Studie zur Smartphone-Nutzung: Zwischen Gruppendruck und Lebenserleichterung

Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen

64 Prozent der 8- bis 14-Jährigen können über das Handy bzw. Smartphone auf das Internet zugreifen. Bei den 13- und 14-Jährigen sind es bereits 86 Prozent. Zahlen, die verdeutlichen, wie präsent mobile (Online-)Kommunikation für Kinder und Jugendliche geworden ist. Was bedeuten diese Zahlen für die Lebenswelt von Heranwachsenden? Wie wird das Smartphone im Alltag genutzt? Welche Potenziale und Gefahren stecken dahinter? Wie wirkt sich die digitale Kommunikation auf das Miteinander im Freundeskreis und in der Familie aus? Diesen und weiteren Fragen sind Forscher der Universität Mannheim im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) nachgegangen.

Die Ergebnisse der neuen LfM-Studie “Mediatisierung mobil. Handy- und mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen”präsentierten die Wissenschaftler am 1. Oktober 2015 im Rahmen der Fachtagung “Always On! Wie Kinder und Jugendliche Smartphones nutzen” in Düsseldorf.

21 Prozent der Befragten mit auffällig starker Handynutzung; acht Prozent “suchtgefährdet”

Hinsichtlich der Bindung zu ihrem Mobiltelefon zeigen sich bei den befragten Kindern und Jugendlichen erkennbare Unterschiede. Prof. Dr. Peter Vorderer: “Viele sind in der Lage, auch längere Zeit ohne das Handy oder Smartphone auszukommen. Etwa 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen jedoch eine sehr starke Bindung auf.” Dies äußere sich unter anderem dadurch, dass sie “ständig an das Mobiltelefon denken, es auf neue Nachrichten überprüfen oder zum unspezifischen Zeitvertreib nutzen.” Acht Prozent von ihnen seien so stark involviert, dass sie “als suchtgefährdet bezeichnet werden müssen”.

Smartphone im Freundeskreis

Die hohe Smartphone-Nutzung hat deutliche Auswirkungen auf die Beziehung zu Gleichaltrigen: Als positive Effekte für Freundschaften untereinander nennen die Wissenschaftler z. B. das gemeinsame Anschauen von Fotos und Videos oder das gemeinsame Handyspielen. Allem voran kommt dem Handy aber eine herausragende Bedeutung als Kommunikationsmittel zu, das die Bindungen untereinander stärkt, so Dr. Dorothée Hefner. Hier liegt aber auch die Schattenseite der vermehrten Handynutzung: Cybermobbing, Sexting und Happy Slapping sind dabei Verhaltensweisen mit besonders weitreichenden Folgen für die Heranwachsenden. Etwa zehn Prozent haben Cybermobbing bereits als Täter oder Opfer erlebt, zwischen 4 und 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben bereits Happy Slapping erfahren oder sexualisierte Fotos von sich verschickt. Auffällig ist laut Dr. Karin Knop auch die Angst, etwas zu verpassen und aus dem Kommunikationsfluss ausgeschlossen zu sein (Fear of missing out, FoMO): “Dies ist der stärkste Erklärungsfaktor für unkontrollierte, exzessive und risikobetonte Handynutzung. Wenn Kinder und Jugendliche zusätzlich einen hohen Anpassungsdruck an ihren Freundeskreis verspüren und dieser Freundeskreis eine ‘Always-on’-Mentalität lebt, lassen sie sich besonders stark durch ihr Handy ablenken.”

Smartphone in der Familie

Handys und mobiles Internet bringen im familiären Alltag einerseits viele Erleichterungen. Eltern und Kinder sind sich einig: Der größte Vorteil ist die vereinfachte Kommunikation und Alltagsorganisation. Man kann sich unkompliziert verabreden, etwas nachfragen, Bescheid geben und ist besser für Notsituationen gewappnet. Im alltäglichen Familienleben kommt es allerdings auch zu Reibungspunkten. So ist vor allem das zeitliche Ausmaß des kindlichen Handykonsums Grund für Konflikte. Aktive Handyerziehung, die über Restriktionen und Regelungen hinausgeht, wird offenbar auch dadurch erschwert, dass das Handy vorrangig ein mobil und individuell genutztes Medium mit kleiner Bildschirmgröße und privatem Charakter ist, und sich deshalb dem unmittelbaren Einfluss der Eltern entzieht.

Impulse für die Pädagogik: “Kommunikation und menschliches Miteinander”

Die Studie bietet zahlreiche Impulse und Anknüpfungspunkte für Eltern und die pädagogische Arbeit. Zwar besitzen Kinder und Jugendliche bei der Handhabung von Geräten und Apps oft einen Wissens- bzw. Bedienungsvorsprung vor Eltern und Lehrkräften – eine Tatsache, die für LfM-Direktor Dr. Jürgen Brautmeier jedoch einen aufholbaren Rückstand darstellt: “Die Studie zeigt, dass beim Großteil dessen, was mit dem Handy und mobilen Internet betrieben wird, es um Kommunikation und menschliches Miteinander geht. Hier haben Erziehende wiederum einen Vorsprung, der sie dazu ermuntern sollte, mit Kindern und Jugendlichen über die Nutzung ins Gespräch zu kommen.” Auch hierzu biete die LfM-Studie Impulse.

Weitere Informationen

Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Studie, weitere Informationen sowie den Tagungsbericht.

Quelle

Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen

 

Erstellt und zuletzt geändert am 2. Oktober 2015