Kinder- und Familienfernsehen aus der Sicht der Eltern

Maya Götz

Eltern machen sich viele Gedanken über den Fernsehkonsum ihrer Kinder. Vor allem darüber, welche Sendungen für ihre Kinder geeignet sind und welche nicht. Gerne werden am Wochenende gemeinsame Familiensendungen wie Quiz- und Rateshows angeschaut. Wünschenswert sind Fernsehformate zum Mitdenken, Mitfühlen und zur Wissensvermittlung. Zudem soll Fernsehen Spaß machen. Nachfolgender Artikel gibt einen Überblick über den Forschungsstand aus Elternsicht und bezieht die Fernsehlandschaft der vergangenen Jahre mit ein.

Im Alltag finden Eltern (notgedrungen) Wege, mit den Anforderungen des Themas “Fernsehen und Familie” umzugehen. Sie entwickeln – zum Teil mit hoher Kreativität – Regeln, die sie versuchen, nach ihren Wahrnehmungen im Alltag auszuhandeln. Neben der Beschränkung der Zeit vor dem Fernseher sind Zugangskontrolle und (bei jüngeren Kindern) die eigene Anwesenheit in der Rezeptionssituation von Eltern frei genannte Dimensionen ihrer Regeln. Die häufigste Einflussnahme richtet sich jedoch auf den Inhalt, und Eltern versuchen, für ihre Kinder geeignete Sendungen auszuwählen bzw. diese zu empfehlen. Eltern beurteilen ein Programm dabei vermutlich häufig von ihrem eigenen ästhetischen Empfinden her, von ihren Wünschen (lehrreich) und Vorbehalten (Gewalt) aus. Die tradierten und auch im öffentlichen Diskurs als Qualitätsprodukte diskutierten Angebote stehen hier ganz oben auf der Hitliste der für Kinder geeigneten Programme. Dies sind häufig auch die Sendungen, die die Eltern selber als Kinder auch schon gesehen haben. Neben den “Klassikern” finden sich hier auch neuere Formate. Als für Kinder nicht geeignete Programme werden hauptsächlich die Sendungen genannt, die auch öffentlich kritisch diskutiert werden: “Pokémon” (RTL 2), “Digimon” (RTL 2) und die “Teletubbies” (KI.KA/ARD). Bei allen Sendungen ist der Hauptgrund für Eltern, sie als ungeeignet zu nennen, ein nach ihren Wahrnehmungen gewalthaltiger Inhalt.

Bei einem für die ganze Familie geeigneten Angebot fordern Eltern – als junge, engagierte Erwachsene – auch Spaß für sich selber ein. Inhaltlich sollen die Programme für alle etwas Wissenswertes, etwas zum Mitdenken, zum Mitfühlen und zum Darüberreden bieten, was möglichst auch noch über die Sendungen hinaus anregt. Dabei sollten sie die Kinder nicht überfordern, keine Gewaltdarstellung enthalten und sich in den Alltag von Familien einpassen. Neben den tradierten Qualitätsvorstellungen, die an eine Sendung gerichtet werden, stellen Eltern die Familie vor dem Fernseher in den Mittelpunkt. Die Angebote sollen Gemeinsamkeit ermöglichen und nicht behindern.

Eltern fordern ein Programm, mit dem sie etwas anfangen können, das sie für sich und ihren Alltag in der Familie nutzen können: Für die einen ist ein ästhetisch und inhaltlich anspruchsvolles Angebot gefragt – namentlich oft in Verbindung mit öffentlich-rechtlichen Sendungen genannt – andere Familien genießen Sendungen, die nicht zu inhaltsschwer oder zu dominant in der Rezeptionssituation sind – namentlich oft mit Sendungen der RTL-Gruppe und “Wetten, dass …?” (ZDF) verbunden. Vom Fernsehangebot wird Vielfältigkeit gefordert. Hier gilt es, die aus Sicht der Eltern bestehende scharfe Trennlinie innerhalb des Dualen Systems aufzubrechen und weitere, für Familien geeignete Formate zu finden. Dies umzusetzen fordert von den Produzierenden Kreativität und eine Grundhaltung, die Familien ernst nimmt, so wie sie sind, die sie in ihrem Alltag unterstützt, ihnen anbietet, was sie wollen, ohne dabei inhaltliche und ästhetische Qualitätsansprüche und Verantwortungsbewusstsein zu verlieren.

Quelle

Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI): TELEVIZION 14/2001/1, S. 41 – 48

Autorin

Maya Götz, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI), München

Den vollständigen Fachbeitrag finden Sie hier:

Kinder- und Familienfernsehen (PDF-Datei, 13 Seiten, 506kB)

Erstellt am 4. Februar 2002, zuletzt geändert am 1. März 2010