Wenn der Akku aufgeladen werden muss: Eine Mutter-Kind-Kur kann entscheidend dazu beitragen
Susanne Grohs-v. Reichenbach
Haben Sie schon einmal von Mutter-und-Kind-Kuren gehört? Was kann diese Form der Kur bringen? Welche Punkte gibt es zu bedenken? Dieser Beitrag spiegelt die Sicht von kurbedürftigen Müttern und basiert auf Gesprächen mit Frauen, die schon persönliche Erfahrungen gesammelt haben.
Wenn Mütter nicht “funktionieren” , wird es häufig eng im Familienalltag. Doch nicht immer können Frauen ihre Aufgaben in Familie, Beruf, sozialem Umfeld und sonstigen Bereichen so perfekt erfüllen, wie sie es selbst möchten: Erschöpfung, körperliche Beschwerden oder psychische Belastungen setzen ihnen zu. Plötzlich ist der Akku einfach wie leergebrannt. Eine Möglichkeit, die notwendige Erholung bzw. Behandlung zu erhalten, ist die sogenannte Mutter-und-Kind-Kur. Dieser mehrwöchige Aufenthalt in einer Fachklinik löst elegant die Frage: “Wohin in dieser Zeit mit dem Nachwuchs?” : Die Kinder können ihre Mutter begleiten. Normalerweise werden Kinder zwischen 3 und 12 Jahren aufgenommen; es gibt aber auch Kliniken, die Kinder ab 0 Jahren zulassen. Inzwischen steht diese Form der Kur übrigens auch Vätern offen.
Welchen Nutzen kann eine Kur stiften?
Natürlich hängt die Antwort davon ab, welches der wichtigste Anlass für eine Frau ist, eine Kur zu beantragen. Gibt es keine spezifischen Anforderungen (wie z.B. die Regeneration nach einer Krebsoperation), sondern stehen eher allgemeine Erschöpfung und deren körperlichen Begleiterscheinungen im Vordergrund, sehen die Mütter drei Dinge, die ihnen vor allem geholfen haben. Und dies nicht nur kurzfristig, sondern über eine längere Zeit hinweg!
1. Ich gewinne Abstand von meinem Alltagsstress
Unser Familienalltag lässt oft keine echten Ruhepausen zu: Einsatz im Job, anstrengende Entwicklungsphasen der Kinder, Schulstress oder gar massive Probleme in der Elternbeziehung sind Beispiele für Belastungen, über die in der Öffentlichkeit wenig berichtet wird. Doch uns Eltern sind sie wohl bekannt. Schlägt die Anstrengung auf Psyche oder Körper durch, können Eltern z.T. nicht mehr in ausreichendem Maß Abstand gewinnen, um notwendige Verbesserung in ihrem Alltag zu erkennen, zu durchdenken und konkret einzuführen.
In der Kur ist genau diese Zeit da, um sich zu regenerieren und sich darüber klar zu werden, wie der Stress im eigenen Leben eingeschränkt werden könnte. Der Abstand von zu Hause schafft einen klaren Blick auf die eigene Situation. Angebote vor Ort wie psychologische Beratung, Stressgruppen oder Erziehungsberatung können wichtige Impulse geben. Es ist für viele Mütter eine sehr motivierende Erfahrung, wenn ihre persönlichen Alltagssorgen und Belastungen von Fachkräften ernst genommen werden.
Folge: Stress und dessen Folgeerscheinungen werden reduziert, die Erholung setzt ein.
2. Die Entlastung von Haushalt, Erwerbsarbeit und sonstigen Verpflichtungen tut mir gut
Wer für einige Wochen die gesamte Hausarbeit abgenommen bekommt, kann diese gesparte Energien quasi wieder ansammeln. Es ist für viele Mütter z.B. ein echter Gewinn, die Mahlzeiten fix und fertig vorzufinden und z.T. auch ohne Kinder einnehmen zu können. Wenn es nur die Uhrzeiten für therapeutische Anwendungen und die Öffnung der Kinderbetreuung zu beachten gilt, ist es für die Mutter viel weniger anstrengend als zu Hause mit dem vollgepackten Terminkalender. Allein durch diese Entlastung kann der Körper wieder Kräfte gewinnen und die geistige Frische zunehmen. Auch wenn dieser Effekt nicht am ersten Tag gleich spürbar ist, sondern vielleicht eine gewisse Zeit braucht, um einzutreten, so wird er doch von kurbegeisterten Müttern eindeutig beschrieben.
Folge: Der Energiehaushalt kommt wieder ins Gleichgewicht.
3. Linderung körperlicher Beschwerden/ Nutzung von Beratungsmöglichkeiten
In der Mutter-Kind-Kur wird nach einer Erstuntersuchung durch den behandelnden Arzt oder Ärztin die individuelle Auswahl an Anwendungen verordnet, die zur persönlichen Diagnose passt. Gesundheitliche Themen wie Rückenprobleme, Allergien oder Übergewicht bekommen im Alltag oft nicht die notwendige Aufmerksamkeit, um wirklich angegangen zu werden. Fehlende Zeit für Arztbesuche der Mutter oder deren Erschöpfung stehen z.B. dem regelmäßigen Durchführen von Übungen im Weg – besonders wenn Kleinkinder rund um die Uhr zu betreuen sind. Wenn jedoch über mehrere Wochen gezielt daran gearbeitet werden kann, stehen die Chancen gut für eine dauerhafte Besserung der gesundheitlichen Probleme. Vor allem tut es gut, die eigenen therapeutischen Anwendungen in Ruhe wahrzunehmen, ohne mühsam einen Babysitter organisieren oder zum Termin hetzen zu müssen.
Entspannung ist lernbar – es braucht nur die passende Methode. Ein wichtiger Baustein zum Wohlbefinden und täglichem Aktivsein sind Entspannungsmethoden. Wer sich im Alltag oft überlastet, kann in der Kur etwas tun, um durch Entspannung neue Kraft zu finden. Vielleicht kennen Sie es selbst auch: Zwischen Tür und Angel einen Ratgeber zur Hand nehmen und schnell mit eins, zwei Entspannungstipps den Stress bewältigen wollen – das funktioniert in der Regel nicht. Wenn Mütter sich jedoch in Muße z.B. mit “Progressiver Muskelentspannung” befassen und die Übungen mehrere Wochen für sich ausprobieren, können diese später gut in den Alltag eingebaut werden. Die therapeutischen Angebote finden als Einzelanwendungen oder in der Gruppe statt, so dass auch ein Austausch mit anderen Frauen weiterhelfen kann.
Mutter-und-Kind-Kuren bieten häufig Fachinformation an, die Mütter in ihren Anliegen unterstützt: Ärztliche Vorträge beschäftigen sich z.B. mit Atemtechniken bei Asthma, in heilpädagogischen Referaten werden Themen wie “hyperaktive Kinder” behandelt. Interessant sind auch Beratungen von Diätassistenten, die verschiedenste Ernährungsfragen klären können. Praktische Anleitung z.B. für die Zubereitung von Vollwertkost oder Reduktionskost findet auch in Lehrküchen statt. So können sich Frauen intensiv mit “ihren” Themen auseinander setzten, Neues erfahren und Ideen für ihren Alltag als Familienmütter mitnehmen.
Folge: Die persönlichen “Knackpunkte” werden aktiv angegangen und neue Anregungen für zu Hause mitgenommen.
Was sollte man sich vor einer Kur überlegen, um eventuelle Enttäuschungen vor Ort zu vermeiden?
Bei einem mehrwöchigen Kuraufenthalt kann es für die Mütter und auch für die Kinder Situationen geben, mit denen man so nicht gerechnet hat. Hier werden drei dieser Punkte genannt, die eventuell den Kurerfolg einschränken könnten, – aber auch Tipps gegeben, wie damit umgegangen werden kann.
1. Ihr Nachwuchs kommt mit der Kur nicht so gut zurecht
Besonders bei kleinen Kindern gibt es einige Faktoren, die sie etwas “aus dem Lot” bringen können – und damit die Mütter fordern:
- Die Gewöhnung an die fremde Umgebung und die vielen neuen Gesichter dauert lange – das Kind wird u.U. sehr anhänglich oder schläft nicht wie gewohnt.
- Die Trennung vom Vater und eventuell auch von Geschwistern, die zu Hause geblieben sind, fällt schwerer als gedacht.
- Die Kinderbetreuung ist für das Kind noch nicht Routine; es fühlt sich nicht automatisch wohl dort. Oder das Angebot ist zu knapp bemessen – den Müttern bleibt zu wenig Zeit für sich selbst.
- Durch die vielen Menschen und besonders durch die Nähe zu erkälteten Kleinkindern steigt die Ansteckungsgefahr. Es ist schnell passiert, dass ein heftiger Infekt “aufgeschnappt” wird und auskuriert werden muss. Zwar ist die medizinische Versorgung in der Fachklinik gegeben, aber die Pflege liegt natürlich in den Händen der Mutter.
Tipp: Informieren Sie sich genau über die Form der Kinderbetreuung, die angeboten wird, sowie über die ärztliche Versorgung vor Ort. Wie oft ist die Kinderärztin oder der Kinderarzt zu sprechen? Gönnen Sie sich und Ihren Kindern viel Ruhezeit, um die neuen Eindrücke zu verarbeiten!
2. Die medizinische Versorgung entspricht nicht ganz den eigenen Bedürfnissen
Wenn Sie eine Kur beantragen und in Form eines ärztlichen Attests die Diagnose festgehalten wird, die eine Kur notwendig macht, sollte das Angebot der Klinik zu Ihrem “Profil” passen. Ob eine Einrichtung spezielle Angebote z.B. für Migräne-Geplagte bietet, lässt sich häufig bereits in deren Informationsmaterialien erkennen.
Vor Ort könnte sich die Situation jedoch anders entpuppen: Das erwartete therapeutische Angebot kann nicht wahrgenommen werden. Durch Personalwechsel, Krankenstand, Urlaub oder sonstige “Engpässe” ist die Fachkraft nicht verfügbar oder es kommt zu langen Wartezeiten, bis die Behandlung wirklich beginnt.
Tipp: Wenn für Sie bei dem Kuraufenthalt einzelne Angebote unverzichtbar sind, erkundigen Sie sich vorher genau, ob diese tatsächlich zur Verfügung stehen.
3. Sie kommen trotz Kuraufenthalt nicht zur Ruhe
Der Frust ist kaum zu steigern: Jetzt ist eine erschöpfte Mutter nach zahlreichen Vorbereitungsaktionen schließlich und endlich in der ersehnten Kur, die ihr vieles geben soll. Endlich geht es einmal um ihre eigenen Bedürfnisse. Was passiert? Sie kommt nicht in den erhofften Erholungszustand. Oft rührt dies nicht von erkrankten Kindern oder eigenen körperlichen Beschwerden her, sondern die Unruhe ist “hausgemacht” . Wer sich im Alltag wie ein Hamster im Laufrad dreht, kann oftmals nicht auf Knopfdruck zur Entspannung übergehen. Dazu kommt der Wunsch, alles in der Kur “mitzunehmen” : Die zahlreichen therapeutischen Anwendungen, das sportliche Angebot, die Möglichkeit, neue Hobbys auszuprobieren, Kochkurse und die Gespräche mit gleich gesinnten Müttern – ganz zu schweigen von der Extra-Aufmerksamkeit für den eigenen Nachwuchs und dem Wochenendbesuch von Familie und Verwandten – all diese Aktivitäten können zu Stress in der Kur führen.
Tipp: In diesem Fall ist weniger mehr. Vielleicht tut es auch mal gut, die (erholsame) Langsamkeit zu entdecken…
Praktischer Hinweis
Mutter-und-Kind-Kuren bzw. Eltern-Kuren können über einen Träger wie z.B. den Paritätischen Wohlfahrtsverband beantragt werden. Ein ärztliches Attest für die Mutter und für das Kind oder die Kinder, falls diese ebenfalls behandlungsbedürftig sind, ist vorzulegen. Sind die Kinder Begleitpersonen, ist dies nicht notwendig. Bewilligt wird die Kur entweder von der Krankenkasse oder von der Bundesanstalt für Angestellte. Vergleiche hierzu den Artikel “Müttergenesung/ Mutter-Kind-Kuren”.
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Autorin
Susanne Grohs-v. Reichenbach erzieht mit ihrem Mann zwei Kinder. Sie arbeitet in einem großen deutschen Unternehmen und engagiert sich seit langem ehrenamtlich für gesellschaftliche Zwecke, u.a. als Fachautorin und Moderatorin von Veranstaltungen.
Erstellt am 12. Mai 2003, zuletzt geändert am 5. November 2013