Drei Wege aus dem Alltags-Chaos!
Beatrice Bachmann
Alltag mit Familie, Beruf und Haushalt fordert häufig vollen Einsatz. In unserer Ehe- und Familienberatung fragen Eltern häufig nach Tipps, wie sie Zeit, Kraft und Nerven sparen und zur Verfügung stehende Ressourcen zielgerichtet und effektiver einsetzen können. Nicht wenige Eltern sind verunsichert, wo sie gefordert sind und was sie von ihren Kindern an Unterstützung im Alltag erwarten können. Hier finden Sie drei einfache Prinzipien, die helfen können, sich gegen Alltags-Chaos zu wappnen und Struktur ins Familienleben zu bringen. So bleibt mehr Zeit für die schönen Dinge des Lebens!
Die Unzufriedenheit aller Familienmitglieder der Familie G. führt sie in die Beratung. Die Eltern fühlen sich von den beiden Töchtern Annie (11) und Mira (9) ausgelaugt, weil “sie ständig an uns dran sind, dauernd etwas von uns wollen, aber noch nicht mal in der Lage sind, ihre Zimmer aufzuräumen!” Annie: “Bei uns wird nur noch gemeckert. Mama und Papa sind ständig gestresst, wir auch, und schöne Sachen unternehmen wir gar nicht mehr!” Allen ist daran gelegen, die Situation zu ändern. Wir machen Familie G. mit drei Prinzipien zur Alltags-Strukturierung bekannt und begleiten sie, sie auf ihren persönlichen Lebensstil anzuwenden. Nach und nach gelingt es ihnen, sie im Alltag umzusetzen.
Diese Prinzipien haben wir in unserer Familie und durch Seminar- und Beratungs-Teilnehmer erarbeitet und auf Alltagstauglichkeit getestet.
Das Eins-nach-dem-andern-Prinzip
Manche Kinder neigen dazu, die Eltern zu beschäftigen. Auch unsere beiden Jüngeren Julia und Christoph waren darin Spezialisten: Wir lagen noch im Bett, sie versuchten schon, uns auf alle möglichen Aktivitäten fest zu nageln: ”Gehen wir heute schwimmen? “-” Du hattest doch gesagt, dass wir Eisessen gehen! “-” Töpferst du nachher mit mir? “usw. Jetzt keine festen Zusagen oder Versprechen geben! Wir beschränken uns darauf, die nächst liegende Aktivität anzukündigen:” Jetzt frühstücken wir erst mal! “Auf die Frage:” Und dann? “folgt unweigerlich:” Das überlegen wir beim Frühstück! “Oder:” Das sehen wir anschließend! “Die Kinder kennen unsere Reaktionen inzwischen und haben sich abgewöhnt, über uns bestimmen zu wollen.
Bevor wir Eltern etwas ankündigen, sprechen wir uns ab, sonst folgt der unvermeidliche Ausspruch: ”Aber der Papa hat gesagt…!” Wir überlegen gemeinsam, ob man “noch schnell Eis-Essen gehen kann” oder ob es das Stück zu viel ist, das sich abends als Ursache zum “Großen Heulen” erweist, bis endlich alle im Bett sind.
Stichwort: “Erst”
Das Eins-nach-dem-andern-Prinzip erweist sich ebenso wirksam gegen Unordnung im Kinderzimmer und anderen Zimmern. Bevor ein neues Spiel herausgenommen wird, ist das gebrauchte erst weg zu räumen:” Bevor ihr ins Wohnzimmer spielen geht, räumt ihr erst die Spiele im Kinderzimmer auf. “-” Bevor ihr nach draußen geht, zieht ihr erst die Regenjacken an! “Gleiches gilt für überstürzte Aktionen: Erst wird die Jacke aufgehängt und wenn sie hinunter fällt, wird sie erst aufgehoben. Dann werden erst die Schuhe ausgezogen, dann erst die Hausschuhe angezogen. Diese Anleitung zur Strukturierung kann Kindern enorm helfen, Ordnung in ihren Alltag und spätere Arbeitsabläufe zu bringen. Das erfordert von Eltern die Selbstdisziplin, zu wissen, was die Kinder tun und sie im Auge zu behalten. Dazu sollte man nicht zu viel auf einmal tun wie Kuchen backen, mit der Freundin telefonieren und das Radio laufen haben. Ich kenne mich inzwischen und bemerke meist, wann es mir zu viel wird oder ich den Überblick verloren habe. Dann kommt der große” STOP! “-Schrei:” Stop! Ihr kommt jetzt alle hierher. Wie lautet die Regel? “-” Oh, erst aufräumen! “Je nachdem, wie lang man den Überblick verloren hatte, geht es mit den Kindern Schritt für Schritt an den Ausgangs-Punkt zurück. Auf diese Art lassen sich chaotische Abläufe in dem eigenen Einflussbereich auf ein Minimum reduzieren, was als sehr entlastend empfunden wird.
Das Eins-nach-dem-andern-Prinzip hilft, sich gegen Übergriffe der Kinder zu wehren, z.B. wenn sie bei einer Aufgabe stören und quengeln. Hier hilft folgende Botschaft:” Ich mache das hier erst fertig, und dann komme ich zu dir. “Wenn das Quengeln nicht aufhört, sage ich:” Ich mache erst diese Aufgabe fertig, und das ändert sich auch nicht, wenn du noch weiter quengelst, “oder setze eine Ich-Botschaft:” Ich befürchte, dass es noch länger dauert, wenn du quengelst, weil ich mich nicht auf die Aufgabe konzentrieren kann! “Dabei sollte man konsequent bleiben und sich nicht vom Kind manipulieren lassen. Hier braucht wohl nicht erwähnt zu werden, dass Notfälle eine Ausnahme bilden.
Das Keine-Versprechen-Prinzip
Versprechen haben mich bei unserem Ältesten viel Nerven gekostet. Es tat mir leid,” Nein “zu ihm zu sagen, daher versprach ich ihm Aktivitäten, die mich in Zeitnot brachten. Anschließend bekam ich vorgehalten, wenn ich es nicht geschafft hatte, meine Versprechen zu erfüllen:” Du hast aber gesagt…! “Dahinter steckte häufig die Angst, mein” armes Scheidungs- “Kind zu enttäuschen. Ich wollte ihn durch mein Nein nicht verletzen. Inzwischen halte ich es für sinnvoller, gegenüber einer kindlichen Forderung einfach Nein zu sagen, als das Kind mit nicht eingehaltenen Versprechen zu enttäuschen. Wir versprechen unseren Kindern grundsätzlich nichts. Sie vertrauen uns und wissen, wenn wir etwas zusagen, halten wir es ein, ohne es extra zu versprechen. Unternehmungen führen wir nicht aufgrund von Versprechen, sondern nach gemeinsamer Planung durch. So trägt jeder Einzelne die Verantwortung, dass die Unternehmung gelingt, keiner bekommt Vorwürfe zu hören, wenn etwas schief geht.
In der Familien-Beratung hilft Eltern häufig die Erkenntnis, dass nicht sie in der Pflicht sind, ihre Kinder zu unterhalten, sondern die Kinder in der Pflicht, ihre Eltern bei den Aufgaben für die Familie zu unterstützen. Gemeinsame Unternehmungen sind in unseren Augen ein Bonus für alle, aber keine Pflicht der Eltern und kein Recht der Kinder!
Das Nein-jetzt-nicht-Prinzip
Diskussionen mit Kindern fressen Kraft. Früher haben wir uns den Mund fusselig geredet, wenn wir ein Nein aussprechen mussten. Wir suchten und fanden vermeintlich notwendige Begründungen, die die Kinder im Gegenzug nach allen Regeln der Kunst zu entkräften suchten. Diese Diskussionen fraßen uns die Kraft für den Alltag, bis wir beschlossen, wir sagen jetzt nur noch:” Das geht jetzt nicht! “Anfangs bohrten die Kinder nach und versuchten, das alte Spiel zu spielen, doch wir blieben bei dem einfachen Nein. Die Kinder waren zunächst etwas irritiert, schienen jedoch froh zu sein, dass die Diskussionen aufhörten, da auch sie mehr Kraft für die Bewältigung ihrer Aufgaben hatten. Hier ist es wichtig, konsequent zu sein und trotz allen Quengelns nicht nachzugeben, etwa um bei den Kindern Bonus-Punkte zu sammeln. Für die Kinder ist es angenehm, zu wissen, dass sie den Eltern und ihren Entscheidungen vertrauen dürfen ohne sich jedes Mal um eine Begründung kümmern zu müssen. Man kann den Kindern, wenn sie alt genug sind, das neue Verhalten erklären:” Ich möchte jetzt nicht mehr jedes Mal, wenn ich etwas anordne, eine Erklärung dafür abgeben. Ich erwarte, dass ihr die Aufgabe ausführt, weil mir das Erklären zu anstrengend geworden ist. “Als uns klar wurde, dass wir meist aus dem Bauch heraus nach unseren Werten entscheiden und delegieren, definierten wir zunächst für uns die Grundlagen für unsere Entscheidungen, auf denen die einzelnen Anweisungen beruhen. Die Kinder sind informiert, warum wir so oder so entscheiden, und wir müssen nicht länger jede Anweisung einzeln begründen.
Mehr Kraft für die schönen Dinge des Lebens!
Diese drei Prinzipien haben das” Nerven “unserer Kinder derart verringert, dass wir mehr Kraft und Nerven für uns, für die Kinder, die täglichen Aufgaben, die Arbeit und unsere wachsende Tätigkeit als Ehe- und Familienberater haben. Für Kinder ist ein Zusammenleben, bei dem sie genau informiert sind, welches Verhalten als störend oder anstrengend empfunden wird, wesentlich angenehmer, als wenn sie – für sie nicht nachvollziehbar -” am laufenden Band Anschisse kassieren “, wie es Annie ausdrückte. Im Abschluss-Gespräch zeigten sich die Mädchen zufrieden:” Endlich hat das ewige Rumgemecker ein Ende. Die Eltern nehmen uns jetzt für voll und sagen uns, was sie stört und wir wissen jetzt konkret, worum es geht. Wir haben daheim jetzt viel mehr Spaß und bessere Stimmung! ”
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Autorin
Beatrice Bachmann, M.A. leitet den Verein für Christliche Ehe- und Familienarbeit e.V. mit dem Ziel der Scheidungs-Prävention. Dieser bietet nach biblischem Konzept Ehe-Beratung, Ehe-Seminare und Seminare zum Ehe-Berater.
Bücher: „Handbuch der Ehe- und Familienberatung“, “Zeit-Management für die Familie” u.a.
Kontakt
Beatrice Bachmann, M.A.
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Erstellt am 9. Dezember 2003, zuletzt geändert am 19. Februar 2016