Der Elternbeirat – warum ist er so wichtig?
Barbara von Schnurbein
Der Artikel behandelt praxisorientiert die wichtigsten Fragen von Eltern bezüglich eines Engagements im Elternbeirat: Fragen nach Einfluss und Möglichkeiten zur Mitwirkung, nach gesetzlichen Vorgaben, und die wichtige Frage, ob das Kind dadurch Nachteile hat, wenn z.B. Schule und Eltern unterschiedlicher Meinung sind. Konkrete gelungene Beispiele zur Zusammenarbeit von Schule und Eltern werden benannt und aufgezeigt, warum das Engagement der Eltern so wichtig und lohnend ist. Links verweisen auf weitere Informationsmöglichkeiten.
- “Soll ich da hingehen?”
- “Schadet es meinem Kind, wenn ich Elternbeirat bin?”
- Chancen zur Mitgestaltung
- Schulleitung und Kollegium als Partner des Elternbeirats
- “Kann der Elternbeirat überhaupt etwas erreichen?”
- Elternrechte – Elternpflichten
- Anerkennung motiviert
- Lehrkräfte und Eltern – beide sind Fachleute
- Einige konkrete Beispiele
Kaum hat das Schuljahr begonnen, bekommen die Eltern mit den ersten Informationen auch die offizielle Einladung zur Wahl des Elternbeirats. Wahlberechtigt und wählbar sind die Eltern oder Erziehungsberechtigten, deren Kind diese Schule besucht. Dabei gibt es geringe gesetzliche Unterschiede in einzelnen Bundesländern und den verschiedenen Schularten. Gemeinsam und entscheidend ist, dass der Elternbeirat alle Eltern und Erziehungsberechtigten der Schule vertritt und deshalb auch ein Anhörungs- oder Mitspracherecht bei gesetzlich festgelegten Themen hat, die die ganze Schule betreffen. Die gute Zusammenarbeit des Elternbeirats mit der Schulleitung und dem Kollegium kann maßgeblich zu einem persönlichkeitsorientierten Schulklima und damit zu guten Lernbedingungen beitragen.
“Soll ich da hingehen?”
Wenn das Kind die Einladung mitbringt, ist es längst nicht für alle Eltern selbstverständlich, dass sie sich an diesem Abend Zeit nehmen für die Schule. Zur allgemeinen Terminfülle kommen auch ganz persönliche Fragen:
- Wenn ich am Ende als Kandidatin oder Kandidat vorgeschlagen werde?
- Kann ich das überhaupt, was da von mir erwartet wird?
- Hat mein Kind vielleicht Nachteile, wenn ich im Elternbeirat bin?
- Wie viel Zeit kostet mich das?
So oder ähnlich lauten die Vorbehalte, die manche Eltern dann sogar abhalten, zur Elternbeiratswahl zu gehen. Auch ungute Erinnerungen an die eigene Schulzeit können Eltern hindern, sich in der Schule zu engagieren.
Ich möchte Ihnen Mut machen: Gehen Sie unbedingt zur Elternbeiratswahl! Nicht nur, weil Sie sonst wichtige Informationen nicht bekommen, sondern auch, weil es Ihren Kindern gut tut, wenn Sie sich für ihre Schule interessieren, die Lehrkräfte kennen und auch eine Vorstellung von den Räumlichkeiten haben. Außerdem wurden viele Möglichkeiten der Elternmitwirkung über Jahrzehnte mühsam von Eltern erkämpft und sind nicht in allen Ländern selbstverständlich. Wenn Sie also nicht wirklich gute Gründe haben, warum Sie nicht kandidieren möchten, denken Sie doch einmal über eine Kandidatur nach.
Die Schule braucht die Eltern! So wie die Erziehung zwar in erster Linie Aufgabe der Eltern ist, aber doch wesentlich von der Schule und anderen Faktoren mit beeinflusst wird, so sind auch Bildung und Lernen nicht allein Sache der Schule, sondern müssen von den Eltern und der Gesellschaft unterstützt werden. Je enger und vertrauensvoller die Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule ist, desto besser gelingt das Schulleben, desto wohler werden sich alle Beteiligten fühlen. Davon profitieren die Kinder in der Schule, in ihrer Einstellung zum Lernen und dadurch auch Sie in der Familie.
“Schadet es meinem Kind, wenn ich Elternbeirat bin?”
Zu den häufig geäußerten Bedenken, dass Ihr Kind bei auftretenden Schwierigkeiten für Ihr Engagement im Elternbeirat “bestraft” werden könnte, es “ausbaden” muss, wenn Sie Ihre Meinung vertreten, kann ich nur sagen: Ich habe in den 24 Jahren als Elternbeirätin und Vorsitzende nicht ein einziges Mal erlebt, dass eines meiner fünf Kinder von Lehrkräften ungerecht behandelt wurde, weil ich im Elternbeirat war. Wenn sie unfair behandelt wurden, hatte es immer andere Gründe. Ich weiß aber, dass es auch andere Erfahrungen gibt. Dennoch sollten wir die Chancen zur Mitgestaltung der Schule, zur Mitsprache bei wichtigen Entscheidungen und zur Unterstützung der Lehrkräfte in ihrer verantwortungsvollen Arbeit nicht ungenutzt lassen. Als Elternbeirat erfahren Sie mehr über die Schule. Fragen Sie ruhig nach dem pädagogischen Gesamtkonzept, nach kurzfristigen und langfristigen Zielen und wie sie erreicht werden sollen. Der Elternbeirat kann dazu kompetente Gesprächspartner zu den Sitzungen einladen.
Chancen zur Mitgestaltung
Mit der TIMS-Studie und dann erst recht mit PISA wurden allerlei Schwächen unserer Schülerinnen und Schüler, aber auch des Schulsystems an sich aufgezeigt, die uns ernsthaft beschäftigen müssen. Es zeigte sich, dass unsere jungen Leute schlechter als in manchen anderen Ländern Lösungen bei Aufgaben finden, die sie so nicht geübt haben. Das ist eine Anfrage an die Unterrichtsqualität und den Lebensweltbezug der Schule. Der Elternbeirat kann Informationen zur Gestaltung und der Effizienz des Unterrichts einholen, allerdings sollten die Eltern sich mit “Ratschlägen” zur Unterrichtsgestaltung und mit methodischen Vorschriften zurück halten. Das ist Kerngeschäft der Lehrkräfte.
Es zeigte sich bei PISA aber auch, dass gerade die Länder gut abschnitten, in denen Schule und Lernen hohes Ansehen genießen, in denen die Eltern sich für die Schule interessieren und sie unterstützen. Das ist eine Anfrage an die Eltern in Deutschland. Auch hierzulande stimmt es, dass Schulen, die eng mit den Eltern zusammenarbeiten, insgesamt besser dastehen. Dabei geht es nicht in erster Linie um finanzielle Unterstützung, sondern vor allem um die Übernahme von Verantwortung. Wenn Eltern als Partner willkommen sind und die Möglichkeit der Mitgestaltung wahrnehmen, kann das in vielerlei Hinsicht den Schulalltag bereichern:
- Eltern unterstützen die Lehrkräfte durch Begleitung von Wandertagen oder Fahrten – nicht in der Klasse ihres Kindes;
- Eltern öffnen ihren Betrieb / ihre Praxis für Anschauungsunterricht oder stellen Praktikumsplätze zur Verfügung;
- Eltern organisieren Informationsveranstaltungen zur Berufswahl und stellen sich als Berater/ Referenten zur Verfügung;
- Eltern stellen ihr berufliches Wissen oder ihre Kenntnisse in einem Spezialgebiet (Hobby) zur Verfügung, z.B. PC-Schulung, Schulhausgestaltung, Corporate Design, Sportangebot, Beratung;
- Eltern fördern z.B. den Schüleraustausch, indem sie Gastschüler in der Familie aufnehmen.
- Eltern arbeiten eng mit der Schule zusammen im Bereich Prävention;
- Eltern suchen Sponsoren oder werden selbst Sponsoren.
Sicher gibt es an jeder Schule weitere Möglichkeiten, wie Eltern die Schule unterstützen können. Ein aktiver Elternbeirat wird möglichst viele Eltern einbeziehen und beschränkt sich längst nicht mehr auf das sprichwörtliche Kuchenbacken zum Sommerfest. Durch ihre Berufstätigkeit sind Eltern meist besser mit den Veränderungen der Gesellschaft und Anforderungen der Arbeitswelt vertraut und können durch ihr Engagement wichtige Prozesse der Schulentwicklung anstoßen und begleiten. Schulordnung und Gesetze sind bei wirklich vertrauensvoller Zusammenarbeit Leitfaden, aber nicht vorrangig.
Schulleitung und Kollegium als Partner des Elternbeirats
Voraussetzung ist allerdings, dass die Schule das auch will. Die Offenheit der Schulleiterin oder des Schulleiters für die Zusammenarbeit mit den Eltern ist hier ganz entscheidend. Renate Hendricks, von 1998 bis Mai 2004 Vorsitzende des Bundeselternrates und Mutter von fünf Kindern, sagte in einem Interview mit der ZEIT (Nr. 22/2004) sehr deutlich: “Die Schule ist ein System, in dem Eltern mit ihren Kindern ums Überleben kämpfen. Und die Lehrer sind die Mächtigeren. Sie machen den Unterricht, und sie vergeben die Zertifikate, die über Wohl und Wehe der Kinder und ihrer Lebenswege entscheiden.” Ja, es stimmt, es gibt leider immer noch Schulen, wo Eltern sich zu Recht unwohl fühlen, weil sie deutlich spüren, dass sie nicht willkommen sind und ihre Meinung nicht zählt. Solange durch genügend Kinder die Schülerzahlen gesichert waren, ließen sich vielleicht alte “Herrschaftsansprüche” noch halten, die sich z.B. im Zurückhalten oder zäher Weitergabe von Informationen, in mangelnden Umgangsformen und geringer Gesprächsbereitschaft der Lehrkräfte äußerten.
Je weniger Kinder es aber gibt, und je bewusster die Eltern die Schulen für ihre Kinder aussuchen, desto transparenter und kooperativer müssen die Schulen werden. So gibt es inzwischen nicht wenige Schulen, an denen gute Entwicklungen von den Eltern mit angestoßen und vorangetrieben wurden und die Lehrkräfte es als Entlastung empfinden. Sei es in der Nachmittagsbetreuung oder im Schulentwicklungsprozess, bei der Erarbeitung der Schulverfassung oder der Gestaltung des Schulhauses. Eltern bringen ihre Fähigkeiten als Juristen, Grafiker, Handwerker, Informatiker, Organisationsentwickler und Trainer in verschiedensten Gebieten ein. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass auch in finanziell schwierigen Zeiten die Kinder eine zukunftsorientierte, umfassende Schulbildung erhalten.
Zugegeben, nicht immer sind die Aufgaben des Elternbeirats so interessant und angenehm wie gerade beschrieben. Naturgemäß sammeln sich beim Elternbeirat alle Anliegen und Vorfälle, die schlecht laufen, wo es an gegenseitigem Verständnis, an Offenheit oder Transparenz fehlt. Es ist eine offizielle Aufgabe des Elternbeirats, sich für Vertrauen und Einvernehmen zwischen Eltern und Lehrkräften einzusetzen. Da gilt es, Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel sind oder auch längere Wege im Kauf zu nehmen, wenn sich die Probleme an der Schule nicht klären lassen.
“Kann der Elternbeirat überhaupt etwas erreichen?”
ist dann eine häufig gestellte Frage. Ja, er kann! Grundsätzlich sind im Erziehungsgesetz und in den Schulgesetzen für die einzelnen Schularten die Befugnisse des Elternbeirats geregelt. Jeder Elternbeirat sollte diese Gesetze kennen, d.h. sich einmal die für seine Schulart gültigen einschlägigen Artikel und Paragrafen genau anschauen. Schulordnungen gibt es im Buchhandel und im Internet, wenn Sie sie nicht in der Schule ohnehin bekommen. Im Laufe der letzten Jahre wurden aufgrund der Arbeit der Elternvertreter die Elternrechte deutlich klarer formuliert, die Mitsprachemöglichkeiten auf verschiedene Gebiete ausgedehnt. So können Elternbeiräte jetzt z.B. auch in der Lehrerkonferenz zu wichtigen Themen Stellung nehmen und ihre Meinung dem gesamten Kollegium vortragen. Die Kompetenzen des Schulforums wurden erweitert. Elternvertreter werden auch an Lehrplan- und Bildungskommissionen beteiligt und habe dort aktive Mitwirkungsmöglichkeiten, die genutzt werden sollten.
Es ist also sehr wichtig, dass vom Kindergarten an sich die Eltern engagieren und das tägliche Umfeld der Kinder und Jugendlichen beobachten, unterstützen und korrigieren. In jedem Fall geht es um das Wohl und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. So kann es durchaus vorkommen, dass der Elternbeirat auch Missstände und Fehlentwicklungen aufgreift, deren sich die Schule nicht bewusst ist oder die bekannt sind, aber nicht abgestellt werden. Das kann einige Geduld und Hartnäckigkeit erfordern, bringt häufig auch ungerechte Angriffe und einseitige Behauptungen mit sich. Gerade in solchen Fällen ist es gut, wenn der Elternbeirat als Gremium berät, das Gespräch mit den Betroffenen sucht und “der Schulfrieden” möglichst schnell wieder hergestellt wird. Wird keine einvernehmliche Lösung gefunden, können professionelle Berater hinzugezogen werden.
Ich habe immer wieder erlebt, dass Schwierigkeiten durch die Vermittlung des Elternbeirats bereinigt wurden. Voraussetzung ist ein wertschätzender und höflicher Umgang miteinander, so dass die Anliegen sachlich besprochen und gelöst werden. Eine langjährige Forderung von Eltern ist, dass es sinnvolle Lösungen geben muss, wenn z.B. dauerhaft gravierende Schwierigkeiten auftreten, sei es im menschlichen Umgang oder bei der Unterrichtsqualität. Die nachhaltige Aversion gegen Unterricht und Lernen oder auch Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsentwicklung, die durch unprofessionelles Verhalten von Lehrkräften bei Kindern entstehen, können wir uns nicht mehr leisten. Es muss eine Handhabe geben, die Kinder vor dauerhaft unfähigen oder unwilligen Lehrkräften zu schützen. Durch gute Regelungen wäre auch mancher Burn-out bei Lehrkräften zu vermeiden.
Elternrechte – Elternpflichten
Ebenso gilt aber: es muss auch Möglichkeiten für die Schule geben, von Eltern die nötige Unterstützung und Erziehung der Kinder einzufordern. Lehrer müssen ihren Unterricht in einer angemessenen, förderlichen Atmosphäre halten können. Eine Gratwanderung und Herausforderung für alle in unserer Gesellschaft, die sich effektive Schulen wünschen! Folgen wir dem Beispiel der Schweiz, wo in einigen Kantonen die Teilnahme an Elternabenden verpflichtend ist? Wäre es überhaupt denkbar, dass wie in Dänemark zu Schuljahresbeginn die Eltern über mehrere Wochen an Elternabenden teilnehmen (müssen), damit sie die wichtigsten Informationen über Lehrpläne, Unterrichtsmethoden, Verhaltensregeln und Elternarbeit bekommen? Spätestens seit der Katastrophe von Erfurt ist wohl klar, dass eine Zusammenarbeit von Eltern und Schule viel wichtiger ist, als wir bisher oft meinten. Aber wie schaffen wir es denn in unserer individualisierten Gesellschaft, dass Eltern sich wieder für die Schule engagieren – auch über die Belange ihrer eigenen Kinder und der im Gesetz vorgeschriebenen Pflichten hinaus? Hier kann ein kreativer Elternbeirat wichtige Impulse geben!
Anerkennung motiviert
Wenn es zu den eher unangenehmen Aufgaben des Elternbeirats gehört, bestehende Probleme zu lösen, so ist es umso schöner, die Höhepunkte des Schuljahres mitzugestalten oder die Leistung einzelner Lehrkräfte und Schüler durch Lob zu würdigen. Der Elternbeirat kann eine “Kultur der Anerkennung” in der Schule bewirken, wenn es selbstverständlich wird, dass besondere Leistungen von Schülern, Lehrern und Schulleitung wahrgenommen und bekannt gemacht werden. Es ist bedauerlich, dass bei uns materielle Anerkennung, z.B. ein Geschenk sehr leicht als Bestechung angesehen werden kann und eine positive Haltung dadurch oft gebremst wird. Aber mit etwas Phantasie findet man doch Möglichkeiten, Lob und Wertschätzung auszudrücken. Ein Kuchen am Jahresende mit einem Dankbrief, eine Einladung zum sommerlichen Grillen oder zum adventlichen Kamingespräch mit Glühwein ist eine gute Möglichkeit für den Elternbeirat, das Kollegium besser kennen zu lernen und den Dank zu zeigen. Wenn man sich kennt, lassen sich auch Meinungsverschiedenheiten meist schneller ausräumen. Das sonst übliche Misstrauen ist verschwunden. Jeder geht davon aus, dass auch der andere das Beste für die Schülerinnen und Schüler will.
Lehrkräfte und Eltern – beide sind Fachleute
Dass die Lehrerinnen und Lehrer als ausgebildete Pädagogen Fachleute für Unterricht und Erziehung sind, wird meistens akzeptiert. Den Eltern aber wird oft die Kompetenz abgesprochen, weil sie in der Regel nicht als Erzieher oder Pädagogen ausgebildet wurden. Ja, da könnte der Kern des Problems liegen: Kinder kann man ohne Vorbildung bekommen! Solange sich das nicht ändert, haben wir mit dem scheinbaren Unterschied der Professionalität bei der Begegnung von Eltern und Lehrern zu tun. Und doch: werden nicht Eltern durch den täglichen Umgang mit ihren Kindern auch zu Profis für Erziehung? Bekommen sie nicht durch die Hilfe bei den Hausaufgaben allmählich auch ein Fachwissen, wie sie es während ihrer eigenen Schulzeit kaum hatten? Sie erleben fast täglich, dass die Kinder etwas nicht verstanden haben, sich aber auch nicht mehr nachzufragen trauen, weil sie schlechte Noten fürchten. Wenn der Unterrichtserfolg ausbleibt, lag es bisher fast immer an den “faulen” Schülerinnen und Schülern. Selten wurde gefragt, ob der Unterricht wirklich engagiert und professionell war.
Nach den PISA-Ergebnissen wurden nun verschiedene Leistungstests eingeführt, über Bildungsstandards diskutiert und die Unterrichtsqualität gemessen. Entscheidend ist, wie wir mit den Ergebnissen solcher Untersuchungen und Tests umgehen. Erst, wenn alle, Schülerinnen und Schüler, Eltern und Schule, in ihren jeweiligen Verantwortlichkeiten daraus Konsequenzen ziehen, wird sich dauerhaft etwas ändern. Es gilt also zu fragen: Wie können wir es besser machen? Und nicht mehr: Wer ist schuld? Wenn es gelingt, dass jeder den anderen in seinem Gebiet als kompetent anerkennt und wir es lernen, Fehler als Hinweis für Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen, hat Qualitätsmessung (Evaluation) ihren Sinn. Dabei kann der Elternbeirat wichtige Hilfe leisten, z.B. durch Umfragen bei den Eltern zur Zufriedenheit mit der Schule und durch konkrete Verbesserungsvorschläge.
Einige konkrete Beispiele
- Der Busraum, in dem sich die Kinder täglich aufhielten, war ein knapp zimmerhoher Raum mit grauen Sichtbetonwänden. Der Elternbeirat lud alle Schülerinnen und Schüler zu einem Malwettbewerb ein, um die Wände zu verschönern. Eine Jury suchte die schönsten Bilder aus, die Gewinner bekamen einen Anerkennungs-Preis und dann wurden die geeigneten Bilder von malerisch talentierten Eltern auf die Busraumwände übertragen. So ist ein Aufenthaltsraum entstanden, der diesen Namen auch verdient.
- Damit die Kinder in der Pause neben Bewegung auch Spaß haben, gestaltete der Elternbeirat den Pausenhof in Eigenbau mit (TÜV-geprüften) Klettergeräten und malte übergroße Spielbretter auf, wo die Kinder selbst als lebendige Mühle- oder Damesteine spielen können.
- Nach der Grenzöffnung zur damaligen Tschechoslowakei wurde auf Initiative eines Lehrers und des Elternbeirats eine Schulpartnerschaft mit einer Schule in Prag begonnen, die vom Elternbeirat weiterhin aktiv gefördert wird.
- Der Elternbeirat fördert einen Kurs in Maschinenschreiben, um die Bedienung der PC-Tastatur im späteren Informatikunterricht zu erleichtern.
- Der Elternbeirat beteiligt sich finanziell und personell an Präventionsveranstaltungen für die verschiedenen Jahrgänge.
- Der Elternbeirat stiftete einen “Sozialpreis” zur Anerkennung besonderen Engagements für die Schulgemeinschaft. Dadurch soll betont werden, dass auch soziale Kompetenz zur Persönlichkeitsentwicklung gehört, auch wenn sie nicht als Schulfach unterrichtet und bewertet wird.
- Um sich über Projekte, Ziele und Initiativen unterrichten zu lassen, lädt der Elternbeirat immer wieder einzelne Lehrkräfte zu den Sitzungen ein. So bekommt er wichtige Informationen für die Verteilung der Elternspende.
- Da viel beschäftigte Eltern mit ihrer Zeit geizen, müssen Elternabende attraktiv und sinnvoll sein. Deshalb machte der Elternbeirat zunächst eine Umfrage, um heraus zu finden, welche Themen die Eltern interessieren. Dann wurde eingeladen zu einer Veranstaltung zum Thema Angst. Angst vor Veränderung, Prüfungsangst, Zukunftsangst und ähnliche Themen werden in Workshops behandelt. Die Besucher können hintereinander an zwei Gruppen teilnehmen, ehe im Plenum ein gemeinsamer Abschluss gemacht wird. Es war ein gut besuchter Elternabend, über den auch in der Presse ausführlich berichtet wurde.
- Selbstverständlich engagiert sich der Elternbeirat auch weiterhin beim Schulfest. Ein vegetarisches asiatisches Gericht findet seit Jahren reißenden Absatz. Angetan mit großen Schürzen haben die Elternbeiräte dabei viele Gesprächsmöglichkeiten.
- Als Dank für die Arbeit mit den Kindern lädt der Elternbeirat das Kollegium einmal jährlich zum Grillen ein und einmal zum Kamingespräch. Es kommen längst nicht alle und meistens dieselben Personen, aber so lernen wir uns in einer entspannten Situation besser kennen. Das hilft dann auch bei problematischen Gesprächen.
- Der Elternbeirat beteiligt sich an der Schulentwicklungsgruppe – nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber eine gute Möglichkeit, das Potenzial der Schule zu erfassen und gemeinsame Ziele zu setzen, z.B. durch Themenvorschläge für Treffen von Eltern und Lehrkräften oder einem Pädagogischen Tag. Etwa: „Wie gehen wir an unserer Schule mit Genderthemen um?“ „Wie werden die Erkenntnisse der Lern- und Hirnforschung bei uns im Unterricht umgesetzt?“ und andere aktuelle Themen.
Zusammenarbeit um jeden Preis!
Lange Zeit war der Alcuin-Award, benannt nach Alcuin, dem “Kultusminister” von Karl dem Großen, der einzige Preis für gute Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule. Er wird jedes Jahr im November im Rahmen der Herbstplenarsitzung der Europäischen Elternvereinigung (European Parents’ Association / EPA) in der Kulturstadt Europas verliehen. Inzwischen gibt es weitere Preise wie den Carl-Bertelsmann-Preis der Stiftung Bertelsmann und den i.s.i.-Schulinnovationspreis der Stiftung Bildungspakt Bayern, für dessen Verleihung die Zusammenarbeit der Schule mit den Eltern ein wichtiges Kriterium ist. Informationen finden Sie im Internet.
Und jetzt?
Wenn Ihr Kind Ihnen demnächst die Einladung zur Elternbeiratswahl bringt: überlegen Sie nicht lange. Gehen Sie hin! Es ist Ihr Recht – und in gewisser Weise eben auch Ihre “Pflicht” – als Eltern mit zu bestimmen, wer die Interessen der Kinder an der Schule, gegenüber Behörden und außerschulischen Partnern vertreten soll. Wenn der Artikel Ihnen gezeigt hat, dass alles “halb so wild” ist, dass jeder mit seinen Fähigkeiten gebraucht wird, und dass Ihr Kind voraussichtlich keine Nachteile hat, dann kandidieren Sie doch selbst auch für den Elternbeirat. Sie werden aus erster Hand informiert und können durchaus mit Ihrer Meinung die Schule auch prägen. Es erfordert Zeit, auch etwas Geld, da die Arbeit des Elternbeirats ehrenamtlich ist.
Und sollten Sie gewählt werden: als ich zur Vorsitzenden der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern gewählt wurde und mich fragte, ob ich dieser Aufgabe gerecht würde, tröstete mich mein Vorgänger: “Gibt der Herr ein Amt, dann gibt er auch Verstand.” So habe ich es immer wieder erlebt. Mit Interesse und Offenheit habe ich mich eingearbeitet und entdeckte Fähigkeiten, von denen ich vorher nichts wusste. Das Internet ermöglicht uns den schnellen Zugang zu wichtigen Informationen. Je kompetenter man wird, desto mehr erkennt man dann, wie wichtig das Engagement der Eltern für unsere Jugendlichen ist. Sie haben keine andere Lobby als uns.
Hilfreiche Internet-Adressen
- Bertelsmann Stiftung: Forum für Themen, Sammlung von wichtigen Artikeln, Projekten Videos
- Bildungspakt Bayern: i.s.i.-Preisträgerschulen aller Schularten
- Deutscher Bildungsserver
- Infozentrum f. internat. Päd. Forschung
- Institut für Schulentwicklungsforschung
- Initiative Qualität in Schulen: Material
außerdem die Bildungsserver der einzelnen Bundesländer und der Elternverbände.
Literatur
- Birkenbihl, Vera F. (2010): Kommunikationstraining. Zwischenmenschliche Beziehungen erfolgreich gestalten. Landsberg a. Lech: mvg.
- Hanns-Seidel-Stiftung (Hrsg.) (2002): Leitfaden für Elternbeiräte. München. www.hss.de
- Rasfeld, Margret u. Breidenbach, Stephan (2014): Schulen im Aufbruch, Eine Anstiftung, Kösel-Verlag, München.
- Rauscher, E. (2003): Verhalten vereinbaren: Schulkultur im Dialog. Wien: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.
- Riegel, E. (2004): Schule kann gelingen. Wie unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen. Frankfurt am Main: S. Fischer.
- von Schnurbein, Barbara (2002): Lernen mit Freude und Erfolg. Wie Eltern ihre Kinder beim Lernen unterstützen können. Wuppertal: Oncken.
- von Schnurbein, Barbara; Kaiser, Karl-Otto; Leuthner, Maria-Anna (2012): Die TEMP-Methode ® im Bildungsbereich, Das Konzept für Ihre Schule mit Schnelltest, tempus-Consulting.
Autorin
Barbara v. Schnurbein, M.A. Slavistik/Anglistik, Trainerin für Zeitmanagement und Lebensbalance. verheiratet, fünf Kinder, 1980- 2004 Elternbeirätin, 1997-2001 Vors. der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern. 1999 Mitbegründerin von “FORUM Partnerschaft Elternhaus und Schule” . Verschiedene Publikationen zu Erziehung, Lernen und Schulentwicklung. Seit 2001 ehrenamtliches Engagement für Bildung im Rahmen der gGmbH nehemiah-gateway.org in Albanien.
Illustrationen von Werner Tiki Küstenmacher
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