aber nicht ins Elternbett, um eine Überwärmung und Überdeckung zu vermeiden.
Wasserbetten sind für Babys ebenso wenig als Schlafplatz geeignet wie Kinderwagen und Tragetaschen.
Weitere Hinweise
Gehen Sie mit Ihrem Baby zum Arzt, wenn eine Vorsorgeuntersuchung fällig ist, aber natürlich auch, wenn Sie etwas an Ihrem Baby beunruhigt oder das Baby Fieber hat und krank ist.
Weitere Informationen zur optimalen Schlafumgebung für Ihr Baby erhalten Sie unter Schlafumgebung. Informationen, Broschüren und Beratung zum Plötzlichen Säuglingstod bietet ihnen ferner die
Gemeinsame Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod Deutschland e.V.
Fallingbostelerstr. 20
30625 Hannover
Tel./Fax: 0251/8386202
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Erstellt am 23. November 2004, zuletzt geändert am 26. März 2010