Wie gut oder schlecht können Schüler in Deutschland lesen und schreiben?
Stiftung Mercator
Bildungsstudien lösen häufig eine Debatte darüber aus, ob Kinder und Jugendliche immer schlechter lesen und schreiben. Das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln ordnet die Ergebnisse der Studien in einem Faktencheck ein und informiert über wissenschaftlich fundierte Lese- und Schreibförderung.
Große Bildungsstudien (wie z. B. IGLU, PISA, IQB-Bildungstrends) zeigen, dass sich die Leseleistungen bezogen auf die gesamte Schülerschaft verbessert haben oder zumindest weitgehend stabil geblieben sind. Verschlechtert hat sich allerdings der Bereich Rechtschreibung. Das hat zuletzt der IQB-Bildungstrend für Grundschüler am Ende der vierten Klasse gezeigt. Die Studie hat außerdem eine bundesweite Debatte ausgelöst, weil sich im Vergleich zwischen den Bundesländern Verschiebungen gezeigt haben: Länder, die vormals gut abgeschnitten hatten, wiesen schlechtere Ergebnisse auf. Im internationalen Vergleich zeigten Grundschulkinder am Ende der vierten Klasse in 20 Staaten bessere Leistungen als deutsche Kinder. Dort nimmt Deutschland einen schlechteren Platz ein als zuvor.
„Wir müssen schauen, wie wir die schwächeren Schüler, die immerhin rund ein Fünftel ausmachen, bestmöglich fördern und unterstützen können“, sagt Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache.
Bildungserfolg hängt vor allem vom sozialen Hintergrund ab
Zwei Faktoren, deren Einfluss auf die Lese- und Schreibleistungen diskutiert wird, sind der Migrationshintergrund und die soziale Herkunft. So erzielen Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Leistungen als solche ohne Migrationshintergrund. Der Abstand hat sich jedoch seit den ersten großen Bildungsstudien im Jahr 2001 verringert. Außerdem wird der Unterschied kleiner, wenn der soziale Hintergrund berücksichtigt wird: Der Leistungsrückstand reduziert sich bei Schülern aus ähnlichen finanziellen, Bildungs- und Familienverhältnissen. Damit zeigt sich: Bildungserfolg hängt vor allem vom sozialen Hintergrund ab. „Anstatt die Debatte immer wieder auf migrationsbedinge Unterschiede zu lenken, muss der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Lese- und Schreibleistungen verringert werden. Heterogenität im Klassenzimmer hat viele Facetten, darauf müssen wir alle Lehrkräfte vorbereiten“, fordert Michael Becker-Mrotzek.
Der Faktencheck gibt auch einen Überblick über wissenschaftlich fundierte Fördermöglichkeiten. „Sprachliche Bildung beginnt schon im Elementarbereich: Reimen und Silben klatschen beispielsweise bereiten auf das spätere Lesen und Schreiben lernen vor“, erläutert Dr. Simone Jambor-Fahlen, Autorin des Faktenchecks und stellvertretende Abteilungsleiterin am Mercator-Institut. In der Grundschule spielt dann das Erlernen basaler Fertigkeiten eine wichtige Rolle, etwa flüssiges Lesen: Wer flüssig liest, kann sich besser auf die Inhalte des Textes konzentrieren. „Wir wissen aus der Forschung, dass zur Förderung Lautlesetrainings besonders wirksam sind, zum Beispiel, wenn stärkere und schwächere Schüler im Tandem gleichzeitig laut lesen,“ ergänzt Simone Jambor-Fahlen.
Das Mercator-Institut wird künftig verstärkt empirisch gesicherte Kenntnisse zu sprachlicher Bildung für Akteure außerhalb der Wissenschaft aufbereiten. So will das Mercator-Institut einen Beitrag zu einer faktenbasierten Debatte über die erfolgreiche Gestaltung von Bildung leisten.
Den Faktencheck „Entwicklung der Lese- und Schreibleistungen“ können Sie hier herunterladen.
Ein Videointerview mit der Autorin Dr. Simone Jambor-Fahlen finden Sie hier.
Weitere Informationen zum Basiswissen sprachlicher Bildung können Sie hier einsehen.
Quelle
eingestellt am 22. Juni 2018