Ernährung sporttreibender Kinder und Jugendlicher – was ist besonders zu beachten?

Dr. oec. troph. Eva-Maria Schröder
Emschroeder

 

Bewegungsmangel und falsche Ernährung tragen dazu bei, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unter Übergewicht und Adipositas sowie Haltungsschäden leiden. Umso begrüßenswerter ist es, wenn Kinder und Jugendliche sich für aktive sportliche Betätigung – allein, im Verein oder mit Freunden – begeistern können. Oft machen sich in diesem Fall besorgte Eltern Gedanken darüber, ob sie ihren Sprösslingen für diese erhöhte Aktivität eine andere Ernährung, oder sogar Nahrungsergänzung in Form von Präparaten, anbieten sollen. Dieser Beitrag soll deshalb die wichtigsten Aspekte einer leistungsgerechten Ernährung für junge Sportler näher beleuchten.

Maßvoller Sport fördert die Gesundheit

Spaß und Freude an einer vernünftigen Sportausübung – ohne Zwang und Überanstrengung – ist für die kindliche Entwicklung ein bedeutender und absolut förderlicher Aspekt. Das Kind macht beim Sport wichtige Erfahrungen; es lernt beispielsweise, sich auf faire Art mit anderen zu messen, erfährt Bestätigung durch Siege, aber erleidet auch Niederlagen und lernt, damit umzugehen. Es bekommt ein Gespür für seine körperlichen Grenzen, sowohl im Bezug auf Erschöpfung als auch im Sinne des “über sich selbst Hinauswachens im Eifer des Gefechts” . Sport fördert zudem Teamgeist, Willenskraft und Fairness, verlangt auch Rücksicht auf andere. Daneben ist Sport natürlich eine wichtige Basis für Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie förderlich für die körperliche und geistige Entwicklung.

Leider bleibt bei vielen Kindern jedoch heute die Sportbegeisterung regelrecht auf der Strecke, weil Fernseher und Computer viel verlockender sind. Und auch der Schulsport wird vielerorts eher reduziert als ausgeweitet. Die Folgen sieht man jedes Jahr wieder bei den Schuluntersuchungen: Übergewicht, Haltungsschäden und sogar ernsthafte Krankheiten sind durch Bewegungsmangel bei unserem Nachwuchs auf dem Vormarsch. Mehr Bewegung ist aus diesem Grund dringend zu fordern und gezielt zu fördern.

Eltern, die merken, dass ihre Kinder nicht nur gern toben und unermüdlich herumrennen, sondern ihre eigene Leistungsfähigkeit noch intensiver erforschen wollen, sollten deshalb unbedingt diese sportliche Entwicklung fördern, ohne allerdings Zwang auszuüben und die Kinder zu überlasten. Genauso schädlich wie zuwenig Sport sind nämlich auch übertriebener Ehrgeiz und Überlastungen des noch nicht voll ausgewachsenen jungen Organismus. Außerdem muss die Lebensweise der Heranwachsenden an ihre sportliche Aktivität angepasst werden; das betrifft neben ausreichendem Schlaf auch eine bedarfsgerechte Ernährung.

Richtige Ernährung als Basis für sportliche Leistungsfähigkeit

Um für sportliche Leistungen fit zu sein und dem Körper die Voraussetzung für optimale Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer zu geben, bedarf es nicht nur im Kindes- und Jugendalter einer angepassten Ernährung. Doch sporttreibende Kinder müssen über die Ernährung nicht nur das “Mehr” für ihre zusätzliche körperliche Aktivität decken, sondern gleichzeitig auch noch genügend Energie und Nährstoffe für ihren noch nicht abgeschlossenen Wachstumsprozess aufnehmen. Daraus wird schnell deutlich, dass es für kleine Sportler besonders wichtig ist, ihren Bedarf an Energie und Nährstoffen über eine ausgewogene Ernährung zu decken; eine Mangelernährung kann schneller zu empfindlichen Störungen in der Entwicklung führen als bei weniger aktiven Kindern. Sportgerechte Ernährung heißt aber nicht Eiweißdrink, Powerriegel und Elektrolytgetränke, sondern abwechslungsreiche, vollwertige Mischkost, wie an anderer Stelle im Online-Familienhandbuch bereits abgehandelt – allerdings mit einigen kleinen Besonderheiten, auf die hier eingegangen wird.

Energiebedarf

Jeder Atemzug, jede Bewegung und erst recht jede körperliche Betätigung kostet Energie. Je länger und je intensiver Sport getrieben wird, desto größer ist der Kalorienverbrauch. Die verbrauchte Energie muss durch Nahrungsmittel ersetzt werden. Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße sind die Energielieferanten des Körpers. Werden die Energiespeicher nicht aufgefüllt, führt dies in der Regel zum Gewichtsverlust, was wiederum Leistungseinbußen zur Folge haben kann.

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Anhaltspunkt über die Höhe des Energiebedarfs von Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit vom Alter. Sportlich sehr aktive Kinder können einen etwa 12% erhöhten Energiebedarf haben.

Orientierungswerte für den täglichen Energiebedarf von normalgewichtigen Kindern und Jugendlichen bei mittlerer körperlicher Aktivität*

Alter

Jungen: Kcal/Tag

Mädchen: Kcal/Tag

1 – 4 Jahre

1.100

1.000

4 – 7 Jahre

1.500

1.400

7 – 10 Jahre

1.900

1.700

10 – 13 Jahre

2.300

2.000

13 – 15 Jahre

2.700

2.200

15 – 19 Jahre

3.100

2.500

* Bei niedriger bzw. hoher Aktivität oder auch bei Über- und Untergewicht sind nach Rücksprache mit einem Kinder- und Jugendarzt individuelle Anpassungen der Richtwerte notwendig

Quelle: DACH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Umschau/ Braus, Frankfurt am Main, 2000.

Es sei darauf hingewiesen, dass sportlich aktive Kinder und Jugendliche oft größer und schwerer (durch fettfreie Muskelmasse) sind als gleichaltrige Nichtsportler. Daher muss bei ihnen die Zufuhr von Energie, Eiweiß zum Muskelaufbau und Wirkstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen) auf das “biologische Alter” (= tatsächliche Größe und Gewicht) und nicht auf das Lebensalter bezogen werden. Sie brauchen also in der Regel etwas mehr als alters-vergleichbare Kinder. Einen Anhaltspunkt für Körpergröße und Gewicht in Abhängigkeit vom Alter gibt die folgende Tabelle.

Referenzmaße von Körpergröße und Körpergewicht

Alter

Jungen: Körpergröße/cm

Mädchen: Körpergröße/cm

Jungen: Körpergewicht/kg

Mädchen: Körpergewicht/kg

7 bis unter 10 Jahre

129,6

129,3

26,7

26,7

10 bis unter 13 Jahre

146,5

148,2

37,5

39,2

13 bis unter 15 Jahre

163,1

160,4

50,8

50,3

15 bis unter 19 Jahre

174,0

166,0

67,0

58,0


Eiweiß

Sporttreibende Kinder brauchen Eiweiß nicht nur zum Wachstum, sondern auch zum sportbedingten Muskel-Mehraufbau. Deshalb kann ihr Bedarf leicht erhöht sein. Man kann davon ausgehen, dass die allgemeine Zufuhrempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von 0,9 g Eiweiß pro kg Körpergewicht bei sportlich sehr aktiven Kindern auf bis zu 1,0 bis 1,2 g Eiweiß pro kg Normalgewicht leicht erhöht werden kann – je nach Sportart. Intensiver Kraftsport erfordert eine höhere Eiweißaufnahme als Spiel- oder Ausdauersportarten. Zur Deckung tragen neben Milch und Milchprodukten, magerem Fleisch und Fisch vor allem auch Kartoffeln, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse bei. Spezielle Eiweißpräparate sind bei einer ausgewogenen Ernährung nicht nötig.

Fett

Obwohl Fett einen hohen Kaloriengehalt hat, sollten auch kleine Sportler ihre Fettaufnahme relativ moderat gestalten. Bei der Sportausübung ist für den jungen Organismus die Energiebereitstellung aus Kohlenhydraten günstiger als aus Nahrungsfetten. Eine fettreiche Kost führt zu Leistungsminderung und rascher Ermüdung und ist schwerer verdaulich. Deshalb sollte die für den Sport vermehrt benötigte Energie nicht aus fetter Wurst und fettigen Chips oder Pommes frites bezogen werden, sondern hauptsächlich aus Vollkornprodukten und anderen Kohlenhydratträgern. Der Fettanteil der Nahrung sollte auch bei jungen Sportlern 35% der täglichen Energieaufnahme nicht überschreiten. Zu bevorzugen sind pflanzliche Fette wie Oliven-, Keim- oder Rapsöl, aber auch Butter ist nicht verboten.

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind das Geheimnis von Ausdauer und Schnelligkeit. Bei der Zufuhr einer kohlenhydratreichen Kost speichert das Muskelgewebe mehr Glycogen als sonst. Glycogen ist eine Speicherform für Energie, die bei Bedarf wieder sehr schnell freigesetzt werden kann. Gut gefüllte Glycogendepots sind daher der Garant für Sprungkraft, Schnelligkeit und Ausdauer. Sobald sich unter sportlicher Belastung die Glycogenvorräte leeren, nimmt die Leistungsfähigkeit rapide ab. Die mögliche Leistungsdauer wird zu Beginn der Leistung somit vom Glycogengehalt der Muskulatur bestimmt, welcher durch eine kohlenhydrathaltige Kost so weit wie möglich erhöht werden sollte.

In der Praxis heißt das, dass der kleine Sportler seine Glycogenvorräte am besten mit Müsli, Vollkornprodukten, Kartoffeln, Obst, Nudeln und Reis auffüllt. Süßigkeiten und Traubenzucker liefern nur kurzfristig Energie, da sie sehr schnell in das Blut gehen und sehr schnell abgebaut werden. Die komplexen Kohlenhydrate der oben genannten Lebensmittel stellen dagegen die Energie “dosiert” , also über einen längeren Zeitraum, bereit. Dadurch bleibt die Leistungsfähigkeit auch länger erhalten.

Vitamine und Mineralstoffe

Vitamine und Mineralstoffe sind wichtig für die Regulation des Stoffwechsels. Gerade beim aktivierten Stoffwechsel des jungen Sportlers müssen sie also unbedingt ausreichend vorhanden sein. Dies gelingt am besten über eine abwechslungsreiche Ernährung. Vitamine sind keine Wundermittel. Eine leistungssteigernde Wirkung hat eine überhöhte Vitaminzufuhr nur, wenn vorher eine Unterversorgung vorlag. Eine unkontrollierte Zufuhr von Vitaminpräparaten kann sogar schaden, weshalb sie nur nach Absprache mit einem Arzt erfolgen sollte.

Auch den Vitamin- und Mineralstoffbedarf des kleinen Sportlers kann man problemlos mit einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährung decken. Obst, Gemüse, Milch, Säfte und Getreideprodukte stehen dabei im Vordergrund. Fleisch, Fisch und Eier ergänzen die Auswahl. Abwechslung ist sinnvoll; Einseitigkeit in der Nahrungsauswahl kann dagegen zu Leistungsabnahme und verminderter Widerstandsfähigkeit führen.

Flüssigkeit

Kinder müssen viel trinken – und Kinder, die beim Sport viel Schweiß verlieren, noch viel mehr! Wichtig ist es, ausreichend und über den ganzen Tag verteilt zu trinken – auch während der sportlichen Betätigung, im Training und beim Wettkampf. Vorbei sind die Zeiten, als man beim Bergsteigen sagte: kein Schluck vor der Baumgrenze. Zu spätes Trinken führt zu Leistungsabfall, Kreislaufproblemen und Zusammenbruch. Richtig ist es, zwischendurch immer mal wieder zur Wasserflasche zu greifen und in kleinen Portionen (maximal 150 ml) Flüssigkeit aufzunehmen. Je stärker der Schweißverlust, desto mehr und öfter muss man trinken.

Kinder, die Sport treiben, haben in der Regel von allein genügend Durst. Durch das Bereithalten einer gefüllten Flasche müssen sie aber bei Training und Wettkampf Gelegenheit haben, diesen Durst zu stillen. Sie dürfen beim Sport nie Durst leiden, auch nicht im Schulsportunterricht! Je häufiger kleine Mengen getrunken werden, desto besser.

Was getrunken wird, ist zunächst von untergeordneter Bedeutung; die Flüssigkeit ist wichtig. Abgeraten wird jedoch von stark gesüßten, eisgekühlten, kohlensäure- und koffeinhaltigen oder gar alkoholischen Getränken (Bier bei Jugendlichen). Auch Milch ist in diesem Sinne kein Getränk. Der durchschnittliche Tagesbedarf für Sport treibende Kinder beträgt 2 – 3 l Flüssigkeit. Am besten eignen sich (Mineral-) Wasser und Saftschorle (2-3 Teile Wasser, 1 Teil Saft). Spezielle Sportlergetränke mit Elektrolyten sind bei ausgewogener Ernährung nicht nötig.

Empfohlene Getränkeaufnahme pro Tag (ohne Zuschlag für Sport)

Alter

  ml Wasser

4 – 6 Jahre

940

7 – 9 Jahre

970

10 – 12 Jahre

1.170

13 – 14 Jahre

1.330

15 – 18 Jahre

1.530


Wann soll der kleine Sportler essen?

Die Mahlzeitenverteilung ist bei kleinen Sportlern im Prinzip nicht anders als bei anderen Kindern: 5 – 6 kleinere Mahlzeiten wirken sich günstiger auf den Blutzuckerspiegel und damit auf Leistungsfähigkeit und Konzentration aus als wenige große. Liegen zu lange Pausen zwischen den Mahlzeiten, so kann die Leistungsfähigkeit dazwischen durch Unterzuckerung stark absinken. Bei großen, üppigen Mahlzeiten besteht die Gefahr von Völlegefühl und Müdigkeit. Direkt vor Training oder Wettkampf sollte deshalb keine Hauptmahlzeit verzehrt werden. Ideal sind hier Obst und Müsli, wie beispielsweise das Powermüsli:

Power-Müsli

150 g Joghurt oder Quark

½ Banane

½ Orange

1 Apfel

4 EL Früchtemüsli

Zubereitung: Obst klein schneiden, mit dem Joghurt/ Quark verrühren, Müsliflocken darunter heben.

Apfelschorle als sportives Basisgetränk

¼ l Apfelsaft

½ l Mineralwasser

Auch Trockenfrüchte, Müsliriegel und Nüsse (z.B. Studentenfutter) sind ein guter Snack vor dem Sport. Und die Banane in der Spielpause ist nicht nur bei Tennisspielern schon fast Kult!

Wenn das Kind nach dem Sport nicht direkt zum Essen nach Hause kommt, sollte es in seiner Sporttasche neben einer gut gefüllten Trinkflasche auch immer einen geeigneten Imbiss (belegtes Brot, Obst, Snack) dabei haben, um nicht in die Versuchung zu geraten, den sportbedingten Hunger unterwegs durch Süßigkeiten oder Fastfood zu stillen. Zuhause hilft dann eine große Portion Spaghetti, ein leckerer Gemüseauflauf oder ein kräftiger Linseneintopf, die ausgepowerten Aktiv-Kinder wieder auf die Beine zu bringen und die Glycogenspeicher für neue Taten aufzuladen.

Fazit

Kinder, die in ihrer Freizeit normalen Sport oder auch dosierten Leistungssport betreiben, brauchen in der Regel keine besondere Ernährung – auch keine Proteinpräparate, Vitamin- oder Mineralstoffkapseln, Sportler-Drinks oder andere spezielle Sportler-Lebensmittel. Diese kosten viel Geld und bringen im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung keinen Vorteil. Der zusätzliche Energiebedarf wird am besten mit einer abwechslungsreichen Mischkost, die viel Vollkornbrot, Müsli, Vollkornreis oder Vollkornnudeln – also Kohlenhydrate – enthält, abgedeckt. Daneben decken Obst und Gemüse den Vitamin- und Mineralstoffbedarf. Fünf bis sechs kleine Mahlzeiten pro Tag und reichlich Getränke, am besten Mineralwasser oder Fruchtsaftschorlen, machen fit und sportlich leistungsfähig.

Weitere Beiträge der Autorin hier in unserem Familienhandbuch

Autorin

Dr. oec. troph. Eva-Maria Schröder (M.P.H. postgrad.), Ernährungs- und Gesundheitswissenschaftlerin, freie Journalistin, Leiterin des Ernährungs-Beratungs-Service in Tutzing.

Kontakt

Dr. oec. troph. Eva-Maria Schröder
Ernährungs-Beratungs-Service
Unteranger 1
D-82327 Tutzing

Tel: 08158/993263

Erstellt am 14. September 2004, zuletzt geändert am 30. März 2010
 

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