Gesundheitsamt – öffentlicher Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
Dr. Holger Meireis
Für die medizinische Behandlung von Kranken sind im deutschen Gesundheitswesen im Wesentlichen Arztpraxen und Kliniken zuständig. Kinder und Jugendliche werden demnach hauptsächlich ambulant von niedergelassenen Kinderärzten oder stationär von Klinikabteilungen betreut; dazu kommen in Niedergelassenenbereich noch bestimmte Fachdisziplinen wie Augenärzte, Orthopäden, Kinder- und Jugendpsychiater usw. sowie Spezialinstitutionen wie die Sozialpädiatrischen Zentren.
Das kinder- und jugendärztliche Aufgabenfeld der Gesundheitsämter hingegen umfasst vorrangig Beratung, Hilfestellung, Kommunikation und gegebenenfalls Begutachtung auf denjenigen Gebieten, in denen medizinische sowie institutionelle erzieherische und schulische Belange mitsamt ihrer jugend- und sozialhilferechtlichen Aspekte zusammengeführt werden müssen.
Konkret betrifft das hauptsächlich die folgenden Themenbereiche:
- Vertretung der gesundheitlichen Aspekte in der vor- und außerschulischen sowie schulischen Betreuung und Förderung der entwicklungsauffälligen, behinderten, von Behinderung bedrohten und der chronisch kranken Kinder und Jugendlichen,
- Hilfestellung für sozial und gesundheitlich benachteiligte Kinder und Jugendliche,
- Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung in den öffentlichen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche (Kindertagesstätten, Schulen),
- hygienische Beaufsichtigung der Kindereinrichtungen einschließlich des Umgang mit Infektionskrankheiten.
Die besondere konzeptionelle Stärke des öffentlichen Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes (KJGD) ergibt sich einerseits aus seiner Einbindung im kommunalen Gesundheitsamt – das beinhaltet Verbindungen zu den unterschiedlichen übrigen Public-Health-Fachdisziplinen (Hygiene, Infektiologie, Sozialmedizin, Jugendzahnmedizin, Sozialpsychiatrie usw.) – und andererseits aus seinen institutionellen kommunalen Zusammenarbeitsbezügen:
- Soziale Dienste, Jugendamt, Sozialamt,
- Kindertagesstätten,
- Schulaufsicht und Schulen,
- Frühförderstellen,
- Arztpraxen, Kliniken und andere Institutionen des medizinischen Versorgungssystems i.e.S.
Eine weitere Stärke des KJGD ist der niedrigschwellige und formalitätenfreie Zugang: man kann sich mit seiner jugendgesundheitlichen Fragestellung spontan vorstellen, informieren und beraten lassen; es bedarf keiner Überweisung oder vorherigen Klärung von Kostenfragen.
Der KJGD ist damit sowohl für Eltern zugänglich als auch direkt für ältere Kinder und Jugendliche. In gleicher Weise können sich Mitarbeiter/innen aus dem Bereich des Jugend-, Sozial-, Erziehungs- und Bildungswesens mit einschlägigen Problemen unmittelbar an den KJGD wenden.
Weiterführende Informationen und Literatur
H. Meireis: Auftrag des öffentlichen Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes, KiPra 5, 2000, 287-293
Autor
Dr. Holger Meireis leitet das Gesundheitsamt Wiesbaden
Erstellt am 8. September 2003, zuletzt geändert am 6. August 2014