Stillen – das Wunder zwischen Mutter und Kind
Barmer und Mehr Zeit für Kinder e.V.
Es ist nach wie vor ein Wunder der Natur: Das Stillen von Babys. Schon während der Schwangerschaft einer Frau sind viele Hormone im Einsatz, die kurz nach der Geburt des Kindes das Stillen möglich machen.
Nachfolgend gibt es zahlreiche Informationen zum Thema Stillen, denn aller Anfang ist oft schwer. Probleme während der Stillzeit werden angesprochen und Hilfsmöglichkeiten aufgezeigt.
Die Natur ist eine faszinierende Sache. Scheinbar automatisch “reift” in der Brust der Mutter die optimale Nahrung für das Neugeborene. Immer frisch, immer abrufbereit, kostenlos und wohltemperiert. Alles, was das Baby braucht – die Muttermilch hat´s.
Wenn Sie stillen möchten und stillen können, geben Sie Ihrem Baby in der ersten Zeit alles mit auf den Weg, was es braucht. Ihre Muttermilch enthält in jeder Wachstumsphase die optimale Nährstoffzusammensetzung. Nicht nur das – auch wichtige Abwehrstoffe, die das kindliche Immunsystem stärken, werden gleich mitgeliefert und schützen in der ersten Zeit vor Infektionen. Darüber hinaus verringern sie die Gefahr einer späteren Allergie – vor allem, wenn Sie sechs Monate voll stillen. Gestillte Kinder leiden später weniger an Fettsucht, sie werden seltener zuckerkrank, und ihre Schilddrüse kann sich besser entwickeln.
Für Ihr Baby heißt Stillen jedoch mehr, als nur Hunger und Durst zu befriedigen: Liegt es an Ihrer Brust, genießt es den engen Körperkontakt, fühlt es sich geschützt und geborgen. Darüber hinaus ist Stillen ganz einfach praktisch. Es spart Zeit, Geld und Arbeit.
Hormone im Einsatz
Bereits im 4. und 5. Schwangerschaftsmonat bereiten Hormone die Brüste darauf vor, Vormilch zu bilden. Den eigentlichen Startschuß gibt dann das Baby. Wenn es direkt nach der Geburt zum ersten Mal an der Brust saugt, nimmt ein Wunder seinen Lauf – auch wenn dieses Nuckeln eigentlich viel mehr mit gegenseitigem Kennenlernen zu tun hat als mit Ernährung. Zwei Hormone werden in diesem Moment ausgeschüttet: Prolaktin und Oxytocin. Prolaktin sorgt für die Milchbildung, Oxytocin dafür, daß die Milch fließt. Zunächst erhält Ihr Kind die Vormilch, auch Kolostrum genannt. Auch wenn es oft nur wenige Tropfen sind, ist diese klare gelbe Flüssigkeit ganz besonders wichtig für Ihr Baby, denn sie ist sehr eiweißreich und enthält besonders viele Abwehrstoffe.
Der eigentliche Milcheinschuß erfolgt um den 3. oder 4. Tag nach der Geburt. Dabei werden die Brüste recht prall und druckempfindlich. Auch ein Spannen kann zu spüren sein. Manchmal steigt die Temperatur leicht an. Dies alles ist kein Grund zur Sorge, sondern der ganz normale Ablauf einer faszinierenden Angelegenheit. Denn ab sofort liefert Ihr Körper immer so viel Milch, wie Ihr Baby benötigt. Und wird Ihr Kind nicht mehr satt, zeigt es das dadurch, daß es in kürzeren Abständen Hunger hat. Durch häufiges Anlegen wird die Milchmenge wieder gesteigert. Auch die Zusammensetzung der Milch ändert sich ständig. Sie enthält immer genau die Nährstoffe, die Ihr Baby in dieser Wachstumsphase gerade braucht. Muttermilch ist ein faszinierendes Beispiel für das Funktionieren von Angebot und Nachfrage.
Aber auch für Sie als Mutter hat das Stillen enorme Vorteile und positive Auswirkungen: Das Hormon Oxytocin, das beim Saugen ausgeschüttet wird, ist nicht nur für den Milchfluß verantwortlich. Es sorgt auch dafür, daß sich die Muskulatur der Gebärmutter zusammenzieht und fördert somit deren Rückbildung. Die Schmerzen, die dabei auftreten können, sind die sogenannten Nachwehen. Sie regen den Wochenfluß an. Und je besser der Wochenfluß, desto weniger anfällig ist die Gebärmutter für Infektionen.
Aller Anfang ist manchmal schwer
Beim ersten Anlegen hilft Ihnen die Hebamme oder Kinderkrankenschwester. Sie zeigt Ihnen verschiedene Stillpositionen und erklärt Ihnen alles, was Sie am Anfang über das Stillen wissen müssen. Verzweifeln Sie nicht, wenn nicht gleich alles so klappt, wie Sie es sich wünschen oder geplant haben. Die Natur hat zwar eingerichtet, daß die Milchproduktion in Gang kommt – für das automatische Funktionieren einer harmonischen Stillbeziehung zwischen Mutter und Kind hat sie jedoch nicht gesorgt.
Rechnen Sie damit, daß es auch später Momente geben wird, in denen Sie glauben, nicht oder nicht ausreichend stillen zu können. Wichtig ist in diesen Phasen, daß Sie das Vertrauen in Ihren Körper nicht verlieren. Eine stillerfahrene Freundin kann in so einer Situation eine hilfreiche Unterstützung sein.
Eine Hebamme kommt nach der Geburt zu Ihnen ins Haus, berät, betreut und versorgt Sie und das Baby. Die Kosten übernimmt Ihre Krankenkasse. Die Leistungen und die Kompetenz der Hebamme enden nicht mit dem Wochenbett, sondern die Hebamme ist auch danach Ihre Ansprechpartnerin. Sie schaut, ob es Ihnen und dem Baby gut geht, übernimmt bei Bedarf die Nabelpflege, gibt wichtige Tipps und Ratschläge und berät Sie beim Stillen.
Informationen zur Nachsorge erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse. Auch in freien Stillgruppen erhalten Sie Unterstützung. Mütter treffen sich dort unter der Leitung einer Stillberaterin mit ihren Babys zum Erfahrungsaustausch. Vielleicht gibt es so eine Gruppe auch in Ihrer Nähe. Fragen Sie Ihre Hebamme, Ihren Frauenarzt, in der Klinik oder bei kirchlichen Einrichtungen (die oftmals ihre Räume für solche Treffen zur Verfügung stellen) danach. Oder wenden Sie sich an die La Leche Liga oder die Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen (siehe Kapitel Stilltreffen).
Ausgewogen essen – ausreichend trinken
Damit Ihre Milch sättigend und nährstoffreich sein kann, ist es wichtig, daß Sie bewußt auf ausgewogene und ausreichende Ernährung achten. Jetzt ist nicht die Zeit für den kritischen Blick auf die Waage. Sollten Sie aus der Schwangerschaft noch zusätzliche Pfunde mit sich herumtragen, so denken Sie bitte daran, daß Ihr Körper neun Monate benötigt hat, um die Schwangerschaft aufzubauen und daß er ebenso lange braucht, um sie wieder abzubauen. Diäten sind jetzt völlig fehl am Platz. Ohne genügend Nahrung kann es zum Beispiel zu Kreislaufproblemen kommen. Die Folge einer Diät könnte auch sein, daß nicht mehr ausreichend Milch vorhanden ist. Außerdem würden in den Fettpolstern gelagerte Schadstoffe frei werden und in die Muttermilch gelangen. Im übrigen haben Sie jetzt sogar einen Energiebedarf, der pro Tag um rund 600 Kalorien höher liegt.
Und das sollten Sie bevorzugt in Ihre Ernährung einbauen:
- zweimal pro Woche Seefisch (zum Beispiel Kabeljau und Seelachs) für die Jodversorgung – wichtig für die Schilddrüse,
- Vollkornprodukte (Vollkornhaferflocken, Vollkornbrot) – sie liefern wichtige Ballaststoffe, die Vitamine B1 und B6 sowie Eisen – wichtig für Verdauung, Stoffwechsel, Nerven und Blutbildung,
- Lebensmittel, die den Kalziumstoffwechsel anregen, zum Beispiel grünes Gemüse wie Brokkoli, Spinat, Mangold, Salat und Kohlrabi, Sprossen, Obst, Sauermilchprodukte und fette Fische wie Lachs, Makrele und Heilbutt – wichtig für Knochen und Zähne.
Sechs kleine Mahlzeiten sind für Sie, das Baby und Ihre Figur besser als drei große. Bevorzugen Sie Gerichte, die schnell zuzubereiten und gut warmzuhalten sind. Das spart Zeit und Frust.
Entgegen der landläufigen Meinung dürfen Sie auch in der Stillzeit Zitrusfrüchte und Hülsenfrüchte essen. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse, daß diese Lebensmittel beim Baby einen wunden Po oder Blähungen verursachen. Jedes Baby reagiert anders. Deshalb gilt: ausprobieren. Unter Umständen versagen Sie sich sonst monatelang bestimmte Dinge, obwohl die Ihrem Kind gar nicht schaden.
Neben dem richtigen Essen ist viel trinken jetzt ganz wichtig. Mindestens zwei bis drei Liter täglich sollten es sein. Am besten haben Sie immer ein volles Glas in Ihrer Nähe. Auch hier heißt es: ausprobieren. Welche Säfte und Tees verträgt Ihr Kind? In jedem Fall empfehlenswert: stilles Mineralwasser.
Medikamente
Falls Sie jetzt krank werden, sollten Sie Ihren behandelnden Arzt unbedingt darauf hinweisen, daß Sie stillen. Denn viele Medikamente gehen in die Muttermilch über und haben unter Umständen schädliche Nebenwirkungen für Ihr Baby. Selbst vermeintlich harmlose Mittel können Alkohol enthalten und sind daher in der Stillphase nicht geeignet. Ihr Arzt wird im Einzelfall Risiko und Nutzen für Mutter und Kind genau prüfen und dann entscheiden, was tatsächlich nötig ist und welches Medikament er Ihnen verschreiben kann.
Grundsätzlich gilt:
- möglichst wenige Medikamente einnehmen,
- keine eigenmächtige Dosierung,
- im Zweifelsfall den Arzt oder die Ärztin fragen.
Manchmal ist die Einnahme starker Medikamente jedoch nicht zu vermeiden. Das bedeutet aber nicht unbedingt das vorzeitige Ende der Stillperiode. Muß das Medikament nur einige Tage genommen werden, kann die Milch in dieser Zeit abgepumpt und weggeschüttet werden. Das Baby erhält dann vorübergehend Flaschennahrung. Durch das Abpumpen bleibt die Milchproduktion in Gang, und mit ein wenig Geduld wird das Baby später die Brust wieder nehmen.
Brustpflege
Die Brüste, insbesondere die Brustwarzen, werden während des Stillens ziemlich strapaziert und brauchen deshalb viel Pflege. Vermeiden Sie alles, was die Brustwarzen austrocknet. Das bedeutet: Brustwarzen nicht mit Seife waschen. Seife zerstört den Säuremantel der Haut. Sie laugt die Warzen aus, macht sie rissig und kann so Schrunden verursachen.
Solange der Wochenfluß anhält, sollten Sie auf keinen Fall baden. Im Wochenfluß sind unzählige Keime, die beim Baden mit der Brust in Berührung kommen und sie entzünden können. Gegen Duschen ist nichts einzuwenden, dabei werden die Brüste mit klarem Wasser abgewaschen.
Lassen Sie die Milchreste auf der Brust nach dem Stillen einfach eintrocknen. Sie liefern einen natürlichen Infektionsschutz – ebenso wie die Luft und der Speichel des Babys.
Tragen Sie einen gut sitzenden Still-BH – auch wenn Sie sonst kein BH-Fan sind. Er sollte auf keinen Fall einengen, sondern die Brust gut und bequem stützen. Verwenden Sie außerdem Stilleinlagen. Die saugen die überflüssige Milch auf und beugen wunden Brustwarzen vor. Gerade in der ersten Zeit kann es Ihnen passieren, daß Ihre Milch “einfach so” läuft – zum Beispiel, wenn Sie an Ihr Baby denken oder eine andere stillende Mutter sehen.
Auch später sind Stilleinlagen von Nutzen. So fließt im allgemeinen – bei der einen Frau schwächer, bei der anderen stärker – beim Stillen auch aus der Brust Milch, an der das Baby gerade nicht saugt. Eigentlich logisch, denn durch denn Saugreflex wird die Milchproduktion gefördert und der Milchfluß in Gang gebracht. Im Körper existiert jedoch keine Schaltzentrale, die organisiert, daß die gewünschte Milch nur in eine Brust fließt.
Wird der Still-BH trotz Stilleinlagen naß, sollten Sie ihn rasch wechseln, weil sich Bakterien in der Feuchtigkeit schnell vermehren und wunde Brustwarzen verursachen können.
Zu wenig Milch?
Manche Frauen fragen sich, ob sie vielleicht zu wenig Milch haben, wenn ihr Kind zum wiederholten Mal schreit, obwohl es doch gerade gestillt wurde. Natürlich kann Ihr Kind auch schreien, weil es friert, weil es Nähe möchte oder weil die Zähne durchbrechen. Vielleicht reicht ihm aber tatsächlich die Muttermilch nicht. Folgende Umstände können eine Rolle spielen: Um den 10. Tag herum sowie nach sechs und nach 12 Wochen haben Babys einen natürlichen Wachstumsschub. Dann wollen sie scheinbar 24 Stunden täglich an der Brust trinken. In so einer Situation ist die beste Lösung: Nicht aufgeben, Augen zu und durch! Denn nach 48 Stunden ist der ganze Spuk meist schon wieder vorbei. Vorausgesetzt, Sie legen Ihr Baby häufiger an. Dann reagiert die Milch, das heißt, ihre Konsistenz verändert sich, und Ihr Baby wird wieder satt.
In diesen Phasen ist der Kontakt zu anderen Frauen mit Stillerfahrung und/oder zu einer Hebamme unter Umständen sehr hilfreich. Bei Stillschwierigkeiten zählt der Rat Ihrer Hebamme, die hierzu auch die Leistungen der Krankenkassen kennt.
Liegt dagegen eine Streßsituation vor, sollten Sie unbedingt versuchen zu entspannen. Das ist zwar leichter gesagt als getan und im Alltag nicht immer einfach umzusetzen. Aber vielleicht reicht die Zeit ja für eine Atemübung, eine warme Dusche oder ein Fußbad. Kommt der Milchfluß durch Streß aus dem Takt, kann ein Telefonat mit einer guten Freundin, die einfach nur zuhört, Wunder wirken.
Selbstgemachter Streß ist natürlich unbedingt zu vermeiden. Niemand erwartet von Ihnen einen perfekten Haushalt oder täglich ein Drei-Gänge-Menü. Eine ausgeglichene Mutter mit zufriedenem sattem Baby ist allemal wichtiger als eine staubfreie Wohnung mit geputzten Fenstern. Wenn Sie das Glück haben und von außen Hilfe angeboten bekommen, sollten Sie sich nicht scheuen, sie auch anzunehmen. Oft sind Freunde und Bekannte sogar froh, wenn sie hilfreich unter die Arme greifen können. Besuche, die hingegen nur eine Belastung darstellen, sollten Sie im eigenen Interesse und dem Ihres Kindes möglichst weit nach hinten schieben – bis sich der eigene Alltag soweit eingependelt hat, daß Sie über entsprechende stabile Nerven verfügen.
Ist das Baby zu schwach, um durch starkes Saugen die Milchproduktion anzuregen, können Sie von außen eingreifen. Zum Beispiel, indem Sie mit einer Milchpumpe regelmäßig Milch abpumpen. Manuelle Milchpumpen erhalten Sie in Drogerien und Apotheken. Elektrische Milchpumpen können Sie in Apotheken und Sanitätsfachgeschäften leihen. Wird eine Milchpumpe medizinisch verordnet, übernimmt Ihre Krankenkasse unter Umständen entstehende Aufwendungen.
Sie können die Milch auch ausstreichen: Drücken Sie die Brust mit Daumen und Zeigefinger einer Hand außerhalb des Warzenhofes in Richtung Brustkorb. Anschließend streichen Ihr Daumen und Zeigefinger mit Druck zur Brustwarze hin über die Brust, bis die Milch aus der Brust tropfenartig heraustritt.
So benutzen Sie eine Milchpumpe:
- Innenseite der Pumpe anfeuchten – dann rutscht die Brust besser hinein.
- Beim Abpumpen aus der anderen Brust mit der Hand ein wenig Milch ausdrücken – das bringt den Milchfluß in Gang.
- Pumpe nicht zu stark einstellen – die Brustwarzen könnten verletzt werden.
Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie Ihre Hebamme, wie Sie die Pumpe benutzen sollen. Manchmal hilft es, die Milchmenge zu steigern, indem das Baby nach dem Anlegen an die zweite Brust nochmals an die erste Brust angelegt wird. Ein kleiner Trost: Fast alle Frauen haben nach einigen Wochen mal zu wenig Milch – insbesondere am Abend. Das ist noch kein Anlaß zur Sorge.
Fragen Sie sich außerdem: Wie steht es mit der Ernährung? Ist sie wirklich ausgewogen und ausreichend? Und trinken Sie genügend? Probieren Sie es doch einmal mit Milchbildungstee. Den gibt es als fertige Mischung in Apotheken, Drogerien und in Bioläden.
Wer zur Flasche greift und zufüttert, wenn das Baby nicht satt zu werden scheint, muß sich klar sein: Das kann der Anfang vom Ende sein. Durch Zufüttern wird die Milchproduktion kaum angeregt. Die Folge: Ihr Körper produziert weniger Milch. Das Baby bleibt hungrig, erhält daher wahrscheinlich noch mehr aus der Flasche usw. Das natürliche Gleichgewicht kommt aus dem Takt.
Auch die beliebte Frage aus der Verwandtschaft: “Na? Hat das Baby auch schon schön zugenommen?” , verunsichert viele Mütter. Zeigt dann die Waage nicht den erwarteten Gewichtsanstieg, schließen Sie daraus, Ihr Baby werde nicht satt. Die Aussagekraft häufiger Wiegeaktionen ist jedoch umstritten. Im allgemeinen erkennt eine Mutter auch ohne Blick auf die Waage, ob ihr Kind gesund ist und gedeiht. Eine rosige Haut, ein vitales Wesen, mehrere nasse Windeln täglich – das alles sind Anzeichen für eine normale Entwicklung. Was den Stuhlgang betrifft, reicht das Normale bei gestillten Babys von mehreren vollen Windeln täglich bis hin zu einer vollen Windel alle paar Tage.
Wer sich auf sein persönliches Urteil nicht verlassen will, kann sein Baby einmal pro Woche, möglichst zur gleichen Tageszeit, wiegen. Eine Baby-Waage müssen Sie sich dafür nicht extra kaufen. Viele Apotheken verleihen solche Waagen.
Im Vorsorgeuntersuchungsheft Ihres Kindes, das Sie bei der Geburt erhalten, finden Sie hinten eine Größe-Gewicht-Tabelle. Darin können Sie ablesen, ob sich Ihr Kind altersgemäß entwickelt. Stellen Sie dabei fest, daß Ihr Baby abnimmt, sollten Sie unbedingt mit Ihrem Kinderarzt darüber sprechen.
Zu viel Milch
Während die meisten Frauen fürchten, sie hätten zu wenig Milch, gibt es auch einige, die unter zu viel Milch leiden. Das kann zu unangenehmen Spannungen in der Brust bis hin zur Brustentzündung führen. In so einer Situation abzupumpen, wäre völlig verkehrt. Denn dadurch erhält der Körper das Signal, noch mehr Milch zu produzieren. Folge: Die Beschwerden verschlimmern sich. Besser ist es, das Baby zunächst eine Weile nur jeweils an einer Brust trinken zu lassen. Dadurch wird jede einzelne Brust weniger häufig stimuliert, was zu einem Rückgang der Milchproduktion führt. Sie können Ihre Brust auch ausdrücken, aber nur so lange, bis die Spannungen nachlassen. Schmerzlindernd wirken Eispackungen. Vorübergehend sollten Sie insgesamt etwas weniger trinken. Auch mit einer halben Tasse Salbeitee, schlückchenweise über den Tag verteilt, läßt sich die Milchmenge reduzieren.
Wunde Brustwarzen
Besonders in den ersten Stilltagen können die Brustwarzen wund werden. Auch sie müssen sich erst an die neue Belastung gewöhnen. Sind die Warzen bereits empfindlich, ist es ratsam, die Stilldauer etwas einzuschränken und erst wieder zu steigern, wenn die Beschwerden abklingen. Dadurch wird man sicherlich häufiger anlegen müssen. Aber das hat auch den Vorteil, daß das Baby nicht so heißhungrig ist und daher nicht so fest zupackt. Außerdem kann es besser saugen und die Brust erfassen, wenn sie nicht so prall ist.
Ein Schnuller hilft vielleicht, die Zeit bis zur nächsten Mahlzeit zu überbrücken. Viele Säuglinge werden dadurch beruhigt und finden besser in den Schlaf. Mit Schnuller fühlen sich Eltern weniger hilflos, wenn das Baby weint. Allerdings sollten Sie auch die Nachteile sehen: Schnuller sind oft unhygienisch, und Kinder werden damit zum Schweigen gebracht. In Extremfällen nuckeln noch Fünfjährige an Schnullern.
Wunde Brustwarzen entstehen häufig durch ein ausgeprägtes Saugbedürfnis. Sorgen Sie unbedingt für Ersatz. Denn die Brust ist kein Schnullerersatz!
Ändern Sie häufig die Stillposition. Legen Sie Ihr Kind mal im Sitzen, mal im Liegen an. So werden die Warzen nicht einseitig belastet. Lassen Sie Milch und Speichel nach dem Stillen auf der Brust eintrocknen. Beide haben eine weichmachende und sterilisierende Wirkung. Wenn es die Witterung zuläßt, gönnen Sie Ihrer wunden Brust ein Sonnenbad. Das hat heilende Wirkung. Bei Regenwetter tut es auch eine Infrarotlampe. Es gibt ferner Salben und Tinkturen, die die Beschwerden lindern, den Heilungsprozeß fördern und für das Kind unschädlich sind, zum Beispiel Salbeitinktur oder Johanniskrautöl.
Werden die Warzen erst wund, nachdem schon eine ganze Weile erfolgreich gestillt wurde, kann auch Soor, eine Pilzinfektion, vorliegen. Sicheres Anzeichen dafür ist ein weißer Belag im Mund des Kindes. Was hier zu tun ist, lesen Sie im Kapitel “Kleine Wehwehchen mit Hausmitteln heilen” nach.
Milchstau – Brustentzündung (Mastitis)
Fühlt sich Ihre Brust prall und fest an? Ist sie äußerst druckempfindlich? Lassen die Schmerzen selbst dann nicht nach, wenn Sie Ihr Kind angelegt haben? Dann liegt vermutlich ein Milchstau vor. Zu einem solchen echten Stau in den Milchgängen kann es kommen, wenn durch Streß und Aufregung, seelische Probleme und Konflikte die Hormone verrückt spielen und das Zusammenspiel von Milchproduktion und Milchfluß durcheinander geraten ist. Vielleicht trinkt Ihr Baby aber auch schlecht und leert die Brust nur unzureichend, weil es Zähne bekommt, erkältet ist oder beim Stillen zu sehr abgelenkt wird. Beim Milchstau helfen folgende Maßnahmen:
- Heiße Umschläge etwa zehn Minuten lang auf die Brust legen. Anschließend die harten Knoten oder die gesamte Brust sanft massieren.
- Salbeitee kann die Milchproduktion bremsen. Dafür eine Tasse schluckweise über den Tag verteilt trinken.
Der Milchstau kann sich zu einer Brustentzündung ausweiten. Wenn sich in der gestauten Milch Keime vermehren, beginnt die Brustentzündung. Die Temperatur steigt über 39 Grad, es kommt zu grippeartigen Kopf- und Gliederschmerzen und manchmal auch zu Schüttelfrost. Insgesamt fühlt man sich matt und abgeschlagen. Wird in diesem Stadium nichts unternommen, bildet sich an der entzündeten Stelle ein Eiterherd, der operativ entfernt werden muß. Daher ist es äußerst wichtig, bereits bei den ersten Anzeichen eines Milchstaus zu handeln.
Die erste und wichtigste Hilfe leistet Ihr Kind. Legen Sie es häufiger an, auch wenn es nur für wenige Minuten ist, und zwar so, daß sein Unterkiefer an die harte Stelle kommt. Vielleicht müssen Sie dabei eine ungewohnte Stillposition einnehmen. Aber der Versuch lohnt!
Eispackungen gegen die Entzündung und Wärme für einen besseren Milchfluß sind weitere effektive Maßnahmen. Warmes Duschen, ein warmer Waschlappen auf der Brust oder auch ein Haarfön weiten die Gefäße und lassen so die Milch besser fließen.
Auch Quarkkompressen schaffen Linderung: Reiben Sie Ihre Brust – bis auf die Brustwarze – mit Quark ein, bedecken Sie sie mit einer Mullwindel und erneuern Sie das Ganze, wenn der Wickel warm geworden ist. Noch einfacher – und sauberer – geht es, wenn Sie Brust und Quark mit einer Höschenwindel abdecken und den BH darüber ziehen.
Trinken Sie vorübergehend etwas weniger. Streichen Sie außerdem die Milch aus (Das sollte sich übrigens jede stillende Mutter unabhängig von einem Milchstau von einer Hebamme oder Krankenschwester gleich zu Beginn der Stillzeit zeigen lassen). Wenn irgendwie möglich, versuchen Sie, etwas gegen Streß und Aufregung zu tun. Bei seelischen Problemen sollten Sie sich unbedingt jemandem mitteilen.
Lassen die Beschwerden nicht nach und liegt eine Brustentzündung (Mastitis) vor, müssen Sie unbedingt zum Arzt gehen, denn eine echte Mastitis ist eine gefährliche Komplikation, die fachmännisch behandelt werden muß. Eventuell ist die Entzündung schon so weit vorangeschritten, daß Sie ein Antibiotikum nehmen müssen. Aber auch da gibt es heute Mittel, die Ihr Baby nicht belasten und das weitere Stillen nicht beeinträchtigen.
Grundsätzlich sollte selbst eine Brustentzündung kein Grund sein, abzustillen. Untersuchungen der La Leche Liga, der Selbsthilfeorganisation der Stillgruppen, haben ergeben, daß Brustentzündungen durch häufiges Stillen, Bettruhe, warme Kompressen und Antibiotika innerhalb von drei Tagen abheilen können.
Allein unterwegs trotz Stillen
Auch wenn Sie stillen, heißt das nicht unbedingt, daß Sie rund um die Uhr mit Ihrem Kind zusammen sein müssen. Planen Sie einen Kinobesuch oder einfach einen gemütlichen Abend beim Italiener, und wollen Sie Ihr Baby nicht mitnehmen, dann kann auch der Vater oder eine andere Person Ihres Vertrauens das Baby füttern. Dazu ist es notwendig, daß Sie Milch konservieren. Pumpen Sie mittels einer Milchpumpe Milch ab. Umgefüllt in ein ausgekochtes Fläschchen kann sie bei maximal vier Grad mehrere Stunden (die Meinungen reichen von 4 Stunden bis zu 48 Stunden) im Kühlschrank gelagert werden. Als “eiserne Reserve” können Sie Muttermilch auch einfrieren – im Drei-Sterne-Fach Ihres Kühlschranks bis zu zwei Wochen, im Gefrierschrank bei -20 Grad bis zu sechs Monaten. Eingefrorene Milch wird am besten unter fließendem kaltem Wasser aufgetaut, danach auf Trinktemperatur, etwa 35 Grad, erwärmt. Bevor Sie jemanden mit dem Baby allein lassen, sollten Sie allerdings schon einmal ausprobiert haben, ob Ihr Sprößling die Flasche auch nimmt.
Quelle
- Eltern sein – Die ersten Jahre. Ideen, Informationen und Gesundheitstipps für die junge Familie. Hrsg. von Barmer und Mehr Zeit für Kinder e.V., 2. Auflage 2002. Das Buch ist für 9,20 EUR erhältlich bei Mehr Zeit für Kinder e.V.
Bestelladresse
Mehr Zeit für Kinder e.V.
Fellnerstr. 12
60322 Frankfurt
Tel.: 069/156896-17
Fax: 069/1568-10
Erstellt am 27. März 2003, zuletzt geändert am 4. März 2010