Unterstützung für Familien mit Neugeborenen – das Konzept „wellcome“
Angela Roth
Die ersten Wochen mit einem Neugeborenen können manchmal sehr aufreibend sein: Freude und Stolz wechseln sich ab mit Erschöpfung und Unsicherheit. Der Alltag muss neu organisiert werden und es braucht Zeit sich, in die (neue) Rolle als Mutter, Vater oder Geschwisterkind einzufühlen.
Da ist tatkräftige Unterstützung von Familie, Freunden und Nachbarn sehr willkommen! Aber nicht alle frisch gebackenen Eltern können auf ein funktionierendes soziales Netzwerk zurückgreifen – sei es, weil die Großeltern weit weg wohnen, man alleinerziehend ist, der/die Partner/in beruflich stark eingebunden oder neu in der Stadt ist.
Welche Idee steckt hinter wellcome?
Wellcome versteht sich als eine innovative und moderne Form der Nachbarschaftshilfe. Ehrenamtliche Mitarbeiter/innen gehen in die Familien und helfen so, wie sonst Familie, Freunde oder Nachbarn helfen würden. Ziel ist die Familie zu entlasten, um so Überforderung und Stress entgegen zu wirken.
Im Jahr 2006 wurde wellcome von der Uni Kiel auf seine Wirksamkeit hin evaluiert. Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass das Konzept zur Entlastung der Mütter und einer damit verbunden Stärkung der positiven Mutter-Kind-Beziehung beiträgt sowie präventiv das Gewaltpotential senkt.
Für wen ist wellcome gedacht?
wellcome ist kein zielgruppenspezifisches Angebot, sondern richtet sich vielmehr an alle Familien, die
- sich subjektiv hilfsbedürftig fühlen (z. B. Erschöpfung nach Geburt)
- unter besonderen Belastungen leiden (z.B. Mehrlinge, Frühgeborenes, Trennung)
- keine medizinische Indikation haben, welche bezahlte Hilfe ermöglichen würde.
Die Familien entscheiden selbst, ob und wie viel Hilfe sie möchten (Hilfe zur Selbsthilfe) und werden dort erreicht, wo sie leben (Geh-Struktur). Insgesamt ist wellcome damit ein sehr niederschwelliges Angebot der Familienbildung.
Wie sieht die Hilfe in der Familie konkret aus?
Ein/e ehrenamtliche/r Mitarbeiter/in von wellcome kommt in den ersten Monaten nach der Geburt ca. ein bis zwei Mal pro Woche für ein bis zwei Stunden in die Familie und leistet ganz praktische Hilfe: sie wacht über den Schlaf des Neugeborenen, während die Mutter z.B. in Ruhe duscht, holt das Geschwisterkind von der Kita ab, hört zu und spendet Rat. Die Unterstützungsleistungen werden individuell auf die Bedürfnisse der Familie abgestimmt und sind kostengünstig (bis zu 5 € pro Stunde, einmalige Vermittlungsgebühr von bis zu 10 €).
Möglich ist dies nur durch das ehrenamtliche Engagement von mittlerweile 3000 „wellcome-Engeln“ an 200 Standorten bundesweit (Stand: Februar 2013). Im Jahr werden damit rund 10.000 Eltern beraten und alltagsnah unterstützt.
Wie ist wellcome ist die lokalen Strukturen eingebunden?
Ein/e Koordinator/in vor Ort vermittelt die Kontakte zwischen Familien und Ehrenamtlichen, berät über alternative und weiterführende Hilfen und leistet wichtige Netzwerkarbeit mit den Kooperationspartnern vor Ort (Entbindungskliniken, Hebammen, Kirchengemeinden, lokale Medien etc.). Meist haben die hauptamtlichen Fachkräfte einen (sozial-)pädagogischen oder medizinischen Hintergrund und sind erfahren im Umgang mit Kindern und Erwachsenen. Eine Landeskoordination betreut die lokalen Teams, sorgt für die Qualitätssicherung und bietet Fortbildungen und Weiterqualifizierungen an. Ein Interview mit der bayerischen Landeskoordinatorin können Sie in Kürze hier finden.
Website von wellcome
Autorin
Angela Roth ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP).
Erstellt am 24. Oktober 2008, zuletzt geändert am 4. September 2013