Der Ziegenpeter ist nicht so lustig wie er klingt - Risiken einer Mumps-Infektion

Stiftung Kindergesundheit

Der Volksmund hat für Mumps lustige Namen parat: Mal heißt er „Bauernwetzel“, mal „Wochentölpel“, mal „Ziegenpeter“ oder (in der Schweiz) „Ohrenmüggeli“. Ein Kind, das an Mumps erkrankt ist, macht zwar mit seiner dicken Backe vielleicht einen komischen Eindruck, zum Lachen ist ihm jedoch gar nicht zumute. Es hat Schmerzen beim Essen und Trinken, oft sogar schon, wenn es nur den Mund aufmacht. Und wenn der Erreger der Infektionskrankheit auch auf andere Organe übergreift, wird aus der so harmlos klingenden Kinderkrankheit Mumps eine ernsthafte Gesundheitsstörung, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

Seit dem Jahre 400 v. Chr., als Hippokrates zum ersten Mal eine Mumps-Epidemie beschrieb, haben Millionen Kinder die Krankheit mit der dicken Backe durchgemacht, ohne dass die Ärzte ihnen helfen konnten. Das ist nicht verwunderlich, sagt die Stiftung Kindergesundheit: der Erreger des Mumps ist ein winziges Virus, das ausschließlich von Mensch zu Mensch weitergegeben wird, meist durch Tröpfchen in der Atemluft, manchmal auch durch verschmierte Hände. Ein Medikament, das speziell gegen dieses Virus hilft, gibt es bis heute nicht. Die Möglichkeiten der Behandlung beschränken sich deshalb auf die Linderung der schmerzhaften Krankheitssymptome. Zum Glück verspricht eine andere Art der Bekämpfung Erfolg: die von der Ständigen Impfkommission STIKO empfohlene Kombinationsimpfung gegen Mumps, Masern und Röteln.

Dicke Backe und abstehende Ohren

Die „dicke Backe“ gilt zwar als typisches Erkennungsmerkmal der Mumps-Infektion, ist jedoch keineswegs obligatorisch, berichtet Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Die Infektion kann vor allem bei jüngeren Kindern auch ohne schmerzhafte Schwellung verlaufen, was dazu führt, dass der Mumps nicht immer als solcher erkannt wird“.

In der Mehrzahl der Fälle allerdings schwillt eine (meist die linke) der beiden Speicheldrüsen unter dem Ohr stark an, danach wird auch die andere Gesichtshälfte dicker. Dadurch wird das Ohrläppchen in typischer Weise angehoben und steht seitlich ab. Um Schmerzen zu vermeiden, bewegt das Kind den Kopf nur noch wenig und hält ihn zur erkrankten Seite hingeneigt. Schlucken und Kauen tun ihm weh, die Wange spannt und die geschwollenen Drüsen schmerzen stark, wenn man sie berührt. Oft tun auch die Ohren weh. Das Fieber steigt meist auf Werte zwischen 38 und 39,5 Grad.

Kinder und Erwachsene, die an Mumps erkrankt sind, sind bereits ein bis vier Tage vor den ersten Symptomen der Krankheit bis etwa vier Tage danach ansteckend. Wer eine Mumps-Erkrankung überstanden hat, ist in der Regel lebenslang vor einer erneuten Infektion geschützt.

Auch das Gehör ist bedroht

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko vom Komplikationen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Bei fast jedem zehnten an Mumps erkrankten Kind muss mit einer Hirnhautentzündung (Meningitis) gerechnet werden. Dabei treten fünf bis sieben Tage nach Beginn der Drüsenschwellung an der Wange und am Hals Kopfschmerzen hinter der Stirn, Übelkeit und Erbrechen auf. Das Kind hält den Nacken steif und kann den Hals nicht beugen.

Die Mumps-Meningitis verläuft zwar meist ohne größere Komplikationen, harmlos ist sie trotzdem nicht: Häufig leiden die betroffenen Kinder und Erwachsenen noch lange Zeit an schweren Kopfschmerzen und stärkeren Allgemeinstörungen. Eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) kommt wesentlich seltener vor, kann jedoch bleibende Schäden wie Lähmungen verursachen oder in Einzelfällen sogar tödlich verlaufen. Auch Hörstörungen (meist einseitig) sind häufig und eine bleibende Taubheit ist möglich, so die Stiftung Kindergesundheit.

Gefahr für die Hoden

Eine weitere Komplikation bedroht Jungen und junge Männer: Bei etwa jedem fünften Heranwachsenden führt Mumps zu einer Orchitis, einer schmerzhaften Entzündung der Hoden. Als Folge kann es zu einer Schrumpfung des Gewebes von einem oder beiden Hoden kommen. Sie produzieren zwar weiterhin Hormone und auch die Potenz geht nicht verloren – möglicherweise leidet aber die Zeugungsfähigkeit.

Bei Mädchen kommt es in fünf Prozent der Fälle zu einer Entzündung der Eierstöcke. Sie ist wesentlich weniger schmerzhaft und wird deshalb auch seltener erkannt. Bei beiden Geschlechtern muss in sieben bis acht Prozent der Fälle mit einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse gerechnet werden. Relativ häufig entzünden sich auch die Nieren, was sich mit Blut im Urin bemerkbar macht.

Impfschutz in zwei Schritten

Bei der Schutzimpfung gegen Mumps wird der Körper des Kindes durch abgeschwächte Mumps-Viren dazu veranlasst, Antikörper gegen den Mumps-Erreger zu bilden. Die Impfung erfolgt als Kombinationsimpfung gemeinsam mit den Impfungen gegen Masern und Röteln, eventuell auch gegen Windpocken. Ein Einzelimpfstoff gegen Mumps ist in Deutschland nicht verfügbar.

Die STIKO empfiehlt den Aufbau eines Impfschutzes in zwei Schritten: Die erste MMR-Kombinationsimpfung sollte im Alter von 11 bis 14 Monaten und die zweite Impfung frühestens 4 Wochen nach der ersten Impfung, spätestens jedoch gegen Ende des zweiten Lebensjahres erfolgen.

Die MMR-Impfung ist gut verträglich, nur gelegentlich treten ungefährliche Nebenwirkungen auf: Bei etwa zwei von 100 Geimpften tritt im Zeitraum von ein bis vier Wochen nach der MMR-Impfung ein schwacher masernähnlicher Hautausschlag auf. Bei einem von 100 geimpften Kindern schwillt die Ohrspeicheldrüse an, die Schwellung ist aber schwächer ausgeprägt als beim richtigen Mumps. Es können auch Gelenkschmerzen entstehen. Die Symptome heilen ohne Komplikationen ab.

Ein wachsendes Risiko für Erwachsene

Als noch nicht gegen Mumps geimpft wurde, erkrankten in der damaligen Bundesrepublik jedes Jahr etwa 200.000 Kinder. Bei über 7.000 hatte Mumps eine Hirnhautentzündung zur Folge. Im Jahr 2018 wurden 534 Mumps-Erkrankungen dem Robert-Koch-Institut gemeldet. Kinder waren darunter mittlerweile in der Minderzahl: 75 Prozent der an Mumps Erkrankten waren älter als 15 Jahre.

„Leider wird Mumps immer mehr auch zu einem Problem von Erwachsenen“, betont Professor Dr. Berthold Koletzko: „Da viele, aber leider nicht alle, Kinder gegen Mumps geimpft sind, werden die weiter kursierenden Viren häufig erst bei Teenagern und Erwachsenen fündig, bei denen jedoch eine größere Gefahr für Komplikationen besteht. Außerdem ist die Schutzwirkung der Mumpsimpfung unter den drei Komponenten der Kombinationsimpfung die am wenigsten anhaltende. Deshalb kann in seltenen Fällen auch nach einer vollständigen, zweimaligen Impfung eine Mumps-Erkrankung auftreten. Wegen dieser abnehmenden Immunität kam es in den letzten Jahren immer wieder zu größeren Mumps-Ausbrüchen, bei denen vorwiegend ältere Jugendliche und junge Erwachsene betroffen gewesen sind“.

Ein typisches Beispiel lieferte ein Mumps-Ausbruch an einer Grundschule im Mai 2011 in Nürnberg: Dort erkrankten einmal 18 Schüler, drei Lehrerinnen und zwei Elternteile (Alter: 6 bis 47 Jahre) an Mumps. Vier der männlichen Betroffenen (drei Schüler und ein Erwachsener) litten dabei auch an einer Entzündung der Hoden.

Wer von Berufs wegen die Impfung benötigt

Da Mumps ebenso wie Masern, Röteln und Windpocken keine Krankheit mehr ist, die ausschließlich Kinder befällt, hat die Ständige Impfkommission STIKO ihre Impfempfehlungen für bestimmte Berufsgruppen im Erwachsenenalter, wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwester, Hebammen und Pfleger, Pädagogen und Kindergärtnerinnen aktualisiert. Sie empfiehlt nun die MMR-Impfung für alle nach 1970 geborenen Personen, die in medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Arztpraxen oder Zahnarztpraxen und Einrichtungen der Pflege arbeiten oder in Kinderkrippen, Kindergärten, Kitas, Schulen, Heimen oder Ferienlager tätig sind. Die Empfehlung gilt auch für Auszubildende, Praktikanten, Studierende und ehrenamtlich Tätige.

Professor Koletzko unterstreicht: „Die Impfung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in der Kinderbetreuung erweist sich als doppelt wertvoll: Sie schützt sowohl die Mitarbeiter selbst als auch ihre Schutzbefohlenen vor einer Ansteckung“.

Quelle

Stiftung Kindergesundheit

eingestellt am 10. Juli 2020